INFORIOT Ein SA-Mann dient als Covermodel — Schwarz-weiß-rote Fahne und eine deutlich erkennbare Hakenkreuzbinde am Arm inklusive. Dieses (strafrechtlich relevante) Motiv findet sich auf der aktuellen Ausgabe vom “JVA Report”, der von einem “Freundeskreis Brandenburg” herausgegeben wird. Die Zeitschrift ist Teil des bundesweiten Netzwerkes von Neonazis, welches sich um die Betreuung von inhaftierten Neonazis kümmert. Zur Ermunterung, auch im Gefängnis und darüberhinaus in der Szene aktiv zu bleiben, wird das Heft bundesweit an rechtsextreme Gefangene versendet. Bisher sind zehn Ausgaben erschienen. Bis zur neunten Nummer erschien das 2006 gegründete Heft unter dem Titel “Freundeskreis Brandenburg”, erst bei der aktuellen erfolgte die Umbennung in “JVA Report”. Inzwischen gibt es auch eine Internetpräsenz. Antisemitische Karikaturen wechseln sich ab mit Tipps für den Knastalltag und den üblichen rechten Tiraden (Deutsches Volk erwache!”, “Die weiße Rasse ist bedroht”). Deutlicher Schwerpunkt sind Interviews mit inhaftierten Neonazis.
In der Doppelausgabe 4/5 kommt beispielsweise Sebastian Dahl ausführlich zu Wort. Der Neonazi beschwert sich, dass für seinen Geschmack zu viele Ausländer in der JVA Tegel in Berlin einsitzen — dort ist auch er inhaftiert. Zuvor, in der JVA Brandenburg/Havel hatte es ihm besser gefallen. Nach seiner Haftzeit will er weiter aktiv bleiben: “Politisch werde ich nicht ruhiger werden. Das weiß ich schon heute!” Dahl hatte im Jahr 2001 zusammen mit anderen Neonazis mit Brandsätzen die Bühne des antirassistischen Festivals “Le Monde Est A Nous” in Königs Wusterhausen abbrennen wollen. Die Tat erfolgte in der Nacht vor dem Festival. Auf der Bühne schliefen zu dieser Zeit mehrere alternative Jugendliche.
Weitere Interviewpartner waren bislang beispielsweise der verurteilte Naziterrorist Martin Wiese und “Landser”-Sänger Michael “Lunikoff” Regener. Als Autor tritt auch Karl Polacek, ehemaliger Funktionär der 1995 verbotenen “Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei” (FAP), in Erscheinung.
Streicheleinheiten für die Seelen inhaftierter Neonazis und dazu materielle Unterstützung — Ansatz des “Freundeskreises” ist es, alles zu tun, um den harten Kern der militanten Szene selbst während Gefängnisaufenthalten bei der Stange zu halten. Vorbildfunktion hat offensichtlich die Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene (HNG), für die im Heft auch regelmäßig Werbung gemacht wird. Die HNG gilt als eine der einflussreichsten und mitgliederstärksten Organisationen im bundesdeutschen Neonazismus.
Auffallend ist, dass der “Freundeskreis” auch Wert auf internationale Vernetzung legt. Zum Beispiel finden sich Beiträge von US-amerikanischen Neonazis über das dortige Gefängnissystem und Werbeanzeigen für Gruppen wie die “Aryan Renaissance Society”. Die letzte Ausgabe des Hefts ist sogar neben der regulären Ausgabe auch komplett in Englisch übersetzt zu erhalten.
Der “Freundeskreis Brandenburg” ist offenbar maßgeblich in Belzig beheimatet. Als Kontaktadresse diente lange Zeit ein dortiges Postfach. Es ist interessanterweise das gleiche, welches auch schon die mittlerweile inaktive Neonazigruppe “Preußische Aktionsfront” bis etwa 2005 benutzt hatte. Deren Anführer, Pascal Stolle (siehe Foto links) hat selbst schon im Gefängnis gesessen. Wegen eines äußerst brutalen Überfalls auf die Mitglieder einer linken Band 1997 war er zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Es ist zu vermuten, dass der “Freundeskreis Brandenburg” sich aus dem Umfeld der ehemaligen “Preußischen Aktionsfront” rekrutiert.
Inhaber des “Freundeskreis”-eigenen Spendenkonto ist hingegen von Anfang an der rechtsextreme Aktivist Stefan Richardt aus Wittmund (Niedersachsen) gewesen. In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift dient nun auch sein Postfach als Kontaktadresse des “Freundeskreis Brandenburg”.
Belziger Neonazis sind in der jüngeren Vergangenheit häufiger bundesweit auf Events der rechtsextremen Szene aufgetaucht. Wie die unten stehenden Fotos (aufgenommen im August 2007 in Sachsen-Anhalt) belegen, treten sie nicht mehr als “Aktionsfront” auf sondern nutzen Label wie “Division Belzig”, “Kameradschaft Hoher Fläming” oder “Fläming Front”.