In den letzten Monaten war es ruhig geworden um den Brandenburger Verfassungsschutz – hat er sich doch in den letzten Jahren immer wieder durch öffentliche Diskreditierungen von Einzelpersonen oder linksalternativen Initiativen hervorgetan. Vor einigen Tagen zeigte sich jedoch, dass sich die gängige Praxis des Brandenburger Verfassungsschutzes nicht wesentlich geändert hat. In seiner Meldung vom 10. Dezember diffamiert er den Förderverein innovativer Wohn- und Lebensformen e.V. (Inwole). Unter dem Titel „Autonome mobilisieren für gewalttätige Auseinandersetzungen in Kopenhagen“ unterstellt er dem Inwole „linksextreme“ Tendenzen, weil auf der Internetseite des Vereins ein Aufruf zu Protestaktionen gegen den Klimagipfel in Kopenhagen verlinkt war.
Leider hat diese Meldung des brandenburgischen Verfassungsschutzes Folgen, deren Reichweite bisher noch nicht abzusehen ist. Am 12. Dezember erschien in der Zeitung Potsdamer Neueste Nachrichten (PNN) ein Artikel von Thomas Metzner und Henri Kramer, in dem die Autoren die Einschätzungen des Verfassungsschutzes unhinterfragt übernehmen.1 Unter dem Titel „Aurufe zur Gewalt – gefördert von Bund und EU“ unterstellen sie dem Inwole, zu gewalttätigen Auseinandersetzungen auf dem Kopenhagener Klimagipfel zu mobilisieren. Besonders pikant wird der Artikel dadurch, dass er nicht vergisst darauf zu verweisen, dass das Inwole aus Bundesmitteln und von der EU finanziell gefördert wird. Bisher ist völlig unklar, ob der Verfassungsschutz das Veröffentlichungsdatum seines Berichtes bewusst gewählt hat. Es war jedoch öffentlich bekannt, dass der Verein Inwole in dieser Woche eine wichtige Förderentscheidung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erwartet.
Hätten sich Thomas Metzner und Henri Kramer die Mühe gemacht, nur ein wenig zu recherchieren, worin die Aktivitäten und das Selbstverständnis des Inwole bestehen, so wären sie schnell darauf gekommen, dass die Unterstellungen des brandenburgischen Verfassungsschutzes nicht haltbar sind. Der Inwole e.V. ist ein linksalternatives Projekt, das sich mit seinem Mehrgenerationenhaus und vielen weiteren Projekten für eine gerechtere Gesellschaft engagiert. Der Verein setzt sich ein für ein soziales Miteinander, das Vorurteile auf Grund von Alter, Geschlecht oder sozialer Herkunft überwindet. Jedes Jahr arbeiten mehrere Jugendliche als Europäische Freiwillige in dem Projekt. Regelmäßig organisiert das Inwole internationale Begegnungen. Kontinuierlich unterstützt es wichtige soziale und politische Initiativen, wie z.B. den Flüchtlingsrat Brandenburg. Auf dem Hof und in der Werkstatt können sich Jugendliche in praktischen Fertigkeiten ausprobieren. Als linker Jugendverband aus Brandenburg wissen wir, wie wichtig all diese Tätigkeiten sind. In den letzten Jahren haben wir immer wieder von der ergebnisreichen Zusammenarbeit mit dem Inwole profitiert – sowohl in unserer politischen Bildungsarbeit, als auch in unserem Engagement für eine solidarische und gerechte Gesellschaft. Aus unseren eigenen Aktivitäten wissen wir, dass das Inwole ein wichtiges Projekt ist, welches ein unabdingbares Gegengewicht zu rechten Einstellungen in Brandenburg bildet.
Dass sich mittlerweile auch die Mehrheit der brandenburgischen Bevölkerung gegen konservative und rechte Tendenzen ausspricht, haben die Landtagswahlen in diesem Herbst gezeigt. Dass sich Personen wie Sven Petke von der CDU nicht sonderlich erfreut darüber zeigen, ist nicht weiter verwunderlich. Es erstaunt uns auch nicht, dass Sven Petke den Bericht des Verfassungsschutzes nutzt, um linksalternative Projekte in Brandenburg zu diskreditieren, wenn er im besagten PNN Artikel mit der Vermutung zitiert wird, dass der Linksextremismus in Brandenburg auf dem Vormarsch sei.
Erfreulich finden wir ein solches Verhalten jedoch keineswegs. Vielmehr betrachten wir dies als den Versuch, linke Projekte und ihr soziales Engagement für eine gerechtere und solidarische Gesellschaft bewusst zu kriminalisieren. Mit Blick auf die Neuausrichtung des Bundesfamilienministeriums erfüllt uns diese Tendenz mit Sorge. Denn mittlerweile ist öffentlich bekannt, dass die neue Bundesfamilienministerin Kristina Köhler (CDU) die finanziellen Mittel, die bisher allein der Bekämpfung des Rechtsextremismus dienten, auch darauf verwenden will, „Linksextremismus“ und „Islamismus“ einzudämmen. Ganz konkret heißt dies, dass Projekten, die gegen Rechtsextremismus arbeiten oder sich linksalternativ engagieren, die finanziellen Mittel gekürzt werden.
Nach der Abwahl der CDU und somit auch Jörg Schönbohms als ehemaligen Innenminister Brandenburgs war zu hoffen, dass der unseriöse Arbeit des brandenburgischen Verfassungsschutzes Einhalt geboten würde. Die öffentliche Diskreditierung des Inwole macht jedoch deutlich, dass dem nicht so ist. Wir fordern daher den neuen Innenminister Rainer Speer (SPD) dazu auf, den Verfassungsschutz endlich in seine Schranken zu weisen, sodass er linksalternative Projekte nicht in ihrer Arbeit behindert oder gar in ihrer Existenz bedroht.
www.jdjl-brandenburg.de