In Brandenburg an der Havel versammelten sich wiederum mehrere hundert Menschen auf dem Neustädtischen Markt um gegen die ebenfalls dort angemeldete Veranstaltung der „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ (BraMM) zu protestieren. Am Aufzug der von den rechtskonservativen REPUBLIKANERn (REP) gelenkten Initiative beteiligten sich an diesem Montag ungefähr 100 Menschen, 50 weniger als bei ersten Veranstaltung am 26. Januar 2015. Trotz Aufruf der Veranstalter, von der „BraMM“-Demo fern zu bleiben, nahmen auch wieder 40 Neonazis teil.
Sächsische PEGIDA bleibt auf Distanz
Ungeachtet der offensichtlichen Imitierung der Dresdener Montagsdemonstrationen des vergangenen Jahres in Brandenburg an der Havel bleibt der Verein „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (PEGIDA) weiterhin auf Distanz zu ihrem Brandenburger Ableger. Die deutliche Einflussnahme einer Partei entspräche nicht den Vorstellungen der Veranstalter_innen der Märsche in Dresden. BraMM zeigte sich davon jedoch relativ unbeeindruckt, verzichtete stattdessen bei der Bewerbung ihrer heutigen Versammlung auf den Namenszusatz „PEGIDA“. Als Mobilisierungshilfe dürfte der Namen ohnehin nicht mehr benötigt werden, seit dem das sächsische Original durch Rücktritte und Spaltungsprozesse schwächelt.
Nährboden der extremen Rechten
Während die Sprachrohre der „frustrierten“ und nur um ihre „Meinung“ bemühten „Bürger_innen“ von der PEGIDA Führungsspitze also mehr oder weniger allein gelassen werden, sind die organisierten Parteien und Vereinigungen der extremen Rechten offenbar nun bestrebt das bestellte Feld zu ernten. Doch selbst die „REPUBLIKANER mit ihrem Landesvorsitzenden Heiko Müller sowie ihrem Jugendbeauftragten Andreas Jahnke als Hauptaushängeschilder der „BraMM“, dürften aufgrund der lokalen Personalschwäche der Partei und ihres geringen Einflusses in derzeitigen rechtskonservativen Parteienlandschaft nicht unbedingt die Hauptprofiteure ihrer eigenen Veranstaltung sein. Denn längst bilden Funktionäre und Sympathisant_innen der NPD und so genannter „freier Kräfte“ einen zahlenmäßigen nicht unerheblichen Anteil an der Brandenburger Demo. Die größten Neonazigruppen stammen dabei aus Brandenburg an der Havel, Bad Belzig, Rathenow und Premnitz. Von den bekannten NPD Funktionären, marschierten wieder die Abgeordneten André Schär und Pascal Stolle mit. Ebenfalls mit dabei war auch wieder Totschläger Sascha Lücke, der erst am letzten Montag einen verboten Gruß gezeigt haben soll. Ansonsten waren eher Neonazis aus der „zweiten Reihe“ anwesend, die in der Vergangenheit vor allem durch Gewalt- und Propagandadelikte auffielen. Auch heute bekannten sich diese Personen wieder recht offen zu ihrer Gesinnung. Eine Begleiterin von Sascha Lücke trug beispielsweise einen Pullover mit der Aufschrift: „NSBM – Töten für W.o.t.a.n.“ (NSBM steht für „National Socialist Black Metal“) und Martin K. aus Rathenow eine Mütze mit dem Slogan „Blod & Ära“ (die schwedische Aussprache für die verbotene Organisation „Blood & Honour“ bzw. der deutschen Inschrift „Blut und Ehre“ im HJ-Fahrtenmesser).
Immerhin war „BraMM“ durch eine zuvor auf ihrer Socialmedia-Präsenz verbreitete Erklärung bemüht im Vorfeld solche Personen von der Teilnahme an der Demo abzuraten, auch wurde ein einzelnes Schild mit einer schwarz-weiß-roten Fahne nicht im Aufzug zugelassen, jedoch im Hinblick auf die immer noch große Anzahl an Verstößen gegen die eigenen Auflagen blieben die Veranstalter gegenüber dem Neonaziblock wenig durchsetzungsfähig.
Pro Integration jetzt doch gegen Flüchtlinge?
Neben den üblichen Verdächtigen, die größtenteils bereits am vergangenen Montag, bei der ersten „BraMM“-Demo mitgelaufen sind, nahm heute auch eine bemerkenswerte Person, Regina R. aus Rathenow, teil. R. ist Mitglied der Rathenower „Bürgerinitiative Pro Integration – Contra Massenunterkünfte“, die im vergangenen Jahr vor allem durch Unterschriftenaktionen gegen das damals geplante, jüngst gebaute und inzwischen fertiggestellte Asylheim am Grünauer Weg in Rathenow, von sich reden machte. Angeblich ginge es der Bürgerinitiative, bei der auch zwei CDU Stadtverordnete mitmachen, hauptsächlich um eine Verhinderung von Containerunterkünften. Vorgeblich natürlich aus edlen Gründen, wie einer Verbesserung der Integration durch die alternative Anmietung von Wohnen. Allerdings haftete „Pro Integration“ schon immer der Geruch der Fadenscheinigkeit und – zumindest in bezug auf die Unterschriftenaktion – die Kooperation mit dem neonazistischen Milieu an, was diese jedoch vehement bestritten. Heute zeigte R., eine der bekanntesten Gesichter der Bürgerinitiative, sich jedoch ganz ungeniert auf der „BraMM“-Demo, wohlgemerkt einer Initiative der rechtskonservativen REPUBLIKANER, mit einem Schild und der offensichtlich gegen die derzeitige Asylpolitik gerichteten Aufschrift: „Macht erst mal das eigene Volk satt.“
Proteste lebhafter
Auch heute wurde natürlich auch gegen BraMM protestiert. Ungefähr 300 Menschen, darunter auch die Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU), kamen dazu zunächst auf einem etwas abseits gelegenen Teil des Neustädtischen Marktes zusammen und bekannten sich zu einem „bunten“ und „weltoffenen“ Brandenburg an der Havel.
Anschließend begaben sich ungefähr 200 Menschen in unmittelbarer Nähe der „BraMM“-Auftaktkundgebung und bekannten lautstark ihren Unmut über die Versammlung. Der Redebeitrag von Heiko Müller wurde zudem mit Pfiffen übertönt.
Trotzdem will „BraMM“ offenbar weitermachen und hat für den nächsten Montag eine weitere Demonstration angekündigt.
Fotos: hier
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