gegenrede.info Gestern verwarf die 2. Strafkammer des Landgerichts Neuruppin die Berufung von zwei der drei Gewalttäter aus der rechten Szene Templins, die wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Prenzlau im Mai 2008 zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt worden waren. Für den dritten Angeklagten wurde eine zehn monatige Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Zusätzlich muss er 150 Sozialstunden leisten.
Der 22-jährige Martin und der 24-jährige Matthias M. wollten in dieser Berufungsverhandlung einen Freispruch erlangen. Sie behaupteten bereits am ersten Verhandlungstag Mitte November, nicht unmittelbar am Tatgeschehen in November 2007 beteiligt gewesen zu sein sondern einige Meter entfernt vom Opfer gestanden zu haben. (mehr) Patrick K. hoffte auf eine Reduzierung seiner zehnmonatigen Freiheitsstrafe durch vor Gericht gezeigter Reue. Er wurde in Handschellen vorgeführt, weil er sich seit dem 10. November in Untersuchungshaft befindet. Er soll Anfang September und Anfang Oktober 2008 weitere Gewalttaten in Templin und Lychen begangen haben. Im Gegensatz zum ersten Verhandlungstag wurde neben Martin M. diesmal auch Patrick K. von einen Anwalt vertreten.
Die Tat
In den frühen Morgenstunden des 2. November 2007 waren zwei Templiner Punks auf dem Heimweg auf etwa zehn Mitglieder der rechten Szene getroffen. Die Rechten erkannten die Irokesenfrisur der jungen Männer und machten Jagd auf sie. Beide ergriffen sofort die Flucht. Einen, Christian M. (20), bekam Patrick K. zu fassen und schlug ihn nieder. Weitere Rechte kamen hinzu. Sie traten auf den am Boden liegenden Punk ein. Der zweite Punk, Sebastian W. (19), konnte der Meute entwischen und alarmierte die Polizei. Als die Beamten am Tatort erschienen, waren die rechten Schläger bereits verschwunden. Neben Patrick K. wurden von den beiden Punks die Brüder Martin und Matthias M. als Täter erkannt.
Kameraden beschuldigt
Zum gestrigen zweiten Verhandlungstag war es nur gekommen, weil Patrick K. zwei weitere an dem Überfall beteiligte Personen genannt hatte, Christian B. und Sandro K. Matthias M. war bei seiner Aussage sogar noch weiter gegangen. Er wollte aus ca. 15 Metern Entfernung neben Dominik K. stehend gesehen haben, dass Christian B. zugetreten hatte. Außerdem soll Sandro L. hinterher selbst berichtet haben, dass er getreten hat. Daraufhin hatte Richterin Becher entschieden, dass sie die drei Zeugen anhören wolle, auch wenn sie am ersten Verhandlungstag klar zum Ausdrucke brachte, dass sie sich nichts davon verspreche.
Nichts sehen und nichts sagen
Richterin Becher sollte recht behalten. Dominik K. (25), der neben Matthias M. gestanden haben soll, bestätigte vor Ort gewesen zu sein. Bei seiner Aussage kurz nach der Tat gegenüber der Polizei hatte er noch das Gegenteil behauptet. Er sagte, er habe nichts gesehen, er sei kurzsichtig. Und außerdem sei alles schon zu lange her, er könne sich nicht mehr erinnern. Immerhin bestätigte er der Richterin, dass sowohl die Zeugen als auch die Angeklagten am Tatort gewesen waren.
Sandro L. (24) gab vor, dass er gar nicht wisse um was es überhaupt gehe. Nachdem die Richterin ihm das erläutert hatte, zog er es vor zu schweigen.
Von diesem Recht machte auch der dritte Zeuge, Christian B.(24), Gebrauch, nachdem die Richterin ihm erklärt hatte, dass niemand sich vor Gericht selbst belasten müsse. Christian B. hatte nach der Tat behauptet, dass er zum Tatzeitpunkt bei seiner Freundin gewesen war. Diese hatte das gegenüber der Polizei bestätigt. Christian B. gab nun auf Nachfrage der Richterin an, dass seine Freundin diese Aussage bei der Polizei korrigieren werde.
Patrick K., der schon am ersten Verhandlungstag die Version der Brüder M. gestützt hatte, versuchte es gestern mit aktiver Reue. Er wiederholte erneut, dass ihm alles sehr leid tue und bot an, Christian M. Schmerzensgeld zu zahlen.
Nach gut einstündiger Beratung hatte dass Schöffengericht entschieden, die Berufung für Matthias M. und Patrick K. zu verwerfen. Im Gegensatz zum Amtsgericht sah das Berufungsgericht es allerdings nicht als erwiesen an, dass die drei Angeklagten Christian M. getreten hatten. Das spiele aber hier keine Rolle, so die Richterin, da sie im Pulk um das am Boden liegende Opfer gestanden und damit zum Ausdruck gebracht hätten, dass sie die Tritte billigten. Patrick K. wird seine zehnmonatige Haftstrafe antreten müssen. Für Matthias M. stehen damit acht Monate Haft – mittlerweile seine zweite Verurteilung (mehr) — ausgesetzt zur Bewährung zu Buche.
Bei der Aussetzung der Haftstrafe für Martin M. zur Bewährung spielte ein Brief eine wichtige Rolle, der zu Beginn des zweiten Verhandlungstages an die Richterin überreicht worden war und von ihr verlesen wurde. In diesem Brief bescheinigt der Kreisjugendwart des Kirchenkreises Templin/Gransee Martin M. eine positive Entwicklung, die sogar dazu geführt habe, dass er Martin M. für ein Rockkonzert am kommenden Freitag in Templin Ordnerfunktionen übertragen werde. Eine jährlich wiederkehrende Veranstaltung im Rahmen der ökumenischen Friedensdekade, die noch im letzten Jahr von Martin M. und seinen rechten Gesinnungsgenossen angegriffen worden war.
Am Rande bemerkt
Die drei zur rechten Szene Templins gehörenden Zeugen warfen am Rande der Gerichtsverhandlung dem Berichterstatter von „gegenrede.info“ vor, mit seiner Berichterstattung für eine weitere Eskalation in Templin zu sorgen. Es seien schon mehrfach Linke gesehen worden, die Adressen ausspähten. Auf die Nachfrage, wer das denn gewesen sein soll, hüllte man sich allerdings in Schweigen.