(Andrea Beyerlein) In Brandenburg können Asylbewerber künftig wieder Bargeld statt Sachleistungen erhalten. Einem entsprechenden Vorstoß von Sozialminister Günter Baaske (SPD) stimmte das Kabinett am Dienstag überraschend zu. Damit ist ein umstrittener Runderlass von 1994 nicht mehr gültig. Danach durften in Brandenburg Asylbewerbern nur Sachleistungen erhalten. Künftig könne jeder Landkreis und jede kreisfreie Stadt selbst entscheiden, ob nach der bundesgesetzlich vorgeschriebenen Frist von drei Jahren an Sachleistungen festgehalten oder Bargeld ausgezahlt werde, sagte Baaske der Berliner Zeitung.
Gegen den von der verstorbenen Sozialministerin Regine Hildebrandt (SPD) verantworteten Erlass waren Flüchtlingsorganisationen und Kirchen Sturm gelaufen. In den vergangenen beiden Jahren hatten mehrere Kreistage und Stadtverordnetenversammlungen ein Abweichen von der rigiden Brandenburger Linie gefordert, darunter auch die Stadt Potsdam mit ihrem damaligen Oberbürgermeister Matthias Platzeck (SPD) und der Kreis Potsdam-Mittelmark, wo Baaske als Sozialdezernent einen Kurswechsel befürwortete. Der Landrat von Potsdam-Mittelmark, Lothar Koch (SPD), kündigte am Dienstag bereits an, er wolle am Sachleistungsprinzip festhalten — trotz des gegenteiligen Votums seines Kreistages.
Baaske sagte, die Kommunen könnten die Lage selbst am besten beurteilen. Da ihre Entscheidungsfreiheit erst nach drei Jahren einsetze, sehe er in der danach möglichen Auszahlung von Bargeld “kein Lockmittel”. Die Praxis in den meisten anderen Bundesländer sei ähnlich. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) nannte die Entscheidung einen Beitrag, um Entscheidungskompetenzen zu dezentralisieren.
Siehe auch den Artikel in den PNN vom 10.1.: