Abendliches Treffen mit Struck / Verärgerung über Informationspolitik des Bundes
(MAZ) POTSDAM — Das “Bombodrom” bringt Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD)
in Bedrängnis. Die von der SPD-Bundestagsfraktion kürzlich angekündigte
Freigabe des früheren russischen Truppenübungsplatzes in der Kyritz-Ruppiner
Heide für die Bundeswehr hat die “Bombodrom”-Gegner aufs Neue mobilisiert.
Wegen der bekannt gewordenen Planungen erwartet die Bürgerinitiative “Freie
Heide” am Ostersonntag mehrere tausend Demonstranten in Fretzdorf
(Ostprignitz-Ruppin), darunter der Vize-Regierungschef von
Mecklenburg-Vorpommern, Wolfgang Methling (PDS).
Gestern Abend traf sich Regierungschef Platzeck mit
Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) in Berlin. Wie
Regierungssprecher Erhard Thomas nach dem Treffen der MAZ sagte, habe
Platzeck die Bedenken der Bürgerinitiative dargelegt und auf die Bedeutung
des Geländes für den regionalen Tourismus aufmerksam gemacht. Zudem habe
Platzeck erneut die militärpolitische Notwendigkeit hinterfragt. Struck habe
weitere Gespräche mit Kommunalpolitikern und Bundestagsabgeordneten der
Region zugesichert.
In Potsdamer SPD-Kreisen hatte man verärgert registriert, dass der
Ministerpräsident in jüngster Zeit mehrfach aus der Zeitung über die
militärischen Absichten des Bundes in dem umstrittenen Areal erfahren hatte
und nicht von den Genossen im Berliner Verteidigungsressort. Für die
Potsdamer Landesregierung ist die Angelegenheit heikel. Während die PDS in
der rot-roten Regierung Mecklenburg-Vorpommerns gegen das “Bombodrom”
wettert, muss Platzeck auf die CDU Rücksicht nehmen. Anders als Schwerin -
dort hat der Landtag die Bundeswehrpläne wegen befürchteter Nachteile für
den Tourismus abgelehnt -, legte sich Brandenburg bislang nicht fest. Man
wolle noch ein Anhörungsverfahren abwarten, so die Erklärung, mit der
bislang auf Zeit gespielt wurde.
Da Struck gegenüber Plat-zeck keine Zugeständnisse gemacht hat, ist für
Beobachter sicher, dass die Bundeswehr in die Heide “einmarschiert”.
Kompromisse seien nur noch hinsichtlich der Intensität des Übungsbetriebes
möglich.
Sonderzug zum Bombodrom
Die Gegner wollen klagen, doch die Vorbereitungen gehen weiter: Für die
Bundeswehr soll eine Bahnverbindung zum geplanten Schießplatz errichtet
werden
(Tagesspiegel) Wittstock/Dosse. Die Bürgerinitiative “Freie Heide” will mit einem Antrag
auf einstweilige Verfügung die Inbetriebnahme des Luft-Boden-Schießplatzes
der Luftwaffe verhindern. Das kündigte deren Sprecher Benedikt Schirge für
den Fall an, dass Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) den
sofortigen Vollzug des Übungsbetriebes auf dem Bombodrom in der
Kyritz-Ruppiner Heide anordnen sollte. “Die Klagen sind vorbereitet und
werden sofort kommen.” Laut Bürgerinitiative mehren sich die Anzeichen
dafür, dass die Entscheidung über die Inbetriebnahme längst gefallen ist.
Wie berichtet, sollen Kampfflieger in der Nähe des Areals bei Wittstock die
Funktionsfähigkeit der Funkfrequenzen testen. “Auch auf der Schiene tut sich
etwas”, sagte Schirge. So werde die Wiederinbetriebnahme einer Bahnstrecke
von Wittstock bis zum in der Nähe des Bombodroms gelegenen Bahnhof Buschhof
vorbereitet — während die logische Weiterführung nach Neustrelitz in
Mecklenburg-Vorpommern nicht vorgesehen ist. “Man weiß nicht mehr, wem man
noch trauen darf”, so Schirge. Ungeachtet der Erklärungen, dass noch kein
Beschluss gefasst sei, würden offensichtlich immer mehr Tatsachen
geschaffen.
Die Luftwaffe habe ihren Bedarf an Wittstock “klar artikuliert”, sagte deren
Sprecher im Verteidigungsministerium. Man habe “gewisse planerische
Vorsorge” getroffen, “falls die Entscheidung positiv ausfällt”. Vor Strucks
Entscheidung werde es keine Anflüge des Geländes geben, betonte der
Offizier. Er wolle aber “nicht ausschließen”, dass in der Nähe geflogen
werde. Zur Kontrolle der Funkanlagen würde auch ein größerer Abstand
ausreichen.
Die Anflüge des Bombodroms sollen nach Angaben des Grünen
Bundestagsabgeordneten Winfried Nachtwei überwiegend von Norden aus in 300
Metern Höhe über Mecklenburg erfolgen. Als Zwischenlandeplätze für die
trainierenden Einheiten sind die Flugplätze Rostock-Laage und
Neubrandenburg-Trollenhagen vorgesehen.
Die Landesregierung des angrenzenden Mecklenburg-Vorpommern will laut
Umweltminister Wolfgang Methling (PDS) weiterhin alles tun, um das Bombodrom
zu verhindern. Der Flugbetrieb würde die Bemühungen, die Region touristisch
zu entwickeln, zunichte machen. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias
Platzeck (SPD) ließ sich gestern über die Pläne informieren. Struck habe ihm
gesagt, er wolle vor der Entscheidung vor Ort Gespräche mit
Kommunalpolitikern führen.