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Antifaschismus

Dossier: Bruderschaft Wolfsschar

Der Brud­er­schaft Wolf­ss­char gehören knapp 20 Per­so­n­en an. Es gibt inzwis­chen auch Ableger in Berlin und Sach­sen-Anhalt. Sie insze­niert sich als parteiun­ab­hängige Neon­azi-Gemein­schaft. Mehrere Akteure der Brud­er­schaft haben aber auch eine Biogra­phie in der NPD. Dazu gehört zum Beispiel Wort­führer Siegfried Pauly. 2011 trat er der NPD in Frank­furt (Oder) bei.

Während eines zeitweisen Wohnortwech­sels nach Baden-Würt­tem­berg stieg der Beruf­skraft­fahrer mit den Hob­bies „Poli­tik“ und „Box­en“ in den dor­ti­gen Lan­desvor­stand der Partei auf. 2016 kan­di­dierte Pauly erfol­g­los für ein Man­dat im würt­tem­ber­gis­chen Land­tag. 2017 wurde er nach einem Faustschlag gegen einen Jugendlichen in Sin­gen zu mehreren Monat­en Gefäng­nis verurteilt. Danach zog Pauly zurück nach Frank­furt (Oder).

Ein weit­er­er Partei­funk­tionär in den Rei­hen der „Wolf­ss­char“ ist Jens Czer­s­ki aus Magde­burg. Er ist Beisitzer im Lan­desvor­stand der NPD Sachsen-Anhalt.

Zwis­chen Kam­er­ad­schaft und Out­law Gang

Recht­sex­treme Brud­er­schaften ori­en­tieren sich häu­fig an den hier­ar­chis­chen Organ­i­sa­tion­sprinzip­i­en von Out­law Motor­cy­cle Gangs. Nach außen hin soll die Zuge­hörigkeit zu einem elitären Zirkel angedeutet wer­den. Aus­druck der hier­ar­chis­chen Ran­gord­nung sind bes­timmte Hin­weise auf der ein­heitlich getra­ge­nen Kleidung.

Bei der Wolf­ss­char ist dies durch unter­schiedliche Klei­dungsauf­drucke zumin­d­est ansatzweise erkennbar. Jedoch erscheint ihre Hier­ar­chie nach außen hin rel­a­tiv flach. Es wird dort beispiel­sweise lediglich zwis­chen ein­fachen Gemein­schaft­szuge­höri­gen, die T‑Shirts mit den Sek­tion­sauf­druck­en „Bran­den­burg“, „Berlin“ und „Magde­burg“ tra­gen, sowie dem „Sup­port“ unterschieden.

In manchen „Brud­er­schaften“ ist die Hier­ar­chie etwas stram­mer, zum Beispiel bei der mit der Wolf­ss­char ver­bun­de­nen Brigade 8 – Sek­tion Mittel/Elbe. So wird dort zwis­chen dem „Krieger“ und dem „Anwärter“ unter­schieden. Darüber hin­aus gibt es den „Unter­stützer“, welch­er dem „Sup­port“ bei der Wolf­ss­char ähnelt.

Viele recht­sex­treme Brud­er­schaften sind langfristig konzip­iert und existieren teil­weise über Jahrzehnte. Die Aryan Broth­er­hood (Arische Brud­er­schaft) in den USA ist beispiel­sweise bere­its seit den 1960er Jahren aktiv. Die im Stil ein­er Out­law Motor­cy­cle Gang organ­isierte Ari­oger­man­is­che Kampfge­mein­schaft der Van­dalen aus Berlin (Ost) existiert seit 1982.

Zum Bre­it­en­phänomen inner­halb des recht­sex­tremen Milieus der Bun­desre­pub­lik wur­den „Brud­er­schaften“ aber erst in den 2010er Jahren. Diese Entwick­lung ste­ht im Zusam­men­hang mit dem Nieder­gang der freien Kam­er­ad­schaften. In eini­gen Fällen erset­zt das noch rel­a­tiv unver­brauchte Label „Brud­er­schaft“ aber auch bloß den unat­trak­tiv gewor­de­nen Kameradschaftsbegriff.

Auch bei der Wolf­ss­char sind deut­liche Ähn­lichkeit­en zum klas­sis­chen Kam­er­ad­schaftsm­i­lieu erkennbar. Über­schnei­dun­gen gibt es vor allem in ihren Aktionsfeldern.

Anspruch: Ord­nungs­macht mit Kümmereroption

Haup­tak­tions­feld der Wolf­ss­char ist, wie bei den freien Kam­er­ad­schaften, die Ver­anstal­tung von Aufmärschen. Erst­mals gab sich die Brud­er­schaft während eines Neon­azi-Auf­marsches am 12. Juni 2021 in Dessau-Roßlau zu erken­nen – ins­beson­dere durch das ein­heitliche Tra­gen ihrer Gemeinschaftsshirts.

Der erste eigene Auf­marsch der Wolf­ss­char ist für den 17. Juli 2021 geplant. Ver­samm­lung­sort soll Frank­furt (Oder) sein – das Hauptwirkungszen­trum der Brud­er­schaft. Dort möchte sie ver­meintlichen „Linkster­ror­is­mus“ und „Kindesmiss­brauch“ bekämpfen. Hierin zeigt sich der Anspruch der Wolf­ss­char als Ord­nungs­macht. Dabei wer­den bewusst polar­isierende The­men gewählt, welche eine gewisse gesellschaftliche Anschlussfähigkeit bieten und im weit­eren Ver­lauf ein Ein­fall­stor für radikale Forderun­gen bilden könnten.

Im Sinne ihres angestrebten Wirkens in die Gesellschaft hinein ver­sucht die Wolf­ss­char, auch milieuüber­greifend an andere demokratiefeindliche anti­demokratis­che Protest­be­we­gun­gen anzu­dock­en. Am 3. Juli 2021 beteiligte sich die Brud­er­schaft zum Beispiel in Berlin an ein­er Ver­samm­lung ver­schieden­er Split­ter­grup­pen aus dem PEGIDA‑, Reichsbürger‑, Hooli­gan- und Quer­denken-Milieu. Die Ver­sam­melten forderten gemein­sam den Rück­tritt der Bun­desregierung. Die Wolf­ss­char zeigte während der Ver­anstal­tung schwarz-weiß-rote Reichsfahnen.

In einem Inter­view mit ein­er YouTu­berin sagte Siegfried Pauly anschließend, dass „jed­er Wider­stand für Deutsch­land“ eine Aktion sei, welch­er die Brud­er­schaft fol­gen sollte. Ziel sei es, so Pauly im Ton eines Küm­mer­ers weit­er, füreinan­der und „für den Bürg­er“ da zu sein. Seine Art der Wort­wahl und seine medi­en­wirk­same Selb­stin­sze­nierung erin­nern an Auftritte der NPD, für die Pauly par­al­lel zu sein­er Funk­tion als Wort­führer der Wolf­ss­char auch weit­er­hin aktiv ist. Im Mai 2021 verteilte er Info­post der Partei. Am 19. Juni 2021 betreute Pauly zusam­men mit ein­er weit­eren Per­son aus dem Wolf­ss­char-Sup­port einen Info­s­tand der NPD Frank­furt Oder. Die NPD bemüht sich zurzeit um Unter­stützung­sun­ter­schriften für den Antritt zur Bun­destagswahl im Sep­tem­ber 2021.

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