Am 4. Oktober erreicht der aus Bayern kommenden Protestmarsch der Flüchtlinge nach über 500km Fußmarsch Potsdam. Potsdamer Initiativen, Brandenburger Flüchtlingsselbstorganisationen und Flüchtlinge begrüßen den Protestmarsch in der Flüchtlingsunterkunft und im Kulturzenrum ‘Freiland’. Brandenburger Flüchtlingsselbstorganisationen teilen die Forderungen des Protestmarsches und stellen auf Brandenburg bezogene Forderungen an den Landtag. Am 5. Oktober wird der Protestmarsch von einer Demonstration begleitet nach Berlin aufbrechen und auf der Glienicker Brücke von Berliner Flüchtlinge und AktivistInnen begrüßt werden.
DIE GEPLANTEN AKTIONEN:
Pressegespräch der Flüchtlingsselbstorganisationen ‘Flüchtingsinitiative Berlin-Brandenburg’, ‘Women in Exile’, ‘Migrants World’ und ‘Refugees’ Emancipation’ zur Situation von Flüchtlingen in Brandenburg
Donnerstag, 4. 10. 11.00 Uhr, Büro Refugees’ Emancipation, Dortustr. 46, Potsdam
Begrüßung des Protestmarschs durch Potsdamer Flüchtling
Donnerstag 4.10. 16.00, Flüchtlingsheim Schlaatz An der alten Zauche 2 b
‘Volksküche’ und Bericht vom Marsch Donnerstag 4.10. 20.00, Freiland e.V. F.-Engels-Str. 22
Übergabe des Memorandums mit den Forderungen der Brandenburger Flüchtlingsselbstorganisationen an den Landtag Brandenburg Freitag, 5. 10. 10.00 Uhr, Landtag Brandenburg, Brauhausberg
Demonstration zur Begleitung des Flüchtlingsprotestmarsches zur Glienicker Brücke dort Begrüßung durch Berliner AktivistInnen Freitag, 5. 10. 11.00 Uhr Freiland e.V.Friedrich-Engels-Str. 22
DER PROTESTMARSCH DER FLÜCHTLINGE
Begonnen hatte die Protestwelle in Würzburg, wo im Januar ein Flüchtling aus dem Iran sich das Leben nahm, weil er das Leben in der Isolation eines Flüchtlingslagers nicht mehr aushielt. Seine Freunde beschlossen, den Lagern, die sie krankmachen, den Rücken zu kehren, und im Freien zu kampieren und in Protestzelten gegen die deutschen Asylgesetze zu demonstrieren. Mit Hungerstreiks wollten sie auf die Verletzung der Menschenwürde aufmerksam machen, im Besonderen gegen die Residenzpflicht, die in Bayern den Aufenthalt von Flüchtlingen auf den Regierungsbezirk einengt, sowie gegen den Zwang, in Lagern zu wohnen, nicht wie Deutsche in Wohnungen. Und gegen alle anderen Asylgesetze, die zu ihrer Abschreckung beschlossen wurden. Doch die bayerische Landesregierung zeigte kein Einlenken. So beschlossen sie, ihren Protest nach Berlin zu tragen, dahin, wo die Bundesgesetze gemacht werden, die sie aus dem Land treiben sollen.
Am 8. September begann ihr Fußmarsch von Würzburg nach Berlin. Bewusst ignorierten sie die Landkreisgrenzen, die ihrer Bewegungsfreiheit im Wege stehen, und brachen die »Residenzpflicht«, die in Deutschland nur für Flüchtlinge gilt. Sie setzen sich so der Strafverfolgung aus, bis hin zu Gefängnisstrafen. Ihr Marsch ist ein Akt des »zivilen Ungehorsams«, der Gesetze bricht, die ungerecht sind.
An jeder Station besuchten sie Flüchtlingslager, sprachen mit BewohnerInnen und luden sie ein zum Marsch auf Berlin. Der harte Kern, ursprünglich 19 fest Entschlossene, hat sich ab Wittenberg auf etwa 40 Flüchtlinge erhöht. Unterstützt werden sie von ca 20 AktivistInnen, die mit Transportern vorausfahren, Zelte aufbauen und für sie kochen. Am Sonntag erreichten sie Brandenburg.
Die Aktionen in Potsdam
Ziel des Protestmarsches ist es, anderen Flüchtlingen Mut zu machen, für ihre Rechte einzutreten. In Potsdam sprang der Funke über. Brandenburger Flüchtlingsorganisationen entschlossen sich nach einem Treffen mit Teilnehmern des Marsches spontan, dass sie eigene Aktivitäten entfalten wollen. Die Potsdamer Initiative »Refugees’ Emancipation«, »Women in Exile«, eine in ganz Brandenburg aktive Organisation von Flüchtlingsfrauen und die seit Langem aktive »FIBB« (Flüchtlingsinitiative Berlin/Brandenburg) werden am Freitag ein Memorandum mit ihren Forderungen an den Brandenburger Landtag übergeben. Um das Memorandum näher vorzustellen und einzelne Flüchtlinge aus Brandenburg selbst über ihre Lage berichten zu lassen, laden die Brandenburger Flüchtlingsselbstorganisationen zu einer Pressekonferenz ein.
Eine Stunde nach der Übergabe des Memorandum, um 11 Uhr, bricht der Protestmarsch vom Freiland zur Glienicker Brücke auf, mit einer Demonstration, zu der alle, die sich solidarisieren möchten, eingeladen sind. Dort, wo früher die Mauer stand und Agenten ausgetauscht wurden, wo noch heute die für Deutsche unsichtbare, aber für manche Flüchtlinge nach wie vor mit Strafandrohung bewehrte Grenze zwischen Brandenburg und Berlin besteht, werden sie von Flüchtlingen und UnterstützerInnen aus Berlin empfangen. Dann geht es über das »Otto-Suhr-Institut« in Dahlem weiter zum Oranienplatz, dem Endpunkt des Marsches, wo bereits am »Tag der deutschen Einheit« die Zelte aufgebaut werden.