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Brandenburg schiebt trotzdem weiter ab

Am 6. Juli 2021 wur­den 27 Män­ner von Han­nover aus nach Kab­ul aus­ge­flo­gen, darunter ein­er aus dem Land Bran­den­burg. Diese 40. Sam­me­lab­schiebung nach Kab­ul seit 2016 fand am sel­ben Tag statt, an dem der Presse zu ent­nehmen war, dass über tausend Afghanis­che Sol­dat­en nach hefti­gen Kämpfen mit den mil­i­tan­ten Tal­iban ins benach­barte Tad­schik­istan fliehen mussten, um ihr Leben zu ret­ten. Nach UN-Dat­en mussten zwis­chen Anfang Mai und Ende Juni fast 84.000 Men­schen inner­halb Afghanistans vor den Kämpfen aus ihren Dör­fern und Städten fliehen. Seit dem Abzug der inter­na­tionalen Trup­pen aus Afghanistan über­schla­gen sich die Mel­dun­gen über neue kriegerische Auseinan­der­set­zun­gen und die Eroberung weit­er­er Gebi­ete durch die Tal­iban-Miliz. Trotz dieser des­o­lat­en und sich laufend zus­pitzen­den Sicher­heit­slage hält die Bun­desregierung an ihrem harten Kurs fest und schiebt – seit Dezem­ber 2020 fast monatlich – Men­schen aus Afghanistan in ihr Herkun­ft­s­land ab.

Unter den Per­so­n­en, die Anfang Juli abgeschoben wurde, ist auch ein 36-Jähriger aus Bran­den­burg, wie dem Flüchtlingsrat Bran­den­burg auf Anfrage bestätigt wurde. „Wir sind schock­iert, dass die bran­den­bur­gis­che Lan­desregierung nicht ein­mal angesichts der aktuellen drama­tis­chen Entwick­lun­gen in Afghanistan bere­it ist, eine human­itäre Hal­tung einzunehmen und min­destens für den Moment einen Abschiebestopp zu ver­hän­gen. Wie viel Gewalt, Elend und Not braucht es denn noch, bis sich ein Lan­desin­nen­min­is­teri­um dazu bequemt, seine Abschiebeprax­is zu über­denken und Men­schen­rechte vor innen­poli­tis­che Kalküle zu stellen?“ kri­tisiert Vin­cent da Sil­va vom Flüchtlingsrat Brandenburg.

Von offizieller Seite wird zwar stets darauf ver­wiesen, dass ‚nur‘ soge­nan­nte Straftäter und Gefährder sowie Mitwirkungs- und Inte­gra­tionsver­weiger­er abgeschoben wer­den. Wer jedoch im Einzelfall darunter gezählt wird, ist – abge­se­hen davon, dass sich der bran­den­bur­gis­che Flüchtlingsrat generell klar gegen Abschiebun­gen ausspricht – sein­er Mei­n­ung nach in eini­gen konkreten Fällen mehr als frag­würdig. Im Feb­ru­ar 2021 wurde ein San­itäter, der gern hier gear­beit­et hätte, als ange­blich­er Inte­gra­tionsver­weiger­er aus Bran­den­burg nach Kab­ul abgeschoben. Und laut Bay­erischem Flüchtlingsrat saß am 6. Juli ein junger Mann an Bord des Abschiebe­fliegers, der ein Aus­bil­dungsplatzange­bot in der Altenpflege hat. Der ange­hende Pfleger wurde als „Straftäter“ abgeschoben. Sein Verge­hen – wofür er auch bere­its längst eine Geld­strafe bezahlt hat: Fahren ohne Fahrerlaubnis.

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