(Junge Welt, 16.9.) In Brandenburg ist alles etwas anders. Der geologisch und mental prägende Sandboden der Region verleitet die Nachkommen der preußischen Landesherren immer wieder zum Versenken großer volkswirtschaftlicher Werte in selbigem. Und was nicht versenkt werden kann, wie zum Beispiel ein überquellender Müllberg, wird dann eben verbrannt oder verbrennt – welch glückliche Fügung für den vom Entzug der Betriebsgenehmigung bedrohten Betreiber – von ganz alleine.
Brennender Plastikmüll produziert Unmengen hochgiftiger und teilweise krebserregender Substanzen. Aber natürlich nicht in Brandenburg, und schon gar nicht, wenn der Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) heißt. Alles halb so schlimm, und vor allem keinerlei Grenzwertüberschreitungen, verkündete er seit Ausbruch des Brandes am Sonnabend beinahe stündlich. Doch was für Grenzwerte von welchen Stoffen? Und wer hat überhaupt was gemessen? Das weiß Herr Woidke nicht. Und das Innenministerium Jörg Schönbohms (CDU) auch nicht. Die wissen nur, daß das Umweltministerium ein High-Tech-Meßfahrzeug hat, welches aber niemand bedienen kann. Woidke weiß nichts von dem Fahrzeug und schiebt alles auf das Innenministerium, weil das für Katastrophenfälle zuständig sei. Das kontert mit der Bemerkung, daß das Ganze überhaupt keine Katastrophe sei. Dennoch gibt es einen örtlichen Katastrophenstab in Barnim. Der soll zwar angeblich alles über die entwichenen Stoffe wissen, sagt es aber nicht.
Inzwischen sind die Flammen gelöscht, aber die Gifte sind immer noch da. Jetzt sagt plötzlich auch Herr Woidke, daß es beispielsweise erhöhte Dioxinwerte gebe. Das könne doch gar nicht sein, meldet sich ein Herr Ulrich Gräfe, seines Zeichens Kreisabfallwirtschaftsdezernent in Barnim (Internetwerbung: »Die Gesundheitsstadt«) zu Wort. Und überhaupt werde man irgendwelche Werte erst in zwei Wochen veröffentlichen. Bis dahin sollten jedoch die örtlichen Kleingärtner ihr Obst gründlich waschen.
Und wenn sie nicht alle ins Gefängnis oder ins Irrenhaus geschickt werden, dann belügen sie uns morgen weiter.