Am Nachmittag passierten zwei alternative Jugendliche die Wallstraße, als ein schwarzer Kleinbus, verziert mit Reichsadler vorne und Schlagring hinten, an ihnen vorbei fährt. Nachdem einer der Beiden vor sich auf den Boden spuckte, nahm der Fahrer es zum Anlass, kurz darauf anzuhalten, aus dem Auto zu steigen und dem Jugendlichen unvermittelt mehrere Faustschläge ins Gesicht zu geben. Der Jugendliche sagte ihm, dass er damit aufhören soll. Ein auf der August-Bebel-Straße vorbei fahrendes Polizeifahrzeug nahm die Sachlage wahr. Trotz einer klaren Konfliktsituation und den augenscheinlichen Verletzungen wurde die Lage nicht richtig eingeschätzt und Hilfe geleistet.
Nachdem der Täter von seinem Opfer abließ, wechselte er noch einige Worte mit den Polizeibeamten und entfernte sich vom Tatort.
Das Opfer erlitt u.a. mehrere Prellungen im Gesicht und musste umgehend in die Rettungsstelle des Krankenhauses gefahren werden. Nach einer Behandlung konnte er wieder nach hause. Anzeigen wurden erstattet.
Der Apfel fällt nicht weit.…
Der aus dem Wohngebiet Hegermühle stammende Björn Z. ist bereits in den 90er Jahren durch sein Äußeres (Bomberjacke und Springerstiefel) und mehrerer rechts motivierter Gewalttaten in Erscheinung getreten, für die er mehrjährige Haftstrafen erhielt. Während seines Haftaufenthaltes wurde er durch die HNG (Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige) finanziell, materiell und ideologisch betreut (1) .
Als Mitbegründer der 1998 geschaffenen Kameradschaft „ANSDAPO (Alternative Nationale Strausberger DArt‑, Piercing und Tattoo-Offensive)“, und stets mit der lokalen NPD verstrickt, organisierten sie bis zu ihrem Verbot geheime rechte Konzerte, Themenabende, gemeinsame Freizeitgestaltungen und pflegten Kontakte zur verbotenen „Blood & Honour“-Szene – einer militant agierenden faschistischen Gruppierung (2,3).
Es sei explizit darauf hingewiesen, dass der Name „ANSDAPO“ auch als „AO/NSDAP“ gelesen werden kann bzw. muss und somit für „Aufbauorganisation Nationalsozialistische Arbeiterpartei“ stünde – von den Urhebern wohl nicht unwissentlich gewählt.
Dass auch wegen Totschlags verurteilte Personen einen Platz in der Verbindung haben sollten, beweist René B.’s, der 1993 zusammen mit zwei weiteren Tätern, einen Menschen aus einer fahrenden S‑Bahn warfen. Hierbei war dieser bei der Gründung der Organisation eine treibende Kraft – er wurde ebenfalls durch die HNG während seiner Haft betreut (4). Ein weiteres bekanntes Mitglied war der Sohn der ehem. DVU-Landtagsabgeordneten Liane Hesselbarth, Falco H., Beisitzer und Kassenwart der Gruppierung (5,6). Auch der Berliner NPD-Landesvorsitzende Sebastian Schmidtke, ebenfalls aus Strausberg, im selbigen Wohngebiet aufgewachsen, hatte Beziehungen zu Teilen der Gruppe (7).
Im Januar 2005 griff er mit weiteren Neonazis, u.a. Kameradschaftsmitglieder, die Kneipe des Alternativen Jugendprojekts „Horte“ sowie deren Gäste an (8).
Nach dem Verbot der ANSDAPO im Juli 2005 wurde es um die Mitglieder ruhiger – es wurde ihnen u.a. untersagt, den Schriftzug der Organisation in Kombination mit der „schwarzen Sonne“ öffentlich zu zeigen (9–13).
Dennoch wurden einzelne Mitglieder bei Strausberger Stadtfesten oder in der Öffentlichkeit, überwiegend am Bahnhof Strausberg (Vorstadt), mit eben jenen erkannt. Trotz eines Verbotes der etablierten Symboliken trugen ehemalige Mitglieder nun stattdessen eine leicht abgeänderte Variante mit dem Schriftzug „AO Strausberg“ — die Optik von Schriftzug und „schwarzer Sonne“ entsprach der selbigen. Auch tauchten nach dem Verbot T‑Shirts mit dem Aufdruck „Jungsturm ANSDAPO“ auf, die zuletzt auch des Öfteren wieder in der Vorstadt gesehen wurden.
Mit Beginn der, durch die PEGIDA-nahe Gruppierung BraMM (Brandenburger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung) organisierten, asyl- und fremdenfeindlichen Montagsdemonstrationen im November letzten Jahres in der Altstadt, traten eben alte und neue Kameradschaftsmitglieder, Mitglieder der lokalen Neonaziband „Exzess“ und auch der ehem. DVU-Stadtverordnete wieder in den Vordergrund. Bei der ersten Veranstaltung erschienen sie als martialischer Gruppe in zivil – dennoch in szenetypischer Kleidung (14). Sie folgten ebenfalls den weiteren Aufrufen. Am Rande der Veranstaltungen wurden Gegendemonstranten beschimpft, provoziert und bedroht (15). Bei einer weiteren Veranstaltung trugen sie ein Transparent mit dem Aufdruck „Bürgerentscheid statt Meinungsdiktatur – Wir sagen NEIN zum Erstaufnahmelager in Strausberg“ (16). Hierbei fiel gerade Björn Z. als Eigentümer, Träger des Transparentes und Rädelsführer der Gruppe auf.
Bei einer weiteren von Neonazis organisierten Demonstration gegen eine geplante Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in der Vorstadt am 12. Dezember 2015 fuhr der o.g. ‚bzw. jetzige Täter, den dort eingesetzten Lautsprecherwagen.
Auch auf dieser Demonstration zeigten sich weniger „Besorgte Bürger“ als vielmehr organisierte rechte Strukturen, was u.a. an der Teilnahme von Marcel Zech (NPD-Abgeordneter in Panketal/Barnim) – dieser war durch die Tätowierung eines KZ-Eingangstores auf seinem Rücken in den Medien (17) – und Robert Gebhardt (Kreistagsabgeordneter in MOL für die Partei „DieRechte“ und ehem. Kader der scheinaufgelösten Kameradschaft Märkisch Oder Barnim, KMOB) aus Bad Freienwalde (18) sowie Mitgliedern sogenannter „Autonomer Nationalisten“ aus Berlin (19).
Dass der Täter seine Fremdenfeindlichkeit nicht verschweigt und die Nähe zu Gleichgesinnten sucht, zeigte er u.a. durch seine Teilnahme bei der rassistischen und rechtspopulistischen Demonstration der „Alternative für Deutschland“ am siebten November in Berlin vergangenen Jahres (20).
Diese Tat richtete sich gezielt gegen Andersdenkende und /-aussehende – Menschen, die sich öffentlich gegen jede Form von Diskriminierung in den Weg stellen und sich wehren . Es handelt sich somit hierbei ganz klar um einen ideologisch motivierten Angriff, der nicht als eine unpolitische Tat betrachtet werden kann und darf.
Auch weiterhin werden wir uns mit Opfern rechter Gewalt solidarisch zeigen und unsere Unterstützung anbieten.
Bitte nehmt mit uns über info[at]horte-srb.de Kontakt auf, wenn ihr oder Freunde Opfer rechter Gewalt wurdet, oder Übergriffe beobachtet habt.
AG Beratung für Opfer rechter Gewalt
Strausberg, den 17.September 2016
Quellen:
(1)http://www.netz-gegen-nazis.de/lexikontext/die-hilfsgemeinschaft-fuer-nationale-politische-gefangene-und-deren-angehoerige-hng-0912
(2) http://www.netz-gegen-nazis.de/lexikontext/blo
(3) https://www.antifainfoblatt.de/artikel/das-label-%E2%80%9Ecombat-18%E2%80%9C
(4) http://www.todesopfer-rechter-gewalt-in-brandenburg.de/victims-hans-georg-jakobson.php
(5) http://www.pnn.de/titelseite/83932/
(6) http://www.berliner-zeitung.de/liane-hesselbarth-lehnt-ruecktritt-ab—grossrazzia-nach-verbot-
der-kameradschaft-ansdapo-sohn-der-dvu-chefin-als-neonazi-funktionaer-enttarnt-15499662
(7) http://ueberhauptgarnix.blogspot.de/2012/10/sebastian-schmidtke-npd.html
(8) https://inforiot.de/serie-rechtsextremistischer-angriffe-auf-jugendprojekte-in-brandenburg/
(9) http://www.politische-bildung-brandenburg.de/node/9199
(10) https://inforiot.de/zum-ansdapo-verbot/
(11) https://www.antifainfoblatt.de/artikel/ansdapo-verboten
(12) http://www.brandenburg.de/cms/detail.php?id=321479
(13) http://www.tagesspiegel.de/berlin/brandenburgi/schoenbohm-verbietet-neonazi-gruppe/624570.html
(14) https://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/albums/72157661300932365
(15) https://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/albums/72157661164717809
(16) https://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/23404416280/in/album-72157662145501122/
(17) http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/1077767/
(18) http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2014/02/11/die-rech%C2%ADte-weiter-in-brandenburg-aktiv_14950
(19) https://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/albums/72157662145501122
(20) https://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/22437181947/in/album-72157658619177983/