Pflanzen sind gegen den Schädling Maiszünsler resistent / Bauern fürchten Imageschaden
POTSDAM Die Zeit ist reif für den Mais. In diesen Tagen bringen Brandenburgs Bauern die Saat für die Pflanzen mit den charakteristischen Kolben aus. Der aus südlichen Gefilden stammende Mais ist längst in der Mark heimisch geworden und wird hier auf rund 21 000 Hektar angebaut.
Doch in diesem Jahr ist alles anders als sonst. Denn erstmals wird in einigen Regionen Mais als Viehfutter angebaut, dessen Erbgut zuvor im Labor verändert worden ist. Beim Standortregister der Bundesanstalt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit waren Anfang des Jahres bundesweit 1000 Hektar für den Anbau von Gen-Mais angemeldet worden — die Hälfte davon in Brandenburg. Angesichts einer bundesweiten Maisanbaufläche von 1,7 Millionen Hektar sei das zwar wenig, sagt Henning Strodthoff, Gentechnik-Experte der Umweltorganisation Greenpeace, es sei aber der erste Schritt, die umstrittene “grüne Gentechnik” in Deutschland zu etablieren.
Mittlerweile sind die ersten angemeldeten Flächen zurückgezogen worden. So hat ein Landwirt aus Guben (Spree-Neiße), der auf 80 Hektar Genmais anbauen wollte, auf Druck der Kirche darauf verzichtet. “Es gibt eine schriftliche Erklärung unseres Pächters, keinen Gen-Mais anzubauen”, sagt Matthias Berndt, Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Region Guben, die dem Bauern das Land verpachtet hat. Die Landessynode habe bereits 2001 beschlossen, dass auf Kirchenland kein Genmais gepflanzt werden darf, solange die Wirkungen auf die Umwelt nicht ausreichend erforscht seien.
Das umstrittene Saatgut des US-Konzerns Monsanto mit der Handelsbezeichnung Mon-810 ist seit 1998 EU-weit für den Einsatz als Futter- und Lebensmittel zugelassen. Der Mais ist gegen den so genannten Maiszünsler resistent, eine Motte, die bis zu 30 Prozent der Ernte vernichten kann und sich frühzeitig im Stängel der Maispflanze einnistet, wo Pflanzenschutzmittel nicht mehr wirken. Deshalb wurde im Monsanto-Labor ein Gen eines Bodenbakteriums eingeschleust, das im Stängel ein Eiweiß produziert, das den Zünsler tötet. Dass dadurch auch harmlose Schmetterlinge gefährdet sind, streitet Monsanto-Sprecher Andreas Thierfelder gar nicht erst ab. Allerdings gelte das für den Einsatz herkömmlicher Pflanzenschutzmittel genauso. Für den Bauern habe der Gen-Mais den Vorteil, dass er höhere Erträge habe und mit weniger Pflanzenschutzmitteln auskomme. Dafür müsse er etwa 25 Prozent mehr als für herkömmliches Saatgut zahlen.
Dafür, dass in Brandenburg der meiste Gen-Mais angebaut wird, im Maisland Baden-Württemberg aber gar keiner, hat Thierfelder eine einfache Erklärung. Im Süden habe die negativ belegte Diskussion über die Gentechnik “deutliche Spuren bei den Landwirten hinterlassen”. Im Klartext: Dort machen nicht genug Bauern mit. In Brandenburg hat Monsanto sich einen Partner ins Boot geholt, um die Bedenken zu zerstreuen. Der Futtermittelhersteller Märka GmbH in Eberswalde (Barnim) bietet an, die Maisernte aller Felder in der Nachbarschaft von Gen-Bauern zu marktüblichen Preisen zu kaufen. “Wir wollen damit die fortschrittlich denkenden Bauern unter unseren Kunden unterstützen”, sagt der Saatgut-Experte der Märka, Dirk Gerstenkorn. Der Gen-Mais werde separat geerntet und getrennt von konventionellem oder ökologisch erzeugtem Mais gelagert.
Eigentlich aber, beteuern Monsanto und Märka, sei dieser Aufwand nicht nötig. Ein von der Universität Halle-Wittenberg begleiteter Versuch habe ergeben, dass in einem Maisfeld keine Spuren von nebenan angebautem Gen-Mais festzustellen seien, wenn zwischen beiden Äckern ein Sicherheitsabstand von 20 Metern liege. Alle Bauern müssten nur diesen Abstand einhalten, so Thierfelder.
Jens Gerloff, Landwirt in Teetz (Ostprignitz-Ruppin) und Vorstandsmitglied des Bauernbundes Brandenburg, hält das für unrealistisch. “Das funktioniert vielleicht unter einer Glasglocke”, sagt Gerloff, der auf 50 Hektar konventionellen Mais anbaut. In der Realität aber könne schon ein Vogel für eine breitere Verteilung sorgen. Dem Image der Landwirtschaft schade der Gen-Mais nur, sagt Gerloff. “Die überwiegende Mehrzahl der Verbraucher will das nicht.” Vor allem aber sei ohnehin schon genug Gentechnik im Futtertrog. So komme ein konventionell wirtschaftender Betrieb kaum ohne Soja aus, das heute schon zu 90 Prozent genverändert sei.
Im wichtigsten Maisanbaugebiet Brandenburgs, dem Oderbruch, spaltet der Gen-Mais die Bauernschaft. “15 Prozent unserer Mitglieder sind strikt dagegen, 15 Prozent eindeutig dafür”, sagt der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Märkisch-Oderland, Henrik Wendorff. Er selbst lehne als praktizierender Öko-Landwirt die Gentechnik ab, weil ihre Auswirkungen nicht ausreichend wissenschaftlich erforscht seien. Man müsse aber anerkennen, dass der Maiszünsler im Oderbruch ein Problem darstelle. Zugelassene Pflanzenschutzmittel gebe es in Deutschland nicht und biologische Methoden seien unzuverlässig.
http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10483132/485072/