Bewährungsstrafe für Mittäter
Aus dem Gerichtssaal: Zweiter Prozeß wegen rechtsextremen Überfalls auf Azubi
(MAZ, 6.4.) Vor dem Amtsgericht endete gestern der zweite Prozess im Fall des
17-Jährigen, der am 23. März 2003 von Rechtsradikalen auf dem Bahnhof
Potsdam-Rehbrücke verprügelt und auf die Gleise geworfen wurde. Wegen
Beteiligung an gefährlicher Körperverletzung und wegen unerlaubten
Waffenbesitzes wurde Enrico P. zu 18 Monaten Freiheitsstrafe, ausgesetzt auf
drei Jahre Bewährung und 300 Stunden gemeinnütziger Arbeit, verurteilt. Das
Gericht folgte weitestgehend dem Plädoyer der Staatsanwältin, die für diese
“völlig sinnlose Tat” allerdings 200 Stunden mehr gemeinnützige Arbeit
gefordert hatte. Einen “Mitläufer”, der sich mit einem Beitrag zu der Tat
habe bekennen wollen, nannte Richterin Birgit von Bülow den 25-Jährigen. In
seinem Teilgeständnis, das er gestern nach der Zeugenvernehmung ablegte,
erklärte er, das Opfer zwar festgehalten, gezogen und geschubst, aber nicht
geschlagen zu haben. Dies geschah zu einem Zeitpunkt als der mittlerweile zu
sechs Jahren Haft verurteilte Heiko G. sowie Jens F. das Opfer bereits mit
Tritten, Fausthieben und einem Totschläger malträtierten. Das Opfer hatte
ausgesagt, von dem Trio umringt gewesen und mit Fußtritten und Totschläger
verprügelt worden zu sein. Ob auch der Angeklagte zutrat, konnte er nicht
mit Bestimmtheit sagen. Das Gericht hielt ihm zugute, dass er es war, der
dem Opfer auf die andere Bahnsteigseite half, nachdem ihn Heiko G. auf die
Gleise geworfen hatte. Nach der Tat, so der Angeklagte, habe ihm Heiko G.
den Totschläger gegeben, den die Polizei bei der Festnahme im Rucksack fand.
Den hätte er wegwerfen sollen, belehrte ihn die Richterin.
Auf die Frage nach dem Motiv antwortete der arbeitslose Straßen- und
Kanalbauer: “Ich hatte eigentlich keinen Grund.” Das Gericht attestierte ihm
klares Bewusstsein, auch wenn die Polizei knapp anderthalb Stunden nach der
Tat einen Blutalkohol von 2,2 Promille feststellte. Er habe zu der Zeit viel
getrunken, gestand der Angeklagte.
Bewährungsstrafe für rechte Schläger
17-Jähriger wurde angegriffen, weil er einen Antifa-Sticker trug
(Tagesspiegel, 6.4.) Potsdam. Wegen gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das
Waffengesetz ist am Montag ein 25-Jähriger aus der rechten Szene zu einer
Bewährungsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden. Das Gericht sah es als
erwiesen an, dass sich der Angeklagte am 23. März 2003 mit zwei weiteren
Tätern an der Misshandlung eines 17-jährigen Auszubildenden beteiligt hatte.
Zusätzlich muss der 25-Jährige innerhalb eines Jahres 300 Stunden soziale
Arbeit ableisten.
Das Opfer trat im Prozess als Nebenkläger auf. Nach seinen Angaben hatte er
an diesem Tag um 2.20 Uhr am Bahnhof Rehbrücke alleine auf einen Zug
gewartet, als er mit einem Teleskopschlagstock auf Kopf, Arme und Beine
geschlagen sowie mit Füßen getreten wurde. Er trug unter anderem einen
Nasenbeinbruch, Platzwunden und Prellungen davon. Die Richterin bezeichnete
den Angeklagten als “Mittäter”. Besonders verwerflich sei, dass es für die
Misshandlungen keinen Anlass gegeben habe. Die Täter hätten den 17-Jährigen
der linken Szene zugeordnet, weil er auf seiner Jacke einen Aufnäher mit
durchgestrichenem Hakenkreuz getragen habe und ihn daraufhin attackiert. Als
mildernde Umstände wertete die Richterin ein Teilgeständnis des Angeklagten
und seine Entschuldigung beim Opfer. Der Haupttäter war bereits im Februar
vom Landgericht Potsdam zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt
worden.