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Brandanschlag vereitelt – fast hätte es Tote gegeben

Polizeipräsi­dent fühlt sich an aus­län­der­feindliche Morde von Solin­gen erinnert

(Frank Jansen, Tagesspiegel) Premnitz/Potsdam — Der Schreck­en ist gewaltig. Nach dem am Woch­enende nur knapp vere­it­el­ten Bran­dan­schlag auf die Besuch­er eines Jugend­clubs in Prem­nitz (Havel­land) zeigte sich Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm gestern entset­zt über eine Gruppe Recht­sex­trem­is­ten, „die kalt­blütig den Tod von Men­schen einge­plant hat“. Pots­dams Polizeipräsi­dent Bruno Küp­per sprach von „unge­heuer­lich­er krim­ineller Energie“. Was die Gruppe geplant habe, sei „vom Unrechts­ge­halt her“ ver­gle­ich­bar mit dem ver­heeren­den Anschlag von Solin­gen, sagte Küp­per dem Tagesspiegel. In der Stadt in Nor­drhein- West­falen hat­ten Recht­sex­trem­is­ten 1993 ein Wohn­haus von Türken angezün­det, fünf Mäd­chen und Frauen star­ben. Das Atten­tat hat­te über Deutsch­land hin­aus einen Schock aus­gelöst. Wie in Solin­gen hät­ten die Recht­sex­trem­is­ten in Prem­nitz nach dem Mot­to gehan­delt, „es inter­essiert mich nicht, was das men­schliche Leben wert ist“, so Küpper. 

Die Clique in Prem­nitz wollte, offen­bar als Racheakt nach ein­er Schlägerei mit Linken Ende Mai, Brand­sätze auf die alte Vil­la des Jugend­clubs „Pre­Ju“ schleud­ern. Dort hiel­ten sich in der Nacht zu Sonnabend etwa 20 Jugendliche und zwei Betreuer auf. Einige Gäste befan­den sich auf der Veran­da des Gebäudes. Sie wären ein leicht­es Ziel gewe­sen, hät­ten die Recht­sex­trem­is­ten die schon bere­it­ste­hen­den Brand­flaschen wer­fen kön­nen. „Bei uns herrscht das blanke Entset­zen“, sagte gestern Pre­Ju-Geschäfts­führer Siegfried Wend­land. Er lobte indes die Polizei, die mit ihrem „ein­wand­freien Ver­hal­ten“ einen Anschlag ver­hin­dert habe. 

Ein Angler, der sich zum nächtlichen Fis­chfang an den Prem­nitzer See geset­zt hat­te, rief die Polizei, als die jun­gen Recht­sex­trem­is­ten sich am Ufer zu schaf­fen macht­en. Der See befind­et sich in Sichtweite des Jugend­clubs. Nach Infor­ma­tio­nen des Tagesspiegels ver­langte die Clique von dem Angler, er solle ver­schwinden. Doch er blieb und alarmierte die Polizei. Die Beamten kamen und stell­ten die Per­son­alien der Recht­sex­trem­is­ten fest. Da es „stock­duster“ war, sei zunächst das Mate­r­i­al für einen Anschlag nicht gefun­den wor­den, berichtete gestern die Lei­t­erin des Schutzbere­ichs Havel­land, Cer­stin Petersen-Schäfer. 

Die Beamten kamen aber wieder. Obwohl die Recht­sex­trem­is­ten ver­schwun­den waren, wurde das Ufer abge­sucht. Schließlich ent­deck­ten die Polizis­ten mehrere Brand­sätze, einen gefüll­ten Ben­zinkanis­ter, Base­ballschläger und Eisen­stan­gen. Daraufhin startete Petersen-Schäfer noch in der Nacht eine Razz­ia bei den Män­nern, die zuvor kon­trol­liert wor­den waren. In den Woh­nun­gen fand die Polizei weit­ere Brand­sätze, Wollmützen mit Sehschlitzen und 200 Aufnäher mit der Inschrift „Ich bin stolz, ein Deutsch­er zu sein“. 16 Recht­sex­trem­is­ten wur­den festgenom­men. Fast alle sind schon früher mit ein­schlägi­gen Delik­ten wie „Sieg Heil“-Gebrüll und Gewalt­tat­en aufge­fall­en. Innen­min­is­ter Schön­bohm lobte aus­drück­lich die Courage des Anglers und das rasche Vorge­hen der Polizei. 

Besuch­er und Betreuer des Jugend­clubs hät­ten „großes Glück gehabt“, sagte der ermit­tel­nde Pots­damer Staat­san­walt, Jörg Wag­n­er. Zwei Recht­sex­treme säßen jet­zt in Unter­suchung­shaft, gegen sechs weit­ere sei der Haft­be­fehl gegen Aufla­gen außer Vol­lzug geset­zt wor­den. Der Staat­san­walt wirft den Män­nern die Verabre­dung zu schw­er­er Brand­s­tiftung und einen Ver­stoß gegen das Waf­fenge­setz vor. 

Eine Verbindung zwis­chen der Clique und der im April von Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm ver­bote­nen Neon­azi-Kam­er­ad­schaft „Hauptvolk“ sieht die Polizei bis­lang nicht. „Hauptvolk“ und die mitver­botene Unter­gruppe „Sturm 27“ hat­ten jahre­lang im Havel­land ihr Unwe­sen getrieben. Eben­falls im Havel­land hat­te eine Kam­er­ad­schaft „Freiko­rps“ von Juni 2003 bis Mai 2004 Bran­dan­schläge auf aus­ländis­che Imbisse verübt. Im März verurteilte das Ober­lan­des­gericht elf Täter wegen Bil­dung ein­er Terrorgruppe.

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