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Antifaschismus

Brandenburg an der Havel: Einwohner_innenversammlung zur Aufnahme neuer Flüchtlinge im Ortsteil Kirchmöser

2015.08.24 Brandenburg-Kirchmoeser Einwohnerversammlung Asyl (1)

Am gestri­gen Abend hat­te die Stadt Bran­den­burg an der Hav­el zu ein­er Einwohner_innenversammlung im Ort­steil Kirch­mös­er geladen. Einziger Tage­sor­d­nungspunkt war die geplante Unter­bringung von 75 Flüchtlin­gen in einem neu ein­gerichteten Über­gang­sheim im Ort­steil­ge­bi­et. Zu der Ver­samm­lung waren unge­fähr 120 Men­schen erschienen, darunter auch Sympathisant_innen des neon­azis­tis­chen Milieus. Die Ver­anstal­tung lief jedoch ohne nen­nenswerte Störun­gen ab. Offen­bar vor­sor­glich war die Polizei jedoch mit mehreren Ein­satzkräften vor Ort.
All­ge­meine Informationen
Wie auch bei den vor­ange­gan­genen Einwohner_innenversammlungen in der Walzw­erk­sied­lung und in Hohen­stück­en führte auch heute wieder Bran­den­burgs Beige­ord­neter Wolf­gang Erlebach mit all­ge­meinen Fak­ten zum The­ma Asyl in die Ver­samm­lung ein, bevor er speziell auf die Sit­u­a­tion in der Stadt zu sprechen kam. Dem­nach ist die Stadt Bran­den­burg an der Hav­el bis Ende 2015 verpflichtet momen­tan unge­fähr 665 Men­schen, die vor allem wegen andauern­der Kriege und Ver­fol­gung aus ihren Heimatlän­dern flo­hen, eine Unterkun­ft bere­itzustellen. Dafür ste­hen zurzeit nur die Gemein­schaf­tun­terkun­ft für 288 Per­so­n­en in Bran­den­burg-Nord, Woh­nun­gen im Ver­bund für 81 Per­so­n­en und eigen­er Wohn­raum für 50 Per­so­n­en zur Ver­fü­gung. Zu wenig angesichts der steigen­den Zahl der Flüchtlinge.
Allerd­ings ist mit geplanten Unterkün­ften in der Walzw­erk­sied­lung und in Hohen­stück­en weit­er­er Raum für die Unter­bringung der geflüchteten Men­schen längst im Bau.
Die jet­zt in Kirch­mös­er sowie par­al­lel dazu in an einem anderen Punkt in Hohen­stück­en geplanten Ein­rich­tun­gen sind expliz­it als Notun­terkün­fte konzip­iert. Das heißt sie dienen nur der tem­porären Auf­nahme von Flüchtlin­gen, bevor die im Bau befind­lichen Gemein­schaft­sun­terkün­fte fer­tig sind.
Die Notun­terkün­fte in Kirch­mös­er sind deshalb wesentlich spar­tanis­ch­er ein­gerichtet, als die beste­hen­den und auch die kün­fti­gen Unterkün­fte. Acht Men­schen sollen hier in 50,00 m² großen Räu­men unterge­bracht wer­den. Des Weit­eren wird es eine Gemein­schaftsver­sorgung und die Betreu­ung durch eine_n Sozialarbeiter_in geben. Ins­ge­samt sollen 75 Men­schen in Kirch­mös­er unterge­bracht wer­den. Haupt­säch­lich wer­den Flüchtlinge aus Syrien, Irak und Eritrea erwartet. Und die Notun­terkun­ft soll vor allem als Wohnort für allein geflüchtete, erwach­sene Män­ner sein. Fam­i­lien sollen in ein­er sep­a­rat­en Unterkun­ft, in einem anderen Stadt­teil unterge­bracht werden.
Fragerunde
Auf­grund der Tat­sache, dass nur erwach­sene Män­ner als Flüchtlinge erwartet wer­den, ent­fie­len zunächst die bei der­ar­ti­gen Einwohner_innenversammlungen üblichen Fra­gen zu KITA-Plätzen und Schulin­te­gra­tion. Dafür beschäftigte eini­gen „besorgten“ Bürger_innen ins­beson­dere die Tat­sache, das nur männliche Asyl­suchende kom­men wer­den. Die Frage der Sicher­heit war anschließend das haupt­säch­liche The­ma der Runde.
Immer wieder melde­ten sich einige Bürger_innen zu Wort, die ihr Sicher­heits­ge­fühl ver­let­zt sahen. Da diese Ein­wände aber auch regelmäßiger Bestandteil des Fra­genkat­a­logs von Einwohner_innenversammlungen sind, war die Stadt dur­chaus vor­bere­it­et, das Gefühl ein­er ver­meintlichen Bedro­hung ernst zu nehmen. Zwar hat­te es die Ver­samm­lungsleitung ver­säumt eine_n Vertreter_in der Polizei zu laden, kon­nte dafür aber die langjähri­gen Erfahrun­gen des Leit­ers der Gemein­schaft­sun­terkun­ft in Nord weit­ergeben. Dem­nach seien ihm keine größeren Kon­flik­te im Heim bekan­nt gewor­den. Im Gegen­teil, die Men­schen benehmen sich respek­tvoll untere­inan­der. Gefahr dro­he meis­tens eher von außer­halb zum Nachteil der dort Unterge­bracht­en, so der ehe­ma­lige Bran­den­burg­er Polize­ichef Nor­bert Langer­wisch, in ein­er Wort­mel­dung dazu. Dies­bezüglich bohrte dann noch ein­mal ein älter­er Herr nach und erkundigte sich, ob nun ähn­liche Szenar­ien wie in den bei­den säch­sis­chen Städten Fre­ital und Hei­de­nau dro­ht­en. Der­ar­tige Ten­den­zen hielt der momen­tane Heim­leit­er der Gemein­schaft­sun­terkun­ft in Bran­den­burg Nord jedoch zurzeit für eher unwahrschein­lich, warnte aber gle­ichzeit­ig vor neon­azis­tis­chen Aktivist_innen aus dem Bran­den­burg­er Umland. Ohne das The­ma aber noch weit­er auszudehnen, ergriff er vielmehr die Chance, um für die Unter­stützung der kün­ftig im Über­gang­sheim leben­den Men­schen zu wer­ben. Wichtig­ster Punkt war dabei, die Ver­mit­tlung von Deutschken­nt­nis­sen durch ehre­namtliche Lehrer_innen. Viele erkundigten sich nun auch nach Möglichkeit­en der Abgabe von Sach­spenden oder Inte­gra­tion in Vereine.
Ander­er­seits gab es aber auch weit­er­hin Wort­mel­dun­gen, welche die geplante Über­gang­sun­terkun­ft kri­tisch sahen. Ins­beson­dere im Hin­blick der gesund­heitlichen Ver­sorgung der Bevölkerung, da in Kirch­mös­er ange­blich nicht mehr so viele Ärzte prak­tizieren. Dem wider­sprach jedoch eine anwe­sende Ärztin, die auch im Namen ihrer Kol­le­gen sprach. 75 Men­schen zusät­zlich zu betreuen wäre für die Ärzte dem­nach kein Problem.
Neon­azis im Auditorium
Aus dem lokalen neon­azis­tis­chen Milieu waren übri­gens unge­fähr sechs bis sieben Sympathisant_innen erschienen, die sich unschein­bar klei­de­ten und während der Ver­anstal­tung im gesamten Saal verteil­ten. Zu nen­nenswerten Aktiv­itäten kam es aber nicht. Lediglich zwei Per­so­n­en dieser Gruppe stell­ten jew­eils eine Frage zum The­ma Sicher­heit, die ihnen auch beant­wortet wurde. Ob sie sich damit zufrieden geben wer­den, wird sich allerd­ings erst in den näch­sten Wochen zeigen.
Fotos: hier

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