BERNAU. Der Bernauer Amtsrichter Andreas Müller lässt derzeit gutachterlich prüfen, ob das Land Brandenburg den Cannabis-Konsum strafrechtlich zu restriktiv ahndet. Hintergrund: Am 11. März ist der 20-jährige Maik B. wegen des Besitzes von knapp sechs Gramm Haschisch und Marihuana angeklagt. Amtsrichter Müller hat nun die beiden renommierten Forscher Peter Cohen, einen Toxikologen aus Amsterdam, und Dieter Kleiber, einen Gesundheitsforscher der Berliner FU, ebenfalls zu diesem Termin vorgeladen. Sie sollen gutachterlich klären, inwieweit Haschisch überhaupt gefährlich ist. Beide haben in ihren Untersuchungen bisher dargelegt, dass Cannabis-Konsum später nicht zum Konsum von härteren Drogen wie Herion führe, also keine Einstiegsdroge sei.
Richter Neskovic dafür
Intern steht Müller jetzt in der Kritik: Er verursache wegen eines eher belanglosen Gerichtstermins immense Kosten, indem er Gutachter beschäftige, heißt es in Justizkreisen. Wolfgang Neskovic, Sprecher der Neuen Richtervereinigung, begrüßt indes den Vorstoß des Bernauer Amtsrichters. “Die Politik ist schon lange gefordert, uns Richter von der Beschäftigung mit solchen Delikten freizustellen”, sagte Neskovic am Dienstag der “Berliner Zeitung”. “Das muss nun geklärt werden.” Neskovic, der in seiner Zeit als Lübecker Richter ein “Recht auf Rausch” gefordert hatte, verwies darauf, dass das Bundesverfassungsgericht bereits seit 1994 eine bundeseinheitliche Beurteilung des Cannabis-Konsums fordert. “Seitdem ist aber nichts passiert”, sagte Neskovic. Tatsächlich ist in Schleswig-Holstein der Besitz von bis zu 30 Gramm Haschisch straffrei, in Nordrhein-Westfalen sind es zehn Gramm. In anderen Bundesländern wie Brandenburg und Berlin wird nur eine Haschisch-Menge von bis zu sechs Gramm als geringfügig eingestuft. “Ich denke, Schleswig-Holstein hat sich bewährt”, sagte Neskovic.
Amtsrichter Müller ist in dieser Frage bereits am Montag mit dem Staatsanwalt aneinander geraten. Müller wollte ein entsprechendes Verfahren gegen einen 23-Jährigen einstellen, der Staatsanwalt war dagegen. Wegen der “verfassungsrechtlichen Kompliziertheit” einigte man sich schließlich darauf, den wegen Drogenvergehens Angeklagten gegen eine Geldbuße von 250 Euro laufen zu lassen.
Das brandenburgische Justizministerium sieht derzeit keinen Handlungsbedarf, teilte ein Sprecher in Potsdam mit.