30. November 2015 · Quelle: Presseservice

Brandenburg an der Havel: Nach Brandanschlag Zeichen gegen zunehmende Fremdenfeindlichkeit gesetzt

Polizeiliche Ermittlungen zur Brandursache laufen / Zunahme fremdenfeindlich motivierter Straftaten / Fremdenfeindlichkeit spürbar wie lange nicht mehr / Aktuelle Tendenzen im Brandenburger Neonazimileu


An ein­er Kundge­bung „gegen Frem­den­hass und geistige Brand­s­tiftung“ in Bran­den­burg an der Hav­el haben sich am frühen Abend, trotz strö­menden Regen, unge­fähr 50 Men­schen beteiligt. Sie waren dem Aufruf ein­er Ini­tia­tive zweier Einzelper­so­n­en gefol­gt, die mit dieser Ver­samm­lung ein Zeichen set­zen woll­ten. Hin­ter­grund war der mut­maßliche Bran­dan­schlag auf eine geplante Flüchtling­sun­terkun­ft in der ver­gan­genen Woche. Die Kundge­bung fand deshalb auch in unmit­tel­bar­er Nähe des Tatortes am Nico­laiplatz statt. Als Red­ner trat­en die bei­den Ini­tia­toren Chriss Kühnl und Sebas­t­ian Möck­el auf. Bei­de verurteil­ten die Tat, Kühnl zu dem auch expliz­it die, sein­er Mei­n­ung nach, dafür ver­ant­wortliche Het­ze bes­timmter poli­tis­ch­er Organ­i­sa­tio­nen. Sebas­t­ian Möck­el warnte zudem vor neon­azis­tis­chen Aktiv­itäten im Stadt­ge­bi­et von Bran­den­burg an der Hav­el und wider­sprach dabei deut­lich einem Bericht ein­er Lokalzeitung, dem­nach keine Szen­estruk­turen erkennbar wären. Erst wenige Stun­den vor dem Bran­dan­schlag, so hät­ten es ihm Anwohner_innen berichtet, soll eine Gruppe mut­maßlich­er Neon­azis durch die Alt­stadt gezo­gen sein. Diese solle auch ver­fas­sungswidrige Parolen skandiert haben, so Möck­el in sein­er Rede.
Polizeiliche Ermit­tlun­gen zur Bran­dur­sache laufen
Das momen­tan vom Brand betrof­fene, derzeit noch leer­ste­hende Gebäude am Nico­laiplatz war von der Stadt Bran­den­burg als Notun­terkun­ft für Flüchtlinge geplant. Gemäß Polizeiangaben vom 27. Novem­ber 2015 war das Feuer von einem Zeu­gen ent­deckt und anschließend von der Feuer­wehr gelöscht wor­den. Von den Flam­men betrof­fen soll jedoch nur der Rah­men eines Außen­fen­sters sein, möglicher­weise auch deshalb weil der Brand rechtzeit­ig ent­deckt wurde. Der polizeiliche Staatss­chutz (Dez­er­nat 2) der Polizei­di­rek­tion West habe inzwis­chen die Ermit­tlun­gen zum Ver­dacht der Brand­s­tiftung übernommen.Ein frem­den­feindlich­er Hin­ter­grund der mut­maßlichen Bran­dle­gung sei momen­tan nicht auszuschließen.
Zunahme frem­den­feindlich motiviert­er Straftaten
Lei­der war der mut­maßliche Bran­dan­schlag auch nicht der erste Ver­such in Bran­den­burg an der Hav­el mit gemeinge­fährlichen Mit­teln Flüchtlinge zu vertreiben bzw. ihre Unter­bringung in der Stadt zu ver­hin­dern. Bere­its am 25. Juli 2015 hat­te es vor der Woh­nung ein­er geflüchteten Fam­i­lie aus Inguschetien gebran­nt. Auch hier wurde der Brand schnell gelöscht und schlim­meres verhindert.
Wie aus ein­er Anfrage der Land­tagsab­ge­ord­neten Andrea Jolige (DIE.LINKE) vorge­ht, nah­men die Attack­en auf Flüchtlinge und deren Unterkün­fte auch lan­desweit zu. Allein von Juli bis Sep­tem­ber 2015 habe die Polizei dem­nach 51 dieser Straftat­en gezählt, von Jan­u­ar bis Juni 2015 waren es 26.Im gesamten Jahr 2014 wur­den allerd­ings „bloß“ 36 Angriffe auf Flüchtlinge und deren Unterkün­fte gezählt, 2013 sog­ar „nur“ 15.
Frem­den­feindlichkeit spür­bar wie lange nicht mehr
Neben den Straftat­en mit mut­maßlich frem­den­feindlichen Hin­ter­grund haben übri­gens auch die Ver­samm­lun­gen mit der­ar­tigem Charak­ter zugenom­men. Dies geht eben­falls aus der Anfrage der Land­tagsab­ge­ord­neten Jolige her­vor. Dem­nach haben Ver­anstal­tun­gen, die sich gegen Flüchtlinge und die Asylpoli­tik richt­en, von 61 im Jahr 2013, auf 130 im Jahr 2014 und bisher175 im laufend­en Jahr erhöht. Dabei wur­den auch die Ver­samm­lun­gen ver­meintlich­er „Bürg­erini­tia­tiv­en“, der „BraMM/PEGIDA“ und der „Alter­na­tive für Deutsch­land“ (AfD) berück­sichtigt. Für eine Vielzahl dieser Ver­samm­lun­gen sind aber nach wie vor ein­schlägige Neon­azis ver­ant­wortlich, die sich in der NPD, im „drit­ten Weg“ oder so genan­nten „Freien Kräften“ organisieren.
Aktuelle Ten­den­zen im Bran­den­burg­er Neonazimileu
Für die Stadt Bran­den­burg an der Hav­el ist eine ähn­liche Entwick­lung erkennbar. Allein fünf­mal zog im ersten Hal­b­jahr 2015 die ursprünglich von einem Repub­likan­er ini­ti­ierte „BraMM/PEGIDA“ durch die Havel­stadt, ein­mal kam die NPD und ein­mal der „dritte Weg“. Alle Drei eint ihre ablehnende Hal­tung gegenüber Flüchtlin­gen. Die schein­bare Aktiv­ität der genan­nten Organ­i­sa­tio­nen kon­nte jedoch nicht darüber hin­wegtäuschen, dass deren lokale Ver­ankerung nur bed­ingt vorhan­den ist. Der Stadtver­band der NPD ist schon seit Jahren inak­tiv, „drit­ter Weg“ und „BraMM“ haben über­haupt keine öffentlich erkennbaren Lokalgliederun­gen vor Ort. Den­noch sind sehr wohl aktive Einzelper­so­n­en und kleinere Grup­pen aus Bran­den­burg an der Hav­el bekan­nt, die regelmäßig an Ver­samm­lun­gen der genan­nten Organ­i­sa­tio­nen teil­nehmen. Beson­ders auf­fäl­lig war dies­bezüglich eine lose Gemein­schaft von fünf bis zehn Per­so­n­en, die in der Kon­stel­la­tion erst seit 2014 auftritt. Bei Aufmärschen und Kundge­bun­gen fällt diese Gruppe sowohl durch ein­heitlich gestal­tete Klei­dungsstücke mit der Auf­schrift „Divi­sion Bran­den­burg“ als auch zu ihrer Nähe zum „drit­ten Weg“ auf. Sie gilt fern­er nicht nur als aktion­saf­fin, son­dern tritt dur­chaus auch als gewalt­suchend auf. Am 20. Feb­ru­ar 2015 provozierten beispiel­sweise mehrere Mit­glieder dieser Gruppe, zu der u.a. auch der mehrfach vorbe­strafte Totschläger Sascha L. gehören soll, während eines Gedenkspazier­ganges für den 1996 von L. getöteten Punker Sven Beuter.
 Fotos: hier
 

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