Landes-Verfassungsschutz droht neuer Ärger
V‑Mann-Führer von Toni S. im Kreuzfeuer
(LR, 24.5.) Dem Bran denburger Verfassungsschutz droht neuer Ärger. Nach Informationen
der RUNDSCHAU will die Cottbuser Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren
gegen einen Verfassungsschutz-Beamten nur dann einstellen, wenn dieser eine
Geldauflage zahlt. Der Beamte hatte den V‑Mann Toni S.
geführt, den das Berliner Landgericht im November 2002 wegen der Beteiligung
am Vertrieb rechtsextremer CDs mit Mordaufrufen zu einer zweijährigen
Bewährungsstrafe verurteilt hatte.
Gegen den V‑Mann-Führer von Toni S. ermittelt die Cottbuser
Staatsanwaltschaft seit Herbst 2002 wegen des Verdachts der versuchten
Strafvereitelung. Der
Beamte soll den V‑Mann vor einer Razzia der Cottbuser Staatsanwaltschaft
gewarnt haben, die im März 2002 stattfand.
Müsste der Beamte die Geldauflage zahlen, käme dies nach Ansicht
Brandenburger Sicherheitskreise dem Eingeständnis gleich, der Verfassungsschutz habe
sich nicht korrekt verhalten und sei mitverantwortlich für die Straftaten des
V‑Manns. Der Fall Toni S. verursachte im vergangenen Jahr erheblichen Wirbel
und schweren Streit zwischen Berlin und Brandenburg.
Das Potsdamer Justizministerium wird in Kürze entscheiden, ob die Cottbuser
Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den V‑Mann-Führer gegen Zahlung einer
Geldauflage einstellen kann. Die Alternative wäre eine Anklage gegen den
V‑Mann-Führer. Der Verfassungsschutz hat in der Vergangenheit beteuert, der
Beamte habe korrekt gehandelt.
Zurzeit steht Brandenburgs Verfassungsschutz wieder in der Kritik, da ein
anderer V‑Mann im Februar 2001 eine geplante Razzia der Potsdamer Polizei an
einen Neonazi verriet.
Bundesjustizministerium will Auskunft in V‑Mann-Affäre
Rolle eines Bundesanwalts soll aufgeklärt werden
(LR 23.05) Das Bundesjustizministerium schaltet sich in die Brandenburger V‑Mann-Affäre
ein.
Nachdem am Mittwoch ein Bundesanwalt in Verdacht geraten war, er habe sich
an der Vertuschung der Affäre beteiligt, sei umgehend bei Generalbundesanwalt
Kay Nehm ein Bericht angefordert worden, sagte gestern die Sprecherin des
Ministeriums, Eva Schmierer. Sie betonte, das Ministerium lasse sich “umfänglich
und detailliert” aus Karlsruhe berichten.
Unterdessen hat sich Generalbundesanwalt Nehm gegen Vorwürfe wegen einer
angeblichen V‑Mann-Affäre in Brandenburg zur Wehr gesetzt. “Die
Bundesanwaltschaft soll zum Sündenbock für Pannen des Landes Brandenburg gemacht
werden”,
sagte gestern seine Sprecherin Frauke-Katrin Scheuten.
Bundesanwalt Wolfgang Siegmund soll, wie die RUNDSCHAU berichtete,
frühzeitig gewusst haben, dass im Februar 2001 ein V‑Mann des
Landes-Verfassungsschutzes eine geplante Razzia an einen Neonazi verraten hatte.
Doch erst vor zwei
Wochen informierte Siegmund die Potsdamer Staatsanwaltschaft. Diese leitete
ein Verfahren ein “wegen des Verdachts, aus Branden burger Sicherheitsbehörden
seien im Februar 2001 Dienstgeheimnisse verraten worden.
Der Verdacht gegen den Bundesanwalt hatte heftige Reaktionen ausgelöst.
Politiker der Bundestagsfraktionen von SPD, CDU/CSU und FDP sowie aus dem
Vorstand der Grünen verlangten Aufklärung. Die Bundesanwaltschaft hatte am Mittwoch
nur mitgeteilt, es habe im Februar 2001 keinen “Sachverhalt” gegeben, der zur
“Einschaltung der zuständigen Landesstaatsanwaltschaft hätte Anlass geben
müssen”.
Zeitung: Bundesjustizministerium schaltet sich in V‑Mann-Affäre ein
(MOZ, 23.5.) Potsdam (ddp-lbg). Das Bundesjustizministerium schaltet sich nach einem
Bericht der Zeitung «Der Tagesspiegel» (Freitagausgabe) in die Brandenburger
V‑Mann-Affäre ein. Nachdem am Mittwoch ein Bundesanwalt in Verdacht geraten war,
sich an der Vertuschung der Affäre beteiligt zu haben, sei umgehend bei
Generalbundesanwalt Kai Nehm ein Bericht angefordert worden, sagte
Ministeriumssprecherin Eva Schmierer. Nach ihren Angaben lässt sich das Ministerium
«umfänglich und detailliert» aus Karlsruhe berichten.
Bundesanwalt Wolfgang Siegmund soll laut Blatt frühzeitig gewusst haben,
dass im Februar 2001 ein V‑Mann des Brandenburger Verfassungsschutzes eine
geplante Polizei-Razzia an einen Neonazi verraten hatte. Doch erst vor zwei Wochen
habe er die Potsdamer Staatsanwaltschaft informiert. Diese hatte wegen des
Verdachts, wonach aus Brandenburger Sicherheitsbehörden im Februar 2001
Dienstgeheimnisse verraten worden seien, ein Verfahren eingeleitet.
Der Verdacht gegen den Bundesanwalt hatte heftige Reaktionen ausgelöst.
Politiker der Bundestagsfraktionen von SPD, Union und FDP sowie aus dem Vorstand
der Grünen verlangten Aufklärung. Vize-Unionsfraktionschef Wolfgang Bosbach
will den Fall im Innenausschuss des Bundestages zur Sprache bringen. Die
Bundesanwaltschaft hatte am Mittwoch laut Zeitung nur mitgeteilt, es habe im
Februar 2001 keinen «Sachverhalt» gegeben, der zur «Einschaltung der zuständigen
Landesstaatsanwaltschaft hätte Anlass geben müssen».
Nehm unter Druck
Das Bundesjustizministerium verlangt nun von dem Generalbundesanwalt Bericht
über V‑Mann-Affäre
(TAZ, 23.5.) BERLIN ap Die Brandenburger V‑Mann-Affäre beschäftigt jetzt auch das
Bundesjustizministerium. Bei Generalbundesanwalt Kay Nehm sei ein Bericht über die
Vorgänge angefordert worden, erklärte eine Ministeriumssprecherin in Berlin
gestern.
Sie bestätigte damit Medienberichte, nach denen Bundesanwalt Wolfgang
Siegmund frühzeitig gewusst haben soll, dass im Februar 2001 ein V‑Mann des
Brandenburger Verfassungsschutzes eine geplante Polizeirazzia in der rechten Szene
an einen Neonazi verraten habe. Siegmund hatte jedoch erst vor zwei Wochen die
Staatsanwaltschaft Potsdam informiert. Diese hatte daraufhin wegen der
Verletzung von Dienstgeheimnissen ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt
eingeleitet. Nehm verwehrte sich gegen die Vorwürfe. Seine Sprecherin Frauke-Katrin
Scheuten erklärte: “Die Bundesanwaltschaft soll zum Sündenbock für Pannen des
Landes Brandenburg gemacht werden.”
Bundesanwalt verärgert über Schönbohm
Bundesjustizministerin will Klarheit in V‑Mann-Affäre
(Berliner Zeitung, 23.5.) POTSDAM/KARLSRUHE. Generalbundesanwalt Kay Nehm ist verärgert darüber, wie
das brandenburgische Innenministerium mit dem jüngsten V‑Mann-Skandal in
Potsdam umgegangen ist. “Die Bundesanwaltschaft ist zum Sündenbock für Pannen des
Landes Brandenburg gemacht worden”, sagte die Sprecherin der
Bundesanwaltschaft, Frauke-Katrin Scheuten, am Donnerstag der Berliner Zeitung.
Vertreter des Potsdamer Innenministeriums hatten bei einer Sondersitzung der
Parlamentarischen Kontrollkommission am Dienstag behauptet, dass der
Bundesanwalt Wolfgang Siegmund bereits im Februar 2001 vom Geheimnisverrat eines
V‑Mannes des brandenburgischen Verfassungsschutzes Kenntnis hatte. Tatsächlich
hat die Bundesanwaltschaft aber erst jetzt, im Mai 2003, die
Staatsanwaltschaft Potsdam ersucht, ein Ermittlungsverfahren wegen Geheimnisverrats
aufzunehmen. Dies geschah auch. Seitdem ist davon die Rede, dass staatlicherseits
Verfassungsschutz-Pannen vertuscht werden sollten.
Nun hat sich das Bundesjustizministerium eingeschaltet und fordert eine
Erklärung der Bundesanwaltschaft. “Wir erstellen nun einen umfassenden Bericht
für das Bundesjustizministerium”, sagte Frauke-Katrin Scheuten. Die
Bundesanwaltschaft habe sich in dem konkreten Fall nichts vorzuwerfen.
Ein Sprecher der Potsdamer Staatsanwaltschaft schloss hingegen nicht aus,
dass die Ermittlungen wegen Geheimnisverrats auch auf die Bundesanwaltschaft
ausgeweitet werden: “Wenn unsere Ermittlungen weitere Erkenntnisse ergeben,
werden wir das entsprechend werten.” Be
i dem Streit geht es um eine
Polizeirazzia, die im Februar 2001 von einem V‑Mann des Potsdamer
Verfassungsschutzes an
einen Neonazi verraten worden war. Die Razzia richtete sich auch gegen die
rechtsterroristische “Nationale Bewegung”. Die Ermittlungen gegen diese
Gruppierung hatte Generalbundesanwalt Nehm im Januar 2001 nach dem Brandanschlag auf
die Trauerhalle des Jüdischen Friedhofs in Potsdam an sich gezogen. Nehm
hatte daraufhin auch einen Bundesanwalt nach Potsdam entsandt.
Wolfgang Bosbach, stellvertretender Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,
kündigte inzwischen an, den Generalbundesanwalt Nehm vor dem Innenausschuss des
Bundestages zu dem Komplex befragen zu wollen.
V‑Mann Affäre zieht Kreise auf Bundesebene
(BM 23.05.) Potsdam — Die Brandenburger V‑Mann-Affäre beschäftigt jetzt auch das
Bundesjustizministerium. Bei Generalbundesanwalt Kay Nehm sei ein Bericht über die
Vorgänge angefordert worden, erklärte eine Ministeriumssprecherin gestern. Sie
bestätigte damit Berichte, wonach Bundesanwalt Wolfgang Siegmund frühzeitig
gewusst haben soll, dass im Februar 2001 ein V‑Mann des Brandenburger
Verfassungsschutzes eine geplante Polizei-Razzia in der rechten Szene an einen
Neonazi verraten habe. Der Verdacht gegen den Bundesanwalt hatte heftige
Reaktionen ausgelöst.
Siegmund habe jedoch erst vor zwei Wochen die zuständige Staatsanwaltschaft
Potsdam informiert, hieß es. Diese habe daraufhin wegen der Verletzung von
Dienstgeheimnissen gegen unbekannte Angehörige des Landes-Innenministeriums ein
Ermittlungsverfahren eingeleitet. Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach will
den Fall im Innenausschuss des Bundestages zur Sprache bringen.
“Ich weiß, dass ich Einige in der CDU verärgert habe”
Die V‑Mann-Affäre hat Innenminister Schönbohm ausgestanden — jetzt steht der
Parteitag an
(BM, 22.5.) Neue Hürden türmen sich vor dem Innenminister und CDU-Chef Jörg Schönbohm
auf, Postengerangel auf dem Parteitag ist garantiert. Gudrun Mallwitz sprach
mit Schönbohm über seine Ziele in der Partei, über Konsequenzen aus dem
V‑Mann-Fall und die Länderfusion.
Berliner Morgenpost: Herr Schönbohm, Brandenburgs Verfassungsschutz kommt
nicht aus den Schlagzeilen. Hat Ihre Behörde den Umgang mit V‑Männern noch im
Griff?
Schönbohm: Wenn Sie damit auf jüngste Schlagzeilen anspielen, kann ich nur
auf das Votum der Parlamentarischen Kontrollkommission verweisen: Es gab
keinen V‑Mann-Skandal. Die Vorwürfe sind wie eine Seifenblase zerplatzt.
Keine Fehler also und daher auch keine Konsequenzen?
Der Fall ist aufgeklärt. Verfassungsschutzchef Heiner Wegesin hat mein
volles Vertrauen. Er wird der Kommission die Veränderungen beim Verfassungsschutz
seit 1999 umfassend darlegen, auch welche Konsequenzen aus dem letzten Fall
Toni S. gezogen wurden. Wir haben die Voraussetzungen für die Anwerbung von
Quellen noch präziser als früher festgeschrieben. Im Übrigen: Ein
Verfassungsschutz, der unsere freiheitlich demokratische Grundordnung gegen Extremisten
schützen soll, kommt ohne den Einsatz von V‑Leuten nicht aus.
Der Innenminister kann offenbar erleichtert sein. Die nächste
Herausforderung steht aber schon morgen auf dem Parteitag der CDU bevor. Es gibt
heftiges
Gerangel um die Posten des Vorstandes und der Stellvertreter. Haben Sie zu
spät die Weichen gestellt?
Nein. Die Kandidatur der Kreischefin von Potsdam-Mittelmark kam spät und für
mich völlig überraschend. Da hatte ich Dierk Homeyer bereits gebeten, erneut
für das Amt des Schatzmeisters zu kandidieren. Ihre Eignung spreche ich Frau
Funk nicht ab, ich finde es aber bedauerlich, dass es zur Kampfkandidatur
kommt.
Warum stapelt der Parteichef Schönbohm so tief, indem er sich mit 75 Prozent
zufrieden geben würde?
Weil ich weiß, dass sich der eine oder andere über mich geärgert hat. Auch
wenn es keine 95,4 Prozent wie beim ersten Mal mehr sein werden: Ich rechne
doch mit einem guten bis sehr guten Ergebnis. Die Partei wird Geschlossenheit
zeigen.
Lothar Bisky kehrt mit 62 Jahren an die Spitze der PDS zurück, was die Not
der Partei offenbart. Bleiben Sie bei Ihrem Ziel, die Union bis 2009 anführen
zu wollen? Sie wären dann 71 Jahre alt.
Der Vergleich hinkt gewaltig. Schauen Sie sich einmal die Personaldecke der
PDS an. Es bleibt dabei: Ich stehe als Spitzenkandidat für die Landtagswahlen
2004 und als Vorsitzender der Partei bereit, und zwar bis 2009 — wenn die
Partei will. Für diesen Zeitpunkt ist auch die Fusion Berlins und Brandenburgs
geplant, von deren Notwendigkeit ich überzeugt bin.
Will die CDU die Fusion noch?
Selbstverständlich. Da weiß ich mich einer Meinung mit der
Fraktionsvorsitzenden Beate Blechinger. Wenn aber Rot-Rot in Berlin in der
Koalitionsvereinbarung zementiert hat, erst die Verfassungsfrage zu klären und dann
die anderen
Inhalte, zeigt das für mich ganz deutlich, dass manche in Berlin nicht
begriffen haben: Wir verhandeln gemeinsam um die Zukunft unseres Bundeslandes. Da
kann nicht der eine dem anderen vorschreiben, was wann zu machen ist.
Die CDU will also über die Verfassung erst nach dem Volksentscheid 2006
abstimmen?
Wir haben bis 2006 noch viel Zeit, uns über die Verfassungsfrage zu
verständigen. Vorher erwarten die Menschen von uns Lösungen für die praktischen
Sorgen der Region. Es muss klar sein, welche Schulden Berlin ins gemeinsame
Bundesland überführen wird und wie man mit den Kommunalschulden umgeht. Wenn dann
die Ergebnisse in der Finanz- und Wirtschaftsplanung stimmen, dürfte es nicht
schwer sein, auf der Basis der Verfassungen beider Länder eine gemeinsame
Verfassung zu stricken und zum Volksentscheid vorzulegen.
Bislang bestand Konsens in der Koalition: Fusion nur mit sanierten
Haushalten. Ist das realisierbar?
Beide Länder müssen bis 2009 aus ihrer katastrophalen Lage herauskommen.
Nach der jüngsten Steuerschätzung wird aber immer deutlicher, dass das Ziel der
sanierten Haushalte kurzfristig kaum erreichbar ist. Allerdings muss
möglichst rasch eine Perspektive zum Abbau der Schulden her.
V‑Mann-Affäre wird Bundestags-Thema
Bundesanwalt Nehm soll Auskunft geben
(MAZ, 22.5.) POTSDAM/KARLSRUHE/BERLIN Die Affäre um einen V‑Mann des Verfassungsschutzes,
der einem Neonazi im Februar 2001 eine Polizeirazzia gegen die rechtsextreme
Szene verriet, bringt nun Generalbundesanwalt Kay Nehm in Bedrängnis und
wird in Kürze den Innenausschuss des Bundestags beschäftigen.
In der nächsten Sitzungswoche solle Nehm “Gelegenheit gegeben werden, sein
Handeln zu erklären”, betonte der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach
gestern gegenüber der MAZ. Denn seit Dienstag stellen sich zwei Fragen: Was
wusste der Bundesanwalt über den Vorgang und warum hatte er keine Ermittlungen
wegen Geheimnisverrats eingeleitet?
Nach der Sondersitzung der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) des
Potsdamer Landtags hatte PKK-Chef Christoph Schulze (SPD) am Dienstag erstmals
mitgeteilt, die Staatsanwaltschaft — gemeint war die Bundesanwaltschaft in
Karlsruhe — sei “zu jedem Zeitpunkt über alle Sachverhalte” informiert gewesen,
mithin auch über den Verrat der Razzia durch einen V‑Mann des
Geheimdienstes.
“Das ist ein hochbrisanter Vorgang”, kommentierte Bosbach. Es sei “von
Interesse zu erfahren, was und wie lange der Generalbundesanwalt davon gewusst
hat”. Innenausschuss-Mitglied Dieter Wiefelspütz (SPD) ergänzte: “Dass der
Generalbundesanwalt in dem Verfahren beteiligt ist, deutet darauf hin, dass es
einen Bundesbezug gibt.”
Generalbundesanwalt Kay Nehm
hat sich gegenüber der MAZ gestern erstmals zu
den Vorgängen vom Februar 2001 geäußert. Das Schreiben lässt sich wie ein
Dementi der märkischen Sicht auf die Vorgänge vom Februar 2001 lesen.
Laut Nehm gab es Besprechungen nur zwischen seiner Behörde und dem
Landeskriminalamt (LKA) Brandenburg. Von Gesprächen mit dem brandenburgischen
Verfassungsschutz, dessen V‑Mann die Razzia verriet, ist im dem Schreiben keine Rede.
Inhaltlich, so Nehm weiter, sei es in den Unterredungen mit dem LKA allein
darum gegangen, sicherzustellen, dass Ermittlungen des Bundesanwalts gegen die
Terrorgruppe “Nationale Bewegung” “wegen des Brandanschlages auf den
jüdischen Friedhof in Potsdam nicht gestört und möglicherweise anfallende
Beweismittel mit Relevanz für das hier geführte Verfahren gesichert und zur Verfügung
gestellt wurden”. In diesem Zusammenhang, so der Bundesanwalt, sei kein
Sachverhalt bekanntgeworden, der zur Einschaltung einer Staatsanwaltschaft im Land
Brandenburg hätte Anlass geben müssen.
Auffällig ist, dass die Bundesanwaltschaft die Vorgänge vom Februar 2001
seit Tagen offenkundig anders bewertet. Nach Kontakten mit der
Staatsanwaltschaft Potsdam hat die Potsdamer Behörde ein Ermittlungsverfahren wegen
Geheimnisverrats “gegen unbekannte Bedienstete des Landes Brandenburg” eingeleitet.
Für die lange Zurückhaltung des Bundesanwalts bei der Strafverfolgung mag es
mehrere Ursachen geben. Möglich ist, dass die Bundesanwaltschaft im Februar
2001 über alle Details informiert war, jedoch — aus welchen höheren
Interessen auch immer — keine Ermittlungen einleiten ließ und sich damit
möglicherweise über das Strafverfolgungsgebot hinwegsetzte.
Denkbar ist jedoch auch, dass der Generalbundesanwalt — entgegen der
Äußerung von PKK-Chef Schulze, die Behörde sei “zu jedem Zeitpunkt über alle
Sachverhalte” informiert” worden — nicht mit allen Details im Zusammenhang mit der
verratenen Razzia vertraut gemacht wurde. Möglicherweise wurde dem
Bundesanwalt erst jetzt bekannt, dass es der V‑Mann-Führer des Geheimdienstes war, der
seinen V‑Mann über die Polizeirazzia informierte. Nach Recherchen der MAZ soll
das schriftlich dokumentiert sein.
Um einen V‑Mann-Skandal handele es sich in diesem Fall dennoch nicht, befand
die für die Kontrolle des Verfassungsschutzes zuständige Kommission des
Landtags am Dienstag. Außerdem sei es “verzeihlich”, dass sie 27 Monate lang
nicht über diese Panne unterrichtet wurde.
Schönböhm will V–Leute künftig besser kontrollieren
Trotz Ungereimtheiten und Pannen warnt der Innenminister vor einer
“Skandalisierung” des Verfassungsschutzes
(Tagesspiegel, 22.5.) Potsdam. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hat sich auf der gestrigen
Landtagssitzung hinter Verfassungsschutz-Chef Heiner Wegesin gestellt. Dieser war
unter Druck geraten, weil er die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK)
des Landtages nicht über den Verrat einer Razzia gegen die Neonazi-Szene durch
einen V‑Mann des Verfassungsschutzes informiert hatte. Nachdem die für die
Kontrolle des Verfassungsschutzes zuständige PKK eine Entschuldigung Wegesins
akzeptiert hatte, warnte Schönbohm im Landtag davor, den Brandenburger
Verfassungsschutz “zu skandalisieren”.
Er habe den Verfassungsschutz bei seinem Amtsantritt 1999 in einer
“schwierigen Lage” vorgefunden, sagte der Minister. Es hätte damals zahlreiche
rechtsextremistische Straftaten gegeben, aber kaum Verbindungsleute in der Szene.
Der Zugang sei praktisch gleich Null gewesen. Wegesin habe den
Verfassungsschutz in den letzten Jahren neu aufgebaut, seine Arbeit sei wesentlich
verbessert
worden. Die notwendige Anwerbung von V‑Leuten habe aber auch zu Pannen
geführt, gestand Schönbohm ein. Er habe sie analysieren lassen und ein
Maßnahmenbündel veranlasst, damit “unnötige Risiken vermieden werden”, so der Minister.
Obwohl die PKK sich in der jüngsten Affäre hinter den Verfassungsschutz
gestellt habe, blieben Ungereimtheiten, hieß es gestern am Rande der
Landtagssitzung in der Koalition. Als schwerwiegend wird vor allem angesehen, dass
in der
jüngsten Affäre offenkundig der V‑Mann-Führer des Verfassungsschutzes den
Spitzel über die bevorstehende Razzia gegen die Neonazi-Szene informierte, die
im Zusammenhang mit dem Brandanschlag gegen den Jüdischen Friedhof in Potsdam
stand. Hinzu kommt, dass der V‑Mann trotz des bereits im Februar 2001
erfolgten Verrats dem Vernehmen nach erst eineinhalb Jahre später abgeschaltet
wurde. Auch PKK-Chef Christoph Schulze sagte gestern dieser Zeitung, dass es
wegen neuer Hinweise noch Klärungsbedarf gebe. Scharfe Kritik am Einlenken der
PKK übte der FDP-Landesvorsitzende Heinz Lanfermann. Es sei nicht
nachvollziehbar, dass die PKK die Verletzung ihrer Rechte hinnehme.
Brandenburgs Verfassungsschutz war bereits im Vorjahr in die Schlagzeilen
geraten, als der V‑Mann Toni S. wegen seiner Beteiligung an Produktion und
Vertrieb einer rechtsextremen Musik-CD mit Mordaufrufen gegen Prominente von
einem Berliner Gericht verurteilt wurde. Vor diesem Hintergrund ging Schönbohm
jetzt in die Offensive: Er kündigte an, dass er der Parlamentarischen
Kontrollkommission (PKK) in Kürze ein Gesamtkonzept zur Arbeit des Verfassungsschutzes
und den Umgang mit V‑Leuten vorlegen werde. Darin würden auch Konsequenzen
aus den Pannen gezogen, die den Blick auf die Erfolge bei der Bekämpfung des
Rechtsextremismus nicht verstellen dürften.
Schönbohm hob hervor, dass der Verfassungsschutz heute “einen besseren
Zugang” zum rechtsextremistischen Spektrum” habe als bei seinem Amtsantritt. Dies
habe dazu beigetragen, dass die rechtsextremistische Musikszene zerschlagen
wurde und keine Skinhead-Konzerte in Brandenburg mehr stattfinden. Es gebe
auch keine netzwerkartige Struktur des Rechtsextremismus, sondern verschiedene
allein agierende Kleinstgruppen, “vor allem aber eine Reihe zutiefst
primitiver und brutaler Schlägertypen”. Diese seien weniger ein Fall für den
Verfassungsschutz als für Polizei und Staatsanwaltschaft. Bei der Vorstellung des
jüngsten Verfassungsschutzberichtes hatte Schönbohm allerdings geklagt, dass die
sich häufende Enttarnung von V‑Leuten zu Schwierigkeiten bei der Anwerbung
neuer Spitzel führe. Ihr Einsatz ist in der großen Koalition allerdings
unumstritten. Jedoch werden schärfere Kontrollen verlangt, um sicherzustellen, dass
sie nicht wie Toni S. Straftaten begehen.
V‑Mann-Affäre setzt Karlsruhe unter Druck
Bundespolitiker verlangen Aufklärung
(LR, 22.5.) Während sich Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) gestern im Landtag wegen der
jüngsten V‑Mann-Affäre (die RUNDSCHAU berichtete) hinter
Verfassungsschutz-Chef Heiner Wegesin stellte, zieht der Vorfall weiter Kreise.
Inzwischen wächst der Druck auf die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe.
Politiker der rot-grünen Regierungskoalition im Bund sowie der Opposition verlangen
Aufklärung, nachdem der Behörde schon früh bekannt geworden war, dass ein
V‑Mann des Brandenburger Verfassungsschutzes im Februar 2001 eine Polizeirazzia
an einen Neonazi verraten hatte. Dennoch hatte die Bundesanwaltschaft nach
RUNDSCHAU-Informationen erst vor zwei Wochen die Potsdamer Staatsanwaltschaft
informiert, die Ermittlungen wegen des Verdachts des Verrats von
Dienstgeheimnissen einleitete.
Kein Anlass für Information
In Potsdamer Sicherheitskreisen heißt es, schon im Februar 2001 habe
Bundesanwalt Wolfgang Siegmund von dem Verrat der geplanten Razzia erfahren.
Mehrmals habe der Potsdamer Innen-Staatssekretär Eike Lancelle bei der
Bundesanwaltschaft auf Ermittlungen gedrängt. Siegmund informierte jedoch erst
Anfang Mai
d
ieses Jahres die Potsdamer Staatsanwaltschaft.
Die Bundesanwaltschaft gab gestern nur eine kurze schriftliche Erklärung ab.
Darin heißt es, die im Zusammenhang mit der Razzia “bekanntgewordenen
Umstände enthielten keinen Sachverhalt, der zu einer Klärung unter den beteiligten
Landesbehörden oder gar zur Einschaltung der zuständigen
Landesstaatsanwaltschaft hätte Anlass geben müssen”. Warum dieser Anlass aber vor
zwei Wochen
gegeben war, bleibt offen.
Wiefelspütz: Alarmzeichen
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Wolfgang
Bosbach sieht in dem Vorfall “einen sehr brisanter Vorgang, der dringend der
Aufklärung bedarf”. Bosbach kündigte an, der Innenausschuss des Bundestages
werde sich mit dem Thema befassen. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion
im Bundestag, Dieter Wiefelspütz, sprach von einem “Alarmzeichen”, sollte die
Bundesanwaltschaft in die V‑Mann-Affäre verwickelt sein.
Die Bundesanwaltschaft ermittelt, wie berichtet, seit Januar 2001 gegen die
Brandenburger Terrorgruppe “Nationale Bewegung”, die Brandanschläge und
andere Straftaten begangen hat.
Die Potsdamer Polizei hoffte, bei der geplanten Razzia Hinweise auf die
militanten Neonazis zu finden. Als der Verrat des V‑Manns bekannt wurde, zog die
Polizei die Razzia hektisch vor, fand aber keine Hinweise auf die “Nationale
Bewegung”. Bis heute konnten ihre Mitglieder nicht ermittelt werden. Unklar
bleibt auch, warum die Straftatenserie Ende Januar 2001 abbrach.