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Böse Onkel wählt man nicht

Wie vor kurzem in Sach­sen wollen Recht­sex­treme auch in Bran­den­burg in die Kreis­tage und Stadträte gelan­gen. Doch der Wahlkampf der NPD für die brandenburgi­schen Kom­mu­nal­wahlen ist gemessen an den Zie­len ein Fiasko. Bess­er sieht es für die DVU aus.

Die Vertreter zivilge­sellschaftlich­er Insti­tu­tio­nen, die sich mit dem Recht­sex­trem­is­mus befassen, zeigen ver­hal­tene Erle­ichterung. Nur noch drei Wochen sind es bis zu den Bran­den­burg­er Kom­mu­nal­wahlen am 28. Sep­tem­ber. Und der NPD ist es anscheinend nicht gelun­gen, die Voraus­set­zun­gen für einen Wahler­folg zu schaf­fen. Nach ihrem erfol­gre­ichen Abschnei­den bei den säch­sis­chen Kom­mu­nal­wahlen im Juni, bei denen sie in alle Kreistage des Bun­des­lands ein­zog, bestand die Befürch­tung, dass sich Ähn­lich­es in Bran­den­burg wieder­holen könnte.

Auch wenn dort, wo die NPD zu den Wahlen antritt, d. h. vor allem im so genan­nten Speck­gür­tel Berlins und im Süden Bran­den­burgs, Abge­ord­nete der Partei in die Kom­mu­nal­par­la­mente gelan­gen soll­ten, so scheinen sich die schlimm­sten Befürch­tun­gen nicht zu bestäti­gen. Die NPD wollte den Wahlkampf in Bran­den­burg nutzen, um ihre Struk­turen zu fes­ti­gen. Eine Vertre­tung in möglichst vie­len Kom­mu­nal­par­la­menten sollte diese dann sta­bil­isieren und die Partei zu ein­er wahrnehm­baren poli­tis­chen Kraft machen.

Gemessen an den Zie­len, die sich die rechts­extreme Partei geset­zt hat, war der Wahlkampf bish­er ein Fiasko. Selb­st im Süden des Bun­des­lan­des, wo die NPD über Rück­halt ver­fügt, hat­te sie Prob­leme, geeignete Kan­di­dat­en zu find­en. Ins­beson­dere fehlt es ihr an vorzeig­baren Vertretern, die sich möglichst bürg­er­lich geben. Dafür find­en sich Kad­er der mil­i­tan­ten Szene der neun­ziger Jahre auf den Lis­ten der NPD, wie etwa Frank Hüb­n­er, ein ehe­ma­liges Mit­glied der 1992 ver­bote­nen Deutschen Alternative.

Vor allem zwei von der NPD ver­fol­gte bzw. ihr zugeschriebene Konzepte haben in den Monat­en vor der Wahl für Aufre­gung gesorgt. Gemäß der so genan­nten Worter­grei­fungsstrate­gie soll­ten NPD-Kad­er die Aufmerk­samkeit auf sich ziehen und auf öffentlichen Ver­anstal­tun­gen ihre Beteili­gung an poli­tis­chen Diskus­sio­nen erzwin­gen. Dieses Vorhaben scheit­erte in Bran­den­burg vor allem daran, dass nur wenige führende NPD-Mit­glieder intellek­tuell befähigt sind, mit ihren poli­tis­chen Geg­n­ern zu diskutieren.

Noch größere Sor­gen bere­it­ete den Geg­n­ern der Recht­sex­tremen die Vorstel­lung, Mit­glieder der Partei kön­nten sich »under­cov­er« in örtlichen Vere­inen betäti­gen und recht­sex­treme Pro­pa­gan­da ver­bre­it­en. Der bran­den­bur­gis­che NPD-Vor­sitzende Klaus Beier, der auch Bun­de­spress­esprech­er der Partei ist, gab Anlass zu solchen Speku­la­tio­nen mit der Ankündi­gung, NPD-Mit­glieder wür­den als unab­hängige Einzelkandi­daten antreten, um ungestört von Gegen­wehr »nationale Poli­tik in die Par­la­mente zu tragen«.

Unbe­grün­det ist die Angst vor staatlichen Maß­nah­men und gesellschaftlichem Protest nicht. Im Gegen­satz zu Sach­sen set­zte man sich in Bran­den­burg früh mit dem Recht­sex­trem­is­mus auseinan­der. Auch wenn die Qual­ität der Auseinan­der­set­zung häu­fig zweifel­haft ist, trifft die NPD selb­st in der tief­sten Prov­inz auf Gegen­wehr. So leg­en z.B. Unternehmen wie EKO Stahl in Eisen­hüt­ten­stadt Wert darauf, keine aktiv­en Rechts­extremisten zu beschäftigen.

Dass die ver­meintliche Unter­wan­derungsstrate­gie den­noch der­art beachtet wurde, hat wohl mehr mit den Geg­n­ern der NPD zu tun als mit der Partei selb­st. Die Behaup­tung, Recht­sex­treme wür­den z.B. Frei­willige Feuer­wehren unbe­merkt unter­wan­dern, ver­harm­lost die Sit­u­a­tion in den Vere­inen. Denn natür­lich betäti­gen sich NPD-Mit­glieder, die in solche Organ­i­sa­tio­nen ein­treten, ohne ihre Parteim­it­glied­schaft bekan­ntzugeben, dort auch poli­tisch. Dass sie nicht auf­fall­en und sog­ar akzep­tiert wer­den, ist darauf zurück­zuführen, dass ihre Ansicht­en von den ande­ren Mit­gliedern geteilt werden.

Für eine »Undercover«-Strategie dürfte der Partei ohne­hin das Per­son­al fehlen. Um an Ort und Stelle eine kul­turelle oder poli­tis­che Hege­monie zu erwer­ben, bräuchte die NPD diszipli­nier­te und vorzeig­bare Kad­er. Die per­son­elle Schwäche der Bran­den­burg­er NPD rührt u.a. aus der An­fang 2004 erfol­gten Abspal­tung der »Bewe­gung Neue Ord­nung«, die sich später »Schutzbund Deutsch­land« nan­nte und im Som­mer 2006 ver­boten wurde. Unter dem dama­li­gen Lan­desvorsitzenden Mario Schulz tren­nten sich wegen der Wahl eines gebür­ti­gen Bosniers zum NPD-Kan­di­dat­en für die Europawahl die Mit­glieder von der Partei, die eine wesentlich unverhohlene­re national­sozialistische Poli­tik vertraten.

Auch die Zusam­me­nar­beit mit den Kam­er­ad­schaften kon­nte diesen Ver­lust an Per­son­al bish­er nicht aus­gle­ichen, obwohl die Bedin­gun­gen für die NPD in dieser Hin­sicht eigentlich gün­stig sind. Das Bran­den­burg­er Innen­min­is­teri­um geht sehr restrik­tiv gegen Kam­er­ad­schaften vor. Diese wer­den in aller Regel ver­boten, sobald sie ein bes­timmtes organ­isatorisches Niveau erre­ichen. So bleibt den mil­i­tan­ten Neon­azis nur der Weg in die recht­sex­tremen Parteien, vor­wiegend in die NPD, wenn sie sich legal organ­isieren wollen. Doch Mit­glieder, die sich für ein eher bieder-bürg­er­lich­es Auftreten aussprechen, ger­at­en so in der Par­tei in die Min­derzahl. In der DVU beste­ht eine entsprechende Alternative.

Deshalb wird das öffentliche Bild der bran­den­bur­gis­chen NPD von mil­i­tan­ten Neon­azis geprägt. Dirk Wilk­ing, der Geschäfts­führer des Insti­tuts für Gemein­we­sen­ber­atung, das mehrere so genan­nte mobile Beratung­steams in Bran­den­burg im Ein­satz hat, sagt dazu: »Im Gegen­satz zu Sach­sen kon­nte sich die NPD in Bran­den­burg nie als die »Gute-Onkel-Partei« darstellen. Im Bewusst­sein des größten Teils der Bevölkerung dürfte es sich bei der NPD um die bösen Bösen han­deln und bei der DVU um die guten Bösen.« Das dürfte auch daran liegen, dass in den Diskus­sio­nen über den Recht­sex­trem­is­mus zurzeit meist nur über die NPD gere­det wird.

Doch die DVU in Bran­den­burg als »Phan­tom­partei« einzuschätzen, wie es der Ver­fas­sungss­chutz, die regionalen Medi­en und auch die Lan­desregierung tun, ist mit­tler­weile schlichtweg falsch. Seit 1999 ist die Partei mit ein­er Frak­tion im Land­tag vertreten, die zum großen Erstaunen nicht durch Skan­dale aufge­fall­en ist. Mit ein­er Vielzahl von kleinen Anfra­gen ist die Frak­tion seit einiger Zeit par­la­men­tarisch recht rege tätig. In den ver­gan­genen Jahren hat die DVU ihre ­Arbeit region­al ver­stärkt, ihre Funk­tionäre treten immer häu­figer öffentlich in Erscheinung.

Gemäß dem mit der NPD vere­in­barten »Deutsch­­land-Pakt« soll zu den Land­tagswahlen 2009 die DVU antreten. Deshalb leg­en Beobachter das Engage­ment der NPD im Kom­mu­nal­wahlkampf häu­fig als Vor­bere­itung darauf aus, den »Deutsch­­land-Pakt« aufzukündi­gen und 2009 statt der DVU anzutreten. Gegen die These vom Ver­drän­gungskampf zwis­chen DVU und NPD spricht, dass das Ver­hält­nis der bei­den Parteien derzeit von Koop­er­a­tion gekennze­ich­net ist. So teil­ten sie sich gemäß dem »Deutsch­land-Pakt« die Wahl­kreise des Lan­des Bran­den­burg auf, um nicht gegeneinan­der zu kandidieren.

Den­noch ist die DVU der NPD im Wahlkampf um einiges voraus. Sie fand geeignete Kan­di­dat­en und stellte deshalb deut­lich mehr auf als die NPD. Sollte die DVU nicht wegen eines möglichen Ablebens ihres mit­tler­weile doch recht alten Bun­desvor­sitzen­den Ger­hard Frey auseinan­der­fall­en, dann dürfte sie unange­focht­en von der NPD zu den Land­tagswahlen 2009 antreten. Denn diese muss sich weit­er­hin dem müh­samen Parteiauf­bau in Bran­den­burg widmen.

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