INFORIOT Das besetzte Haus in Frankfurt/Oder wurde am Dienstag von der Polizei geräumt. Um 17 Uhr wird gegen die Räumung eine Demonstration vom Karl-Marx-Denkmal in der Frankfurter Innenstadt aus starten. Dies teilten die BesetzerInnen am Dienstag Nachmittag mit. Unten in diesem Beitrag ein Zeitungsartikel und eine Erklärung der BesetzerInnen vom Montag.
Hausbesetzer nehmen Villa in Beschlag
(MOZ) Das leer stehende Haus an der Ecke Rosa-Luxemburg-/Wieckestraße ist seit dem
Wochenende ein besetztes Haus. Junge Frankfurter haben die Landesimmobilie
in Beschlag genommen. Sie wollen dort ein soziales Zentrum einrichten. Von
der Stadt wird die Aktion abgelehnt. Das Land hat Gesprächsbereitschaft
signalisiert, will den Hausbesetzern Alternativen vorschlagen.
Sie sind Frankfurter, zwischen 18 und 25. Gymnasiasten, Azubis, Studenten.
Oder arbeitslos. Und sie bezeichnen sich als linksalternativ. 15 junge Leute
gehören, wie sie selbst sagen, zum Kern der Hausbesetzer. Dass der Einzug in
das Gebäude ungesetzlich ist, wissen sie. “Das müssen wir in Kauf nehmen,
wenn die Stadt für links-alternative Jugendliche keinen Ort zur Verfügung
stellt”, sagt ein junger Mann, der sich Ronny nennt und Wortführer der
Hausbesetzer ist. Und er erzählt von Jugendclubs in Frankfurt, “wo die
Rechten sind und wir nicht reinkommen”, und davon, dass andere
Räumlichkeiten zu klein oder zu teuer seien.
Am Samstagabend haben die jungen Frauen und Männer das Haus in Besitz
genommen. Hier wollen sie ein soziales Zentrum aufbauen. Hochparterre ist
bereits ein Büro eingerichtet, da werden Konzepte, Flyer und
Presseerklärungen geschrieben. Ideen für “ihr” Haus haben die Besetzer
einige. Von Seminarveranstaltungen, Schülercafé, Sprachkursen für Migranten,
Konzerten und Partys ist die Rede. “Von Jugendlichen für Jugendliche” soll
das Motto sein. Eine Vereinsgründung ist angedacht. Im Obergeschoss wollen
sie eine Art WG einrichten, “für die Leute, die das Projekt am Leben
halten”, wie Ronny sagt. Er setzt auf Gespräche mit der Stadt.
Dienstag, 26. April 2005 (08:44)
Hausbesetzung der Wieckestraße in Frankfurt (Oder) hält an
Gespräche werden fortgesetzt / Unterstützung benötigt, kommt vorbei
(BesetzerInnen) Am Nachmittag des 23.April haben wir, linke Jungendliche aus Frankfurt
(Oder) mit UnterstützerInnen aus aus der Region, ein Haus in der
Wieckestraße im Frankfurter Stadtzentrum besetzt.
Das ehemalige “Haus des Lehrers” stand seit ca. 3 Jahren leer und sollte
unter Verwaltung des Liegenschaftsamtes veräußert werden. Wie gut der
Zustand des Hauses ist zeigt sich daran, dass nach wenigen Handgriffen im
gesamten Haus Strom aus der Steckdose, Beleuchtung aus den vorhandenen
Lampen und fließend Wasser aus der Leitung zur Verfügung standen. Das
Objekt, zu dem auch zwei Nebengelasse und großzügige Außenanlagen gehören,
hat nach Angaben der Behörde einen Verkehrswert von 1,3mio Euro. Kurz und
knapp: Genau der richtige Ort zur Etablierung eines Sozialen Jugend- und
Kulturzentrums.
Nachdem das Haus mit zahlreichen Fahnen uns Transparenten geschmückt war
wurden Presse und Stadtöffentlichkeit über den neuen Freiraum informiert.
Sichtlich überrascht von so viel Selbstständigkeit konnten gegen 18.00 Uhr
mehrere VertreterInnen aus dem Stadtparlament und ein Landtagsabgeordneter
am Haus begrüßt werden. Unter ihnen auch die amtierende Bürgermeisterin der
Stadt, Katja Wolle (SPD). Ihrem Wunsch nach einer ausführlichen Führung mit
dem neuen Nutzungskonzept in der Hand wurde gern nachgekommen. Am Ende stand
fest: Die Besetzung wird von Seiten der Stadt über das Wochenende geduldet
und am Montag gibts gemeinsame Gespräche. Diese Zusicherung im Rücken und
die abrückende Polizei vor Augen sorgen für ausgelassene Stimmung bei den
inzwischen 100 Anwesenden. Das Konzert mit “Joeys Amigos” konnte ohne
Probleme stattfinden.
Nach einer etwas kühlen Nacht ging es am Sonntag an die Einrichtung des
Hauses. Als Teil einer notwendigen Infrastrucktur wurde ein Computerraum
geschaffen. Bei strahlendem Sonnenschein konnten auch wieder viele
BesucherInnen im Haus begrüßt werden. Für erneuten Jubel sorgte dann gegen
16.00 Uhr die Überschreitung der vom Law-and-Order Innenminister
Brandenburgs, Jörg Schönbohm aufgestellten 24-Stunden-Richtlinie zur Räumung
besetzter Häuser. Der preussische Haudrauf hatte wohl immernoch mit dem
Kater vom Freitag zu kämpfen, als er in Hamburg an einem Festkommers des
“Hamburger Waffenrings” teilnahm.
Die heutigen Gespräche am Tisch der Stadt mit VertreterInnen des
Liegenschaftsamtes und der Polizei brachten erwartungsgemäß wenig
Erbauendes. So besteht das Amt auf die freiwillige Räumung des Hauses um es
potentiellen Kaufinteressenten freizuhalten. Da sich das Objekt im
Landeseigentum befindet tritt die Stadt lediglich in der Rolle der
Vermittlerin auf. Die nächsten Gespräche, diesmal direkt im
Liegenschaftsamt, stehen am Dienstag Vormittag an.
Schon jetzt ist abzusehen, dass es von dieser Seite wenig Entgegenkommen
geben wird. Mensch werde alle Möglichkeiten ausschöpfen das Haus wieder
dicht zu machen hieß es aus der Behörde.
Aber auch unsere Position bleibt klar: Auch wenn wir bereit sind unser
Anliegen in anderen Räumlichkeiten zu verwirklichen, werden wir unser
Druckmittel nicht freiwillig aus der Hand geben ehe ein konkretes
Ausweichobjekt steht. Frankfurt braucht das Soziale Zentrum und dieser
Bedarf lässt sich nicht (weg)räumen.
Um das Haus durchzusetzen brauchen wir eure Hilfe. Kommt vorbei und
unterstützt die BesetzerInnen, Platz ist immer und VoKü ist lecker. Wir
sehen uns in der Wieckestraße.
Wir sind gekommen um zu blieben!
Für ein selbstbestimmtes Soziales Zentrum in Frankfurt (Oder)!
Solidarität mit der Yorkstraße 59 und allen bedrohten Wohnprojekten!