“Märkischer Heimatschutz” schickt Personal, Geld und Aufkleber
Die offizielle Politik kommt mit der geplanten Länderfusion Berlin-Brandenburg nicht voran. Die Neonazis sind da schon weiter. Die zersplitterte rechte Szene Berlins will sich künftig aus Brandenburg helfen lassen. Davon gehen Beobachter aus. Denn der so genannte Märkische Heimatschutz (MHS) hat am vergangenen Wochenende eine Berliner Sektion gebildet. Der vor drei Jahren gegründete MHS ist in Brandenburg neben der NPD die zweitstärkste Organisation von Rechtsextremisten. Die Polizei beobachtet diese Entwicklung nach eigenen Angaben “mit Argusaugen”. Der Verfassungsschutz wertet dies als Versuch der Brandenburger rechten Szene, mehr Einfluss auf die Berliner Kameradschaften zu erlangen.
Tatsächlich, heißt es in den Reihen des MHS, solle “ein fester Kern von Aktiven geformt und langsam erweitert” werden. Berlin solle demnächst mit Propaganda-Material “zugepflastert” werden. Zudem wolle sich die Berliner Sektion verstärkt der Jugendarbeit in den Kiezen widmen. “Unseren Kameraden in Berlin steht jetzt das volle Volumen des Märkischen Heimatschutzes zur Verfügung”, sagt der aus Eberswalde stammende MHS-Chef Gordon Reinholz.
Die Sicherheitsbehörden nehmen diese Ankündigungen ernst. Im Vergleich zu Berliner Kameradschaften sind die Brandenburger nämlich straff organisiert. “Der MHS betreibt eine breite Öffentlichkeitsarbeit, um seine Vorstellungen von einem nationalen Sozialismus zu propagieren”, heißt es im Brandenburger Verfassungsschutzbericht. Die Brandenburger verfügen über mehr Geld als die Berliner und haben sogar eine eigene Druckerei. So soll das Hetzblättchen “Märkischer Bote” nun auch als “Berliner Bote” in einer Auflage von mehreren tausend Exemplaren alle zwei Monate verteilt werden. “Jetzt können wir schnell mal tausende Aufkleber herstellen lassen. Eine kleine Kameradschaft muss für 500 Stück lange sparen”, sagt ein Berliner, der sich am Aufbau der MHS-Strukturen beteiligt.
Klaus Gäth vom polizeilichen Staatsschutz sieht der Entwicklung dennoch “relativ ruhig” entgegen. “Wir wissen, was die machen”, sagt er. “In Berlin kann die Polizei außerdem ganz anders agieren als im Flächenstaat Brandenburg.” Nach seinen Worten arbeiten Berliner und Brandenburger Neonazis schon länger zusammen.
Bisher waren in Berlin vor allem die Lichtenberger Kameradschaft Tor und die Berliner Alternative Südost aktiv, die sich auf Treptow konzentriert. Andere Kameradschaften existieren nicht mehr, etwa die ebenfalls kiezbezogene Kameradschaft Reinickendorf. Dass die Berliner Neonaziszene insgesamt zwar unkoordinierter ist, bedeutet jedoch nicht, dass sie nicht dreister geworden ist — vor allem in den vergangenen Monaten: Im August marschierten Rechte, von der Polizei unbehelligt, durch das Brandenburger Tor. Auch damals waren MHS-Mitglieder dabei. Einige Tage später veranstalteten die Neonazis — wieder gemeinsam mit MHS-Leuten — in Spandau unter freiem Himmel eine Gedenkveranstaltung für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß. Der wegen Volksverhetzung verurteilte Sänger der Band Landser produzierte mit anderen Bands nun sogar eine Sampler-CD, auf der ein Berliner Polizeiführer als “Nazijäger” verspottet wird.