Passanten bemerken am frühen Samstag Abend Rauch im Erdgeschoss des Gebäudes
(MAZ, Joachim Wilisch) RATHENOW Ein Brandanschlag auf das Gebäude der Agentur für Arbeit beendete am Samstag
gegen 18.10 Uhr die bis dahin beschauliche Wochenendruhe in der
westhavelländischen Provinz.
Für die Nachbarn kaum zu hören zerbarsten die Scheiben eines Fensters im
Erdgeschoss rechts neben dem Haupteingang der Agentur für Arbeit in der
Rathenower Puschkinstraße. Plötzlich quoll Rauch aus dem Fenster. Das
bemerkten Passanten, die sofort Polizei und Feuerwehr informierten. Viel gab
es für die Brandschützer nicht mehr zu tun, als sie mit drei Einsatzwagen
gegen 18.20 Uhr in der Puschkinstraße eintrafen. Die Polizeibeamten hatten
bereits mit einfachem Löschgerät Erfolg.
Zwar rückte die Feuerwehr schnell wieder ab, doch für die Polizei begann
jetzt eine Arbeit, die sich bis in die Nacht hinein hinzog. Schnell fanden
die Beamten heraus, dass jemand einen Brandsatz durch die Fensterscheibe
geworfen hatte.
Die Kriminalpolizei und die Mitarbeiter der kriminaltechnischen
Spurensicherung wurden gerufen. Inzwischen traf Joachim Rader,
Geschäftsführer der Rathenower Agentur, ein. Später kam auch Knut Corte,
Chef der Agentur Neuruppin — die Rathenower Geschäftsstelle ist eine Filiale
— hinzu. Sie beobachteten, wie die Polizei im Inneren des Gebäudes Spuren
auswertete. Das besondere Interesse galt dem Brandsatz oder dem was davon
übrig war. Da das Gebäude am Samstag Abend üblicherweiser verlassen ist und
sich auch niemand in der unmittelbaren Nähe aufhielt, gab es keine
Personenschäden zu vermelden. “Das ist für mich zunächst die wichtigste
Erkenntnis”, sagte Rader — dem der Schreck über die Vorfälle ins Gesicht
geschrieben stand.
Hinweise auf den oder die Täter gab es bislang nicht. “So etwas haben wir
hier in Rathenow noch nicht erlebt”, sagte Rader.
Die Kriminalpolizei ermittelte zunächst in der Nachbarschaft des Gebäudes.
Allerdings ergaben sich aus den Fragen an die Anwohner keine Schlüsse auf
die Urheber des Brandanschlages.
Dass es sich um einen Brandsatz gehandelt hat, bestätigten sowohl Rader als
auch Corte, die sich gegen 21.30 Uhr mit einigen Polizeibeamten auf die
Polizeiwache Rathenow zurückzogen.
Der Fall sei sofort an das Polizeipräsidium Potsdam abgegeben worden,
erklärte am Sonntag in Nauen ein Sprecher des Polizeischutzbereiches
Havelland. Aus dem Präsidium gab es am Sonntag lediglich eine
Kurzmitteilung: ein Brand habe geringen Sachschaden verursacht. Die
Kriminalpolizei ermittele derzeit wegen des Verdachts der Brandstiftung.
“Mehr gibt es dazu nicht zu sagen”, erklärte ein Sprecher des Potsdamer
Präsidiums am Sonntag Nachmittag auf Nachfrage.
Die Glaser kamen in der Nacht
Größte Schäden am Agenturgebäude wurden sofort repariert
(MAZ) RATHENOW Knut Corte, Geschäftsführer des Bezirkes der Arbeitsagentur Neuruppin und
Joachim Rader, Chef der Agentur für Arbeit in Rathenow, schauen besorgt. Der
Brandanschlag auf das Gebäude der Agentur für Arbeit am vergangenen Samstag
(weiterer Bericht und Kommentar auf Seite 13) hat beiden gezeigt, wie
empfindlich die Agentur zu treffen ist. Der Brandsatz wurde in den
Technikraum geworfen. “Natürlich hätte das großen Schaden anrichten können”,
sagt Rader. Allerdings hatten weder Rader noch Corte nähere Hinweise zu der
Beschaffenheit der Brandsatzes. Möglicherweise war er nicht stark genug, um
größere Zerstörungen zu verursachen. Möglicherweise hat sich die volle
Wirkung aus anderen Gründen nicht entfaltet.
Wie ein schwarzes Loch wirkt das Fenster neben dem Haupteingang am Tag nach
dem Anschlag. Ein Sicherheitsdienst hat Posten bezogen. Noch in der Nacht
waren Glaser bestellt worden, die das zerstörte Fenster schlossen. Bei
näherem Hinsehen wird allerdings deutlich, dass der Brandsatz den gesamten
Fensterrahmen zerstört hat. “Das wird so schnell wie möglich wieder in
Ordnung gebracht und sicher gemacht”, sagt Corte. Schaulustige machen Halt
und beobachten die Arbeit der Polizei. “Hier treiben sich ja ab und zu
finstere Gestalten herum”, sagt einer. Das Gelände ist an Wochenenden oder
Feiertagen verlassen. Hinter dem Gebäude der Agentur befindet sich eine
Kita, daneben das verlassene alte ROW-Feuerwehrgebäude.
War der Brandsatz ein gezielter Anschlag, waren es linke oder rechte
Chaoten? Hat sich jemand so sehr über Entscheidungen der Agentur geärgert,
dass er sich rächen wollte? Diese Fragen werden von der Polizei noch in das
Reich der Spekulationen verwiesen. Auch Joachim Rader hat keine Idee, wer
hinter dem Anschlag steckt. “Wir ermitteln”, lässt ein Polizeisprecher
mitteilen.
In der Rathenower Agentur für Arbeit sollen die Geschäfte heute ganz normal
fortgesetzt werden.