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Blankenfelde-Mahlow und die Nazis

Zwei Ereignisse der let­zten Tage ver­an­lassten uns dazu, diesen Text zu schreiben. Zum einen war es der Ver­such von etwa 50 Neon­azis, in Mahlow aufzu­marschieren und zum anderen ein Inter­view in der Märkischen All­ge­meinen Zeitung mit dem Bürg­er­meis­ter von Blanken­felde-Mahlow (Bran­den­burg), Ortwin Baier.

Am Don­ner­stag, den 23. August 07 veröf­fentlichte die Märkische All­ge­meine im Zossen­er Region­al­teil ein Inter­view mit dem Bürg­er­meis­ter von Blanken­felde-Mahlow, Ortwin Baier, das als direk­te Reak­tion auf einen ver­hin­derten Auf­marsch von Neon­azis in Mahlow in der ver­gan­genen Woche gew­ertet wer­den kann. Gle­ichzeit­ig ist es jedoch auch der wieder­holte Ver­such, schadens­be­gren­zend wirken zu wollen und dabei das rechte Prob­lem kleinzure­den. Wenn Baier sagt, ?wir haben ein recht­es Prob­lem?, dann hat er nicht Unrecht. Dass er diese Erken­nt­nis aber im sel­ben Atemzug mit der Aus­sage rev­i­diert, dass dieses Prob­lem ?aber nicht größer oder klein­er ist, als in anderen Kom­munen auch.?, ist symp­to­ma­tisch und zeugt nicht von Unken­nt­nis der herrschen­den poli­tis­chen Sit­u­a­tion in der Gemeinde, son­dern ist die von jeher hier prak­tizierte Reak­tion auf rechte Aktiv­itäten. Solange es geht wird geleugnet, ist dies nicht mehr möglich, wird rel­a­tiviert und die Schuld bei anderen gesucht. Dann ist nicht der prügel­nde Neon­azi, der als selb­st­ständig denk­endes und han­del­ndes Indi­vidu­um für seine Tat­en selb­st ver­ant­wortlich ist, die Ursache des lokalen Recht­sex­trem­is­mus, son­dern die Men­schen, die solche Aktiv­itäten nicht schweigend hin­nehmen. Nach den Ursachen der zunehmenden recht­en Vorkomm­nis­sen in der Gemeinde befragt, lässt Baier ver­laut­en, dass sein­er Mei­n­ung nach ?auch aus dem linken Spek­trum provoziert wird. Die Antifa hebt die Recht­en immer wieder auf die Bühne.? Baier stellt diese absurde Behaup­tung ohne nähere Erläuterung ein­fach in den Raum. Inwiefern Antifaschis­ten dafür ver­ant­worltich sind, bleibt ungek­lärt. Das Recht­sex­trem­is­mus nicht mit Totschweigen und Leug­nen bekämpft wird, ist bei ihm schein­bar bis heute nicht angekommen. 

Baiers Vorge­hen ist nicht neu. So bezog er im Novem­ber 2006 sofort Stel­lung zugun­sten des Wirts der Gast­stätte ?Zur Eiche?, als dieser durch eine Ver­anstal­tung der Heimat­treuen Deutschen Jugend (HDJ) in die Schlagzeilen geri­et. ?[Er] hat­te keine Chance zu erken­nen, um wen es sich bei den Gästen han­delte.? ließ Baier sofort ver­laut­en. Dass der Wirt Klie­mann auch nach­dem ihm bewusst gewor­den war, wen er sich ins Haus geholt hat­te, die Ver­anstal­tung weit­er­führen ließ, ver­schweigt Baier bewusst. ?Plöt­zlich erschienen Polizis­ten, ver­langten die Auflö­sung der Ver­anstal­tung und die Abgabe des Haus­rechts an das Polizeikom­man­do, was meine Frau richtiger­weise ablehnte.? äußerte sich der Wirt zur Bere­it­stel­lung von Räum­lichkeit­en für ein bun­desweites Tre­f­fen von mehr als 200 Rechtsextremen. 

Um zu sug­gerieren, dass in Blanken­felde-Mahlow kein recht­es Poten­zial vorhan­den sei, behauptet Baier im Inter­view, dass ?höch­stens zwei Prozent der Teil­nehmer des Auf­marsches vom vorigen Woch­enende […] aus der Gemeinde Blanken­felde-Mahlow kamen, der Rest ist aus Berlin und Umge­bung angereist?. Bezo­gen auf die Zahl der rund 50 Teil­nehmern, die polizeilich fest­gestellt wur­den, würde dies bedeuten, dass höch­stens ein Teil­nehmer aus der Gemeinde stammte. Die Tat­sache, dass die Polizei mehr als einem örtlichen Nazi an diesem Abend Platzver­weise aussprach, z.B. unter anderem Dirk Rei­necke aus Blanken­felde und Lutz Skupin aus Mahlow, wider­spricht der Darstel­lung des Bürg­er­meis­ters. Diese Betra­ch­tungsweise ver­schweigt im Übri­gen auch einen wesentlichen Aspekt. Es ist näm­lich gar nicht so wichtig, wie viele Teil­nehmer des Auf­marschver­suchs aus der Gemeinde selb­st stammten. Bemerkenswert ist vielmehr, dass die örtliche Nazi­ak­tivis­ten es geschafft haben, die Berlin­er und Bran­den­burg­er Szene dazu zu bewe­gen, in Blanken­felde-Mahlow zu marschieren. Dieser Umstand zeugt von der Einge­bun­den­heit der lokalen Nazi­ak­tivis­ten in die poli­tisch aktive rechte Szene und ein­er vor­angeschrit­te­nen über­re­gionalen Ver­net­zung im Land­kreis. Bei­des sollte zu denken geben. Zudem sollte man sich hüten, von der Zahl der lokalen Nazis, die an dem Auf­marschver­such teil­nah­men, vorschnell auf das Aus­maß des Recht­sex­trem­is­mus in der Gemeinde zu schließen. Denn nicht alle lokalen Nazis zählen zum aktion­sori­en­tierten Spek­trum der ?Freien Kam­er­ad­schaften”, das am besagten Fre­itag auf­marschierte. Nazis wie der Blanken­felder NPD-Kad­er Matthias Rid­der­skamp wur­den beispiel­sweise nicht gesichtet.
?Schreiben Sie, dass Mahlow kein Nazi­dorf ist!? 

So falsch Ortwin Baier mit dieser Strate­gie auch han­delt, eben­so falsch wäre die Unter­stel­lung, er würde dies aus Sym­pa­thie für die Recht­en tun. Trau­riger­weise inter­essiert er sich aber weniger für die Opfer der Nazis als für die Neg­a­tiv-Schlagzeilen, die der Gemeinde durch Nazi­at­tack­en entste­hen. Deswe­gen set­zt er auch weniger auf aktives Han­deln gegen Rechts, son­dern auf das oben erwäh­nte Kleinre­den. ?Schreiben Sie, dass Mahlow kein Nazi­dorf ist!?fordert er einen Jour­nal­is­ten in einem Inter­view auf und begin­nt einen halb­stündi­gen Monolog über lokale Errun­gen­schaften gegen Rechts. Baiers Ideen sind allerd­ings alles andere als förder­lich. So möchte er den Mahlow­er Bahn­hofsvor­platz mit Kam­eras überwachen lassen, denn ?rechte Parolen und Graf­fi­ti wür­den das Are­al verun­zieren?. ?Seit langem wurmt mich, was das für ein schlecht­es Aushängeschild für unsere Gemeinde ist?. Es wird deut­lich, das Baier sich auss­chließlich um das Image der Gemeinde sorgt. Dass aus der Per­spek­tive der poten­tiellen Opfer rechter Gewalt der Mahlow­er Bahn­hof schon seit län­gerem ein Angstraum ist, ist schein­bar nicht das Prob­lem. Inwiefern Kam­eras dazu führen das Tat­en ver­hin­dert wer­den, bleibt eben­falls offen. Die Instal­la­tion von Kam­eras würde lediglich dazu führen, dass die Täter sich ver­mum­men, um auf den Videobän­dern nicht erkennbar zu sein. Einen Abschreck­ungsef­fekt haben solche Kam­eras nicht, wie bere­its Pilot-Pro­jek­te in anderen Städten wie Pots­dam und Bernau bewiesen haben. Trotz Instal­la­tion von Kam­eras an dor­ti­gen Krim­i­nal­itätss­chw­er­punk­ten kon­nte kein Rück­gang der Delik­te erzielt wer­den, z.T. stieg die Zahl der Straftat­en sog­ar weiter. 

?Wir sind außer­dem sehr eng mit der Polizei vernetzt…?[13] lobt Ortwin Baier das Engage­ment der Gemeinde. Dass die Polizei Teil des Prob­lems ist, will er nicht sehen. So belästi­gen die Beamten beispiel­sweise nach recht­en Über­grif­f­en die Opfer, wie in einem Fall im Jahr 2006 geschehen, als Ange­hörige der MEGA (Mobile Ein­heit gegen Gewalt und Aus­län­der­feindlichkeit) einen Betrof­fe­nen von Nazige­walt auf­sucht­en, unter Druck set­zten und linke Struk­turen aushorchen wollten,aufgrund der Öffentlichkeit­sar­beit einiger Antifaschis­ten. Das ist in anderen Land­kreisen nicht anders zu beobacht­en, auch dort stört sich die MEGA nicht an den recht­en Aktiv­itäten als solch­es, son­dern an den­jeni­gen, die diese öffentlich anprangern.Des weit­eren ist es zwar möglich, mit polizeilichen Mit­teln rechte Aufmärsche zu ver­hin­dern, allerd­ings kann mit diesen nicht die Ide­olo­gie in den Köpfen bekämpft wer­den. Um das zu erre­ichen, müssen antifaschis­tis­che Ini­tia­tiv­en und Struk­turen gefördert werden. 

Den voll­ständi­gen Text mit Quel­lenangaben gibt’s

hier.

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