Ebenso wie in den vergangenen Jahren veranstaltet JD/JL Brandenburg auch diesen Sommer eine Sommertour quer durchs Bundesland. Das Thema ist Schule als Teil einer kapitalistischen Gesellschaft, die mit allerlei Instrumenten für die nahtlose Eingliederung jedes Schülis in die Arbeitswelt sorgt. Soziale Auslese, schulinterne Hierarchien, Rassismus und Sexismus in der Schule sowie deren Lehrplan sind dabei keine randständigen Unglücke, sondern zentraler Bestandteil einer Schule, die kaum besser sein kann, als die Menschen die sie leiten, ihre Inhalte bestimmen und besuchen.
Noten suck, sucks, sucken und Schule sowieso
Zum 16. mal soll das Schulgesetz restauriert werden. Geplant ist, dass das neue Gesetz 2007 in Kraft tritt mit folgenden Schwerpunkten: bessere Bildungschancen für alle, mehr Erziehung und mehr Leistungsorientierung.
Konkret hieße das zum Beispiel, dass das Abitur von 13 auf 12 Jahre verkürzt werden soll, der Schulzwang noch mehr verstärkt wird, Kopfnoten schon ab der dritten Klasse erteilt werden und besonders „schlaue Kinder“ noch mehr in für sie extra eingeführte Klassen gefördert werden sollen.
Sechs setzen!
Wer von uns ging nicht schon mal mit dem flauen Gefühl im Magen von der Schule nach Hause mit nur einem Gedanken im Kopf: „Wie bringe ich das nur meinen Eltern bei?“.
Ganz klar um was es sich hierbei handelt: Es hat mal wieder die alljährlichen „Giftblätter“, offiziell auch Zeugnisse genannt, gegeben.
Neben dieser Angst im Bauch, spielten auch bei dir sicher Gefühle wie Wut und Ärger eine Rolle, dass du dich ungerecht von diversen LehrerInnen behandelt fühltest und Schule sowieso ja immer scheiße ist!
Doch all diese Gedanken, wenn sie denn einmal zur Äußerung wurden, nahm dir irgendwie so richtig keineR ab, LehrerInnen und Eltern sowieso nicht, denn in ihren Augen hattest du versagt, und Vorwürfe wie „Kind, was soll nur aus dir werden?“ wurden immer lauter. Hinzu kam, dass vermeintlich „gute“ SchülerInnen dich mieden, eben bis auf jene welche vielleicht in einer ähnlichen Situation steckten wie du, oder einfach nur coole MitschülerInnen, welche auf diesen ganzen Bewertungskram keinen Wert legten, genau wie wir das tun!
Denn in unseren Augen stellen Noten weder ein objektives Bewertungskriterium dar, noch tragen sie dazu bei, dass ein Mensch irgendeine inhaltliche Information aus ihnen ziehen könnte. Für uns stellen Noten lediglich ein zentrales Zwangselement des kapitalistischen Systems dar, welches es zu beseitigen gilt!
Nach dem allgemeinem gesellschaftlichen Kontexkt her soll die Schulnote im eigentlichen Sinne eine Leistungsbeurteilung zum Ausdruck bringen und die Leistungsbereitschaft fördern.
Zensuren jedoch bewerten die Leistungen der SchülerInnen aus einem unbeweglichen Zahlen- oder Punktesystem heraus, ohne auf das einzelne Individuum zu schauen, welches die Leistung erbracht hat. Dies hat zur Folge, dass Eigenschaften und individuelle Interessen der SchülerInnen vollkommen vernachlässigt werden.
Natürlich mögen jetzt wieder einige BerfürworterInnen der Noten meinen, das dieses Prinzip schon seine Richtigkeit hätte. Denn nur durch eben diese „objektive“ Betrachtung , einer Betrachtung in dem Menschen zu Zahlen gemacht werden, ist ein möglicherweise folgender Vergleich richtig und berechtigt. Denn er zeigt auf, welche Person sich später für einen gutbezahlten oder einen weniger gutbezahlten Job eignet.
Das Noten oft subjektiv geprägt sind, weil LehrerInnen eben auch nur Menschen mit Gefühlen sind, ist so ziemlich jedem bewusst, doch irgendwie wollen all jene BefürworterInnen dies immer leugnen.
Neben dieser berechtigten Kritik wollen wir allerdings auf den gesellschaftlichen Kontext von Zensuren eingehen:
Zensuren sind ein Element der Gesellschaft. Sie werden in einem hierarchischen System von einer Autorität, der Lehrerin oder dem Lehrer, erteilt und üben Druck und Zwänge auf die SchülerInnen aus, weiter zu lernen und noch mehr zu streben. Außerdem müssen sie sich noch weiter dem System der Schule beugen, um nicht wieder eine Niederlage hinnehmen zu müssen und/oder um sich vor ihrem unmittelbaren Umfeld nicht wieder schämen zu müssen.
Noten dienen also dem Aufbau eines Systems, in dem Konkurrenzdenken existiert, individuelle Entfaltung unterdrückt wird und die SchülerInnen lernen müssen sich anzupassen und in ein System einzugliedern. Wenn dies nicht geschieht, steht in jedem Falle wieder einE OrdnungshüterIn mit Zeigestock auf der Matte und droht mit Verweisen, blauen Briefen, Tadeln oder eben manchmal auch mit Loben. Diese können im Kontext der Erziehung auch zur Verinnerlichung bei den SchülerInnen führen über das, was denn jetzt als „Richtig“ oder Falsch“ an zu erkennen sei.
Schauen wir uns einmal diesen Aufbau genauer an, bemerken wir schnell Gemeinsamkeiten zu anderen gesellschaftlichen Bereichen:
Die staatliche Institution Schule stellt im Kleinformat die repressive Gesellschaft dar, in welcher sich ja auch Menschen unter/-einordnen müssen um in ihr zu überleben. Sei es übers Studium, Beruf oder Gründung einer Familie.
Mal wieder eine Note auf den Hinterkopf bekommen?
In der Schule bewegst du dich auf äußerst dünnen Glatteis, wenn du mal gegen die allgemein gültigen „Hausregeln“ verstößt. Noch schlimmer allerdings ist es, wenn du gegen die nicht niedergeschriebenen Regeln verstößt. Und die Mittel dafür heißen Überwachung, Repression, Anpassung und Druck.
Es sind die sogenannten Kopfnoten. Jene Noten welche über die eigentliche fachliche Bewertung hinausgehen und in die soziale Komponente einschlagen.
Denn bewertet wird hier nicht das Wissen der SchülerInnen sondern ihre Anpassungsfähigkeit.
Erstaunlich dabei ist, dass hier die Bewertungsmaßstäbe auf alte Tugenden des militaristischen Preußentums zurückgreifen.
Mit Hilfe von Buchstaben über a bis e werden hier Stärken und/oder eben Schwächen wie Ordnung, Fleiß, Zuverlässigkeit, Ruhe, Lerneinstellung, Selbstständigkeit sowie Urteils- und Teamfähigkeit bewertet. Wenn du dich als SchülerIn folglich nicht in dem dir aufgezwungenen, gesetzten Rahmen bewegst, bekommst du also einen fauligen Buchstaben zugeschrieben. Dieser wiederum bedeutet für dich dann, egal wie du es legst: „Haha, Pech gehabt! Füge dich oder du bekommst keinen Job!“ [ denn welcheR ArbeitgeberIn will schon einen „unzuverlässigen“ Azubi?]
Das diese Form ein weiteres Autoritäts‑, ‑Repressions- und Disziplinierungsmittel für LehrerInnen darstellt, ist wohl jeden klar.
Klappen auf und Linsen schärfen!
JungdemokratInnen/Junge Linke wollen mit dieser Schultour den Zugang zu einem kritischen Umgang mit Schule öffnen!
Wir wollen informieren, reflektieren und radikal kritisieren, dass Schule eben nichts „normales“ ist, was einfach so da ist, sondern das Schule als Institution immer im Kontext zu ihrer jeweiligen Gesellschaft und dem gegenwärtigen System zu sehen ist!
Deswegen alle mal die Löffelchen spitzen und Augen aufsperren!
Wir wollen mit euch diskutieren, damit es demnächst nicht mehr heißt: „Sechs setzen!“
Die Tourdaten
24.August — Infocafe “Der Winkel” in Belzig
25.August — Jugendclub Joker in Rangsdorf
28.August — Kulturzentrum Eisenhüttenstadt
29.August — Exil in Eberswalde
30.August — Jugendclub FRIZZ in Seelow
Alle Veranstaltun
gen beginnen um 17 Uhr und kosten natürlich keinen Eintritt!