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Antifaschismus Law & Order

Betroffene müssen informiert werden

Die Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt in Brandenburg,
Opferperspektive, fordert rechten Terror ernstzunehmen und kritisiert
das Polizeiverhalten in Bezug auf die sogenannten Todeslisten der
Gruppierung „Nordkreuz“: Polizei und Bundeskriminalamt (BKA) haben zwei
Jahre lang versäumt, die Betroffenen rechten Terrors zu informieren.

Nachdem in verschiedenen Medien Mitte Juni neue, erschreckende Details
zu den Aktivitäten der extrem rechten Gruppierung „Nordkreuz“
veröffentlicht wurden und auf den beschlagnahmten Listen auch Menschen
aus Nordbrandenburg stehen sollen, fragte die Opferperspektive via
Twitter die Polizei Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, ob die auf
der Liste aufgeführten Personen informiert werden. Eine ausweichende
Antwort bekamen wir statt von der Polizei zunächst durch das BKA und
anschließend, auf eine erneute Nachfrage, auch von der Polizei
Brandenburg unisono: Sie könnten keine Auskunft geben, Ermittlungen
würden laufen. Laut BKA müsse grundsätzlich die Gefährdelage analysiert
werden.

Die Antwort verwundert, wurden die Listen doch bereits 2017 bei
Durchsuchungen gefunden. Im August 2018 stellte die Fraktion der Linken
eine kleine Anfrage (Drucksache 6/9353), in deren Antwort das
Innenministerium darauf hinwies, dass sie keine Veranlassung sehe die
Betroffenen zu informieren, da die Gefährdelage zu abstrakt sei.
Spätestens seit dem Mord an Walter Lübcke, zunehmender rechter Gewalt,
vermehrten Waffenfunden, dem Ordern von Leichensäcken und Ätzkalk für
einen „Tag X“ muss endlich allen klar sein welch tödliche Gefahr von der
rechten Szene ausgeht. Der Staat muss nicht nur lückenlos aufklären,
sondern hat die Aufgabe die Betroffenen zu schützen. „Wir fordern die
Sicherheitsbehörden auf, alle auf den Feindeslisten aufgeführten
Personen zu informieren. Sie haben ein Recht darauf zu erfahren, ob sie
Ziel von Angriffen werden sollten. Das sollte auch eine Lehre aus dem
Behördenversagen in der Mord- und Anschlagsserie des
Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) sein“, so Judith Porath,
Geschäftsführerin des Vereins Opferperspektive.

Die Opferperspektive kritisiert die Verharmlosung rechten Terrors und
fordert, die Betroffenen rechter Gewalt und rechten Terrors
ernstzunehmen. Die „Nordkreuz“ Gruppe legte Listen an, auf denen
Engagierte, die sich gegen Rechts und für Gefüchtete einsetzten, sowohl
Politiker*innen als auch Privatpersonen, geführt wurden. „Wir stehen mit
vielen dieser Menschen in Kontakt. Sie sind verunsichert, haben Angst
und fühlen sich in ihrem Alltag eingeschränkt, wenn sie durch
Medienberichte erfahren, dass sie auf einer ‚Todesliste‘ stehen könnten.
Gerade nach dem Mord an Walter Lübcke machen sie sich Sorgen, ob
sie und ihre Familie akut gefährdet sind“, meint Julian Muckel, Berater
für Betroffene rechter Gewalt. „Sie zu informieren und ihnen damit zu
signalisieren, dass die Polizei die Bedrohung ernst nimmt, wäre dringend
erforderlich. Dass dies zwei Jahre nach den Hausdurchsuchungen noch
immer nicht passierte, empfinden wir als eine erneute Verharmlosung
rechten Terrors.“

Die Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt bietet eine
professionelle Beratung für Betroffene rechter Gewalt, deren
Freund*innen, Angehörige und Zeug*innen an. Die Beratung ist kostenlos,
vertraulich, parteilich und unabhängig von staatlichen Behörden.

Als Mitglied des landesweiten „Aktionsbündnis Brandenburg gegen Gewalt,
Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ schließt sich der Verein
Opferperspektive dem Statement des Vorstands des Aktionsbündnis an.

Kontakt:
Judith Porath, Geschäftsführerin Opferperspektive e.V.: +49 151 59100082
Julian Muckel, Berater für Betroffene rechter Gewalt: +49 151 59100086

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