11. Oktober 2016 · Quelle: AG Beratung für Opfer rechter Gewalt

Bericht der BorG zum Angriff auf einen alternativen Jugendlichen in Strausberg

Am Freitag, dem 09. September, kam es in der Strausberger Altstadt zu einem Übergriff auf einen 15-jährigen alternativen Jugendlichen.

Am Nach­mit­tag passierten zwei alter­na­tive Jugendliche die Wall­straße, als ein schwarz­er Klein­bus, verziert mit Reich­sadler vorne und Schla­gring hin­ten, an ihnen vor­bei fährt. Nach­dem ein­er der Bei­den vor sich auf den Boden spuck­te, nahm der Fahrer es zum Anlass, kurz darauf anzuhal­ten, aus dem Auto zu steigen und dem Jugendlichen unver­mit­telt mehrere Faustschläge ins Gesicht zu geben. Der Jugendliche sagte ihm, dass er damit aufhören soll. Ein auf der August-Bebel-Straße vor­bei fahren­des Polizeifahrzeug nahm die Sach­lage wahr. Trotz ein­er klaren Kon­flik­t­si­t­u­a­tion und den augen­schein­lichen Ver­let­zun­gen wurde die Lage nicht richtig eingeschätzt und Hil­fe geleistet.
Nach­dem der Täter von seinem Opfer abließ, wech­selte er noch einige Worte mit den Polizeibeamten und ent­fer­nte sich vom Tatort.
Das Opfer erlitt u.a. mehrere Prel­lun­gen im Gesicht und musste umge­hend in die Ret­tungsstelle des Kranken­haus­es gefahren wer­den. Nach ein­er Behand­lung kon­nte er wieder nach hause. Anzeigen wur­den erstattet.

Der Apfel fällt nicht weit.…

Der aus dem Wohnge­bi­et Hegermüh­le stam­mende Björn Z. ist bere­its in den 90er Jahren durch sein Äußeres (Bomber­jacke und Springer­stiefel) und mehrerer rechts motiviert­er Gewalt­tat­en in Erschei­n­ung getreten, für die er mehrjährige Haft­strafen erhielt. Während seines Haf­taufen­thaltes wurde er durch die HNG (Hil­f­sor­gan­i­sa­tion für nationale poli­tis­che Gefan­gene und deren Ange­hörige) finanziell, materiell und ide­ol­o­gisch betreut (1) .
Als Mit­be­grün­der der 1998 geschaf­fe­nen Kam­er­ad­schaft „ANSDAPO (Alter­na­tive Nationale Straus­berg­er DArt‑, Pierc­ing und Tat­too-Offen­sive)“, und stets mit der lokalen NPD ver­strickt, organ­isierten sie bis zu ihrem Ver­bot geheime rechte Konz­erte, The­menabende, gemein­same Freizeit­gestal­tun­gen und pflegten Kon­tak­te zur ver­bote­nen „Blood & Honour“-Szene – ein­er mil­i­tant agieren­den faschis­tis­chen Grup­pierung (2,3).

Es sei expliz­it darauf hingewiesen, dass der Name „ANSDAPO“ auch als „AO/NSDAP“ gele­sen wer­den kann bzw. muss und somit für „Auf­bauor­gan­i­sa­tion Nation­al­sozial­is­tis­che Arbeit­er­partei“ stünde – von den Urhe­bern wohl nicht unwissentlich gewählt.

Dass auch wegen Totschlags verurteilte Per­so­n­en einen Platz in der Verbindung haben soll­ten, beweist René B.’s, der 1993 zusam­men mit zwei weit­eren Tätern, einen Men­schen aus ein­er fahren­den S‑Bahn war­fen. Hier­bei war dieser bei der Grün­dung der Organ­i­sa­tion eine treibende Kraft – er wurde eben­falls durch die HNG während sein­er Haft betreut (4). Ein weit­eres bekan­ntes Mit­glied war der Sohn der ehem. DVU-Land­tagsab­ge­ord­neten Liane Hes­sel­barth, Fal­co H., Beisitzer und Kassen­wart der Grup­pierung (5,6). Auch der Berlin­er NPD-Lan­desvor­sitzende Sebas­t­ian Schmidtke, eben­falls aus Straus­berg, im sel­bi­gen Wohnge­bi­et aufgewach­sen, hat­te Beziehun­gen zu Teilen der Gruppe (7).

Im Jan­u­ar 2005 griff er mit weit­eren Neon­azis, u.a. Kam­er­ad­schaftsmit­glieder, die Kneipe des Alter­na­tiv­en Jugend­pro­jek­ts „Horte“ sowie deren Gäste an (8).

Nach dem Ver­bot der ANSDAPO im Juli 2005 wurde es um die Mit­glieder ruhiger – es wurde ihnen u.a. unter­sagt, den Schriftzug der Organ­i­sa­tion in Kom­bi­na­tion mit der „schwarzen Sonne“ öffentlich zu zeigen (9–13).

Den­noch wur­den einzelne Mit­glieder bei Straus­berg­er Stadt­festen oder in der Öffentlichkeit, über­wiegend am Bahn­hof Straus­berg (Vorstadt), mit eben jenen erkan­nt. Trotz eines Ver­botes der etablierten Sym­bo­l­iken tru­gen ehe­ma­lige Mit­glieder nun stattdessen eine leicht abgeän­derte Vari­ante mit dem Schriftzug „AO Straus­berg“ — die Optik von Schriftzug und „schwarz­er Sonne“ entsprach der sel­bi­gen. Auch taucht­en nach dem Ver­bot T‑Shirts mit dem Auf­druck „Jungsturm ANSDAPO“ auf, die zulet­zt auch des Öfteren wieder in der Vorstadt gese­hen wurden.

Mit Beginn der, durch die PEGI­DA-nahe Grup­pierung BraMM (Bran­den­burg­er für Mei­n­ungs­frei­heit und Mitbes­tim­mung) organ­isierten, asyl- und frem­den­feindlichen Mon­tags­demon­stra­tio­nen im Novem­ber let­zten Jahres in der Alt­stadt, trat­en eben alte und neue Kam­er­ad­schaftsmit­glieder, Mit­glieder der lokalen Neon­az­iband „Exzess“ und auch der ehem. DVU-Stadtverord­nete wieder in den Vorder­grund. Bei der ersten Ver­anstal­tung erschienen sie als mar­tialis­ch­er Gruppe in ziv­il – den­noch in szene­typ­is­ch­er Klei­dung (14). Sie fol­gten eben­falls den weit­eren Aufrufen. Am Rande der Ver­anstal­tun­gen wur­den Gegen­demon­stran­ten beschimpft, provoziert und bedro­ht (15). Bei ein­er weit­eren Ver­anstal­tung tru­gen sie ein Trans­par­ent mit dem Auf­druck „Bürg­er­entscheid statt Mei­n­ungs­dik­tatur – Wir sagen NEIN zum Erstauf­nah­me­lager in Straus­berg“ (16). Hier­bei fiel ger­ade Björn Z. als Eigen­tümer, Träger des Trans­par­entes und Rädels­führer der Gruppe auf.

Bei ein­er weit­eren von Neon­azis organ­isierten Demon­stra­tion gegen eine geplante Erstauf­nah­meein­rich­tung für Geflüchtete in der Vorstadt am 12. Dezem­ber 2015 fuhr der o.g. ‚bzw. jet­zige Täter, den dort einge­set­zten Lautsprecherwagen.

Auch auf dieser Demon­stra­tion zeigten sich weniger „Besorgte Bürg­er“ als vielmehr organ­isierte rechte Struk­turen, was u.a. an der Teil­nahme von Mar­cel Zech (NPD-Abge­ord­neter in Panketal/Barnim) – dieser war durch die Tätowierung eines KZ-Ein­gang­stores auf seinem Rück­en in den Medi­en (17) – und Robert Geb­hardt (Kreistagsab­ge­ord­neter in MOL für die Partei „DieRechte“ und ehem. Kad­er der schein­aufgelösten Kam­er­ad­schaft Märkisch Oder Barn­im, KMOB) aus Bad Freien­walde (18) sowie Mit­gliedern soge­nan­nter „Autonomer Nation­al­is­ten“ aus Berlin (19).

Dass der Täter seine Frem­den­feindlichkeit nicht ver­schweigt und die Nähe zu Gle­ich­gesin­nten sucht, zeigte er u.a. durch seine Teil­nahme bei der ras­sis­tis­chen und recht­spop­ulis­tis­chen Demon­stra­tion der „Alter­na­tive für Deutsch­land“ am siebten Novem­ber in Berlin ver­gan­genen Jahres (20).

Diese Tat richtete sich gezielt gegen Ander­s­denk­ende und /-ausse­hende – Men­schen, die sich öffentlich gegen jede Form von Diskri­m­inierung in den Weg stellen und sich wehren . Es han­delt sich somit hier­bei ganz klar um einen ide­ol­o­gisch motivierten Angriff, der nicht als eine unpoli­tis­che Tat betra­chtet wer­den kann und darf.
Auch weit­er­hin wer­den wir uns mit Opfern rechter Gewalt sol­i­darisch zeigen und unsere Unter­stützung anbieten.
Bitte nehmt mit uns über info[at]horte-srb.de Kon­takt auf, wenn ihr oder Fre­unde Opfer rechter Gewalt wur­det, oder Über­griffe beobachtet habt.
AG Beratung für Opfer rechter Gewalt

Straus­berg, den 17.September 2016

Quellen:
(1)http://www.netz-gegen-nazis.de/lexikontext/die-hilfsgemeinschaft-fuer-nationale-politische-gefangene-und-deren-angehoerige-hng-0912
(2) http://www.netz-gegen-nazis.de/lexikontext/blo
(3) https://www.antifainfoblatt.de/artikel/das-label-%E2%80%9Ecombat-18%E2%80%9C
(4) http://www.todesopfer-rechter-gewalt-in-brandenburg.de/victims-hans-georg-jakobson.php
(5) http://www.pnn.de/titelseite/83932/
(6) http://www.berliner-zeitung.de/liane-hesselbarth-lehnt-ruecktritt-ab—grossrazzia-nach-verbot-
der-kameradschaft-ansdapo-sohn-der-dvu-chefin-als-neonazi-funktionaer-enttarnt-15499662
(7) http://ueberhauptgarnix.blogspot.de/2012/10/sebastian-schmidtke-npd.html
(8) https://inforiot.de/serie-rechtsextremistischer-angriffe-auf-jugendprojekte-in-brandenburg/
(9) http://www.politische-bildung-brandenburg.de/node/9199
(10) https://inforiot.de/zum-ansdapo-verbot/
(11) https://www.antifainfoblatt.de/artikel/ansdapo-verboten
(12) http://www.brandenburg.de/cms/detail.php?id=321479
(13) http://www.tagesspiegel.de/berlin/brandenburgi/schoenbohm-verbietet-neonazi-gruppe/624570.html
(14) https://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/albums/72157661300932365
(15) https://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/albums/72157661164717809
(16) https://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/23404416280/in/album-72157662145501122/
(17) http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/1077767/
(18) http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2014/02/11/die-rech%C2%ADte-weiter-in-brandenburg-aktiv_14950
(19) https://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/albums/72157662145501122
(20) https://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/22437181947/in/album-72157658619177983/

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