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Antifaschismus

Braunzonenkonzert in links-besetztem Haus?

Am 11.03.2017 sollen drei Bands mit zweifel­haften Hin­ter­grund in dem beset­zten Haus „Trebbe 12“ in Luck­en­walde (Bran­den­burg) auftreten. Sie stam­men aus Magde­burg, Bre­mer­haven, Wis­mar und spiel­ten auch schon in dem beset­zten Haus. Bewor­ben wird das Konz­ert unter anderem vom ungarischen Ableger des neon­azis­tis­chen Musiknet­zw­erks „Blood & Honour“.

Die Trebbe 12

Ver­anstal­tungs­fly­er für Oi-Konz­ert in der Trebbe 12

Die „Trebbe 12“, in der Treb­bin­er Straße in Luck­en­walde, wurde im Jahr 2000 von Jugendlichen und jun­gen Erwach­se­nen beset­zt. Die Nutzer­schaft der „Trebbe 12“ rühmt sich damit, dass man weit­er­hin keinen Ver­trag und somit noch einen Beset­zer­sta­tus habe. Neben einem Konz­er­traum und ein­er Kneipe hat das Objekt Wohn­räume für bis zu 20 Menschen.
Inzwis­chen scheint man sich vom ursprünglich linken Anspruch des alter­na­tiv­en Lebens und des Freiraums „emanzi­pa­torischen Aus­tausches“, wie es auf der Web­seite heißt, dis­tanziert zu haben. Bei ver­gan­genen Konz­erten gab man Flug­blät­ter als Werbe­mit­tel her­aus, auf denen vor poli­tis­ch­er Unko­r­rek­theit gewarnt wurde. Gle­ichzeit­ig nutzte man das antifaschis­tis­che Sym­bol, bei dem ein Hak­enkreuz in einen Mülleimer entsorgt wird, und erweit­erte es um das kom­mu­nis­tis­che Sym­bol dem Ham­mer und der Sichel. Sie beziehen dabei Posi­tion gegen sog. „Extrem­is­mus“, bzw. sehen sich als ein Raum, der frei von Poli­tik sein soll.
Eben­falls teilt der Face­book-Account der „Trebbe 12“ Inhalte von recht­en und ver­schwörungs­the­o­retis­chen Face­book-Seit­en, wie „KenFM“, „Der Wächter“, „Freie Medi­en“ oder Texte, die sich gegen sog. „Links­faschis­ten“ richten.

Die Bands

Rechte Inhalte auf dem öffentlich ein­se­hbaren Account der Trebbe 12

Alle drei Bands, „Rien ne va plus“ aus Magde­burg, „Loi!chtfeuer“ aus Bre­mer­haven und „4. Divi­sion Ost­front“ aus Wis­mar, sehen sich als „unpoli­tis­che“ Inter­pre­ten der Skin­head­szene und spie­len eine harte Musikrich­tung mit dem Namen „Oi!“. Doch die Texte, die Hin­ter­gründe und Kon­tak­te solch­er Bands sind oft alles andere als unpoli­tisch, weshalb Kri­tik­er hier häu­fig eine „Grau­zone“ aus­machen. Es han­delt sich dabei nicht um Neon­azis, aber Bands und/oder Musik­er bewe­gen sich in ein­deuti­gen Milieus, sowie im sog. „alter­na­tiv­en Raum“.
Die Wis­mar­er von „4. Divi­sion Ost­front“ als Beispiel besin­gen die Tötung von Antifaschis­ten im Lied „Antifa“. Dort heißt es u.a. „Ein Baum, ein Strick, ein Antifa­genick“. Auf der sel­ben Veröf­fentlichung befind­et sich auch das Lied „FC Anker Wis­mar“ über den lokalen Fußbal­lvere­in. Dessen Fan­szene verbindet eine enge Fre­und­schaft zu Dynamo Schw­erin, bei denen Fans sich im recht­en Hooli­ganspek­trum von HoGeSa-Nach­folgestruk­turen engagierten. Eben­falls ist man mit Dynamo Wis­mar befre­un­det. Dort ist ein­er der Spon­soren der NPD-Aktivist Stef­fen Mei­necke, welch­er zum Umfeld des „Thing­haus“ in Greves­mühlen gehören soll.
Die Band hat­te sich 2011 aufgelöst, ihr Sänger „Pöh­nisch“ half damals u.a. bei der RAC-Band „Ultio Reg­ni“ aus – bei­de Bands ver­band offen­bar eine Fre­und­schaft. „Ultio Reg­ni“ spielte Konz­erte in neon­azis­tis­chen Räum­lichkeit­en, wie dem „Thing­haus“ in Greves­mühlen. RAC ste­ht für „Rock Against Com­mu­nism“ und stammt als Label von Blood & Hon­our, welche unter diesem Mot­to in den 1980er Jahren Konz­erte in Großbri­tan­nien organisierten.

Die Gruppe „Rien ne va plus“ aus Magde­burg hat da noch nähere Kon­tak­te. Ihre CDs find­et man in ein­schlägi­gen neon­azis­tis­chen Ver­sän­den, wie „Opos Records“. Ange­boten wird deren Musik unter anderem mit dem Begriff „RAC“. Die Labels auf denen „Rien ne va plus“ die Musik ver­legten, nen­nen sich „Feind­kon­takt Records“ oder „Aggres­sive Zone Records.“ Eine CD trägt den Titel „Schützt die Heimat vor frem­den Fah­nen“. Bei ihrem aktuellen Label „Aggres­sive Zone“ find­en sich im Fan­shop Klei­dungsstücke, die in der recht­en Szene beliebt sind, sowie ver­schiedene Ton­träger von Neonazibands.Darunter CDs der 1981 gegrün­de­ten Recht­sr­ck-Band End­stufe, welche mit den bei „Aggres­sive Zone“ gelis­teten Bands „Last Resort“ gemein­sam CDs pro­duzierten. Weit­ere CDs, die ange­boten wer­den, kom­men von mit­tler­weile aufgelösten Recht­srock- und Nazipunkbands wie „Ulti­ma Thule“ oder „Migdards Söner“.
Bere­its in der Ver­gan­gen­heit trat­en „Rien ne va plus“ mit Bands aus dem Bere­ich Grau­zone bis Braun­zone auf.


„Polit­i­cal­ly Incor­rect. Keine PC Fotzen. Keine Extreme. Keine Jihadisten“

Bei der drit­ten Band, „Loi!chtfeuer“ aus Bre­mer­haven wird es sog­ar noch deut­lich­er. Deren Sänger, Michael Schäfer, war NPD-Funk­tionär in Bre­mer­haven, sein Mit­musik­er Lasse Krüger Aktivist der NPD-Jugen­dor­gan­i­sa­tion „Junge Nation­aldemokrat­en“ (JN). Bei­de behaupten von sich, inzwis­chen aus der recht­en Szene aus­gestiegen zu sein. Michael Schäfer vol­l­zog Mitte der 2000er Jahre schon ein­mal einen solchen „Ausstieg“ und lan­dete am Ende auf dem Posten des stel­lvertrete­nen Lan­desvor­sitzen­den der NPD. Lasse Krüger soll u.a. die NPD-Jugend in Lüneb­urg geleit­et und bis Ende 2014 auf der Bühne der HoGeSa (Hooli­gans gegen Salafisten)-Demonstration in Han­nover – als Red­ner und Mitor­gan­isator ges­tanden haben.
Es ist also kein Wun­der, wenn „Lo1chtfeuer“ ankündi­gen, dass bei diesem Konz­ert „Keine PC Fotzen. Keine Extreme. Keine Jihadis­ten“ erwün­scht seien. Der neon­azis­tis­che HoGeSa-Kon­text set­zt sich trotz des ver­meintlichen Ausstieges fort.

Blood & Honour

Das rechte Musiknet­zw­erk „Blood & Hon­our“ ent­stand 1987 in Großbri­tan­nien und sollte der sub­kul­tureller Vor­bau der mil­i­tan­ten Neon­aziszene darstellen. Ini­tia­tor war der Skrew­driv­er-Sänger Ian Stu­art Don­alds­son. Mit­glieder der Band wur­den am Rande von ras­sis­tis­chen Auss­chre­itun­gen in Cot­tbus Anfang der 1990er Jahre festgenom­men. Don­alds­son starb 1993 in Folge eines Verkehrsun­falls. An seinem Todestag find­en in Europa immer wieder Gedenkkonz­erte statt.
Das Net­zw­erk besitzt einen paramil­itärischen Ter­ro­rarm mit dem Namen „Com­bat 18“, wobei die 18 für den ersten und acht­en Buch­staben des Alpha­bets ste­ht. Der Name lautet über­set­zt also „Schlacht Adolf Hitler“. Im Jahr 2000 erfol­gte das Ver­bot des „Blood & Hon­our“ Net­zw­erkes in Deutsch­land, inzwis­chen fungieren sie mit dem Zahlen­code „28“. Aktivis­ten der „Blood & Hon­our“ Sach­sen sollen wichtige Unter­stützer der NSU-Ter­ror­is­ten gewe­sen sein. Ähn­lich wie der NSU, entwick­elte sich auch in Dort­mund eine bewaffnete Zelle des „Com­bat 18“-Netzwerkes, ver­sorgte sich mit Waf­fen und die lokale Band „Oidox­ie“ gehört eben­falls diesem Net­zw­erk an.
Auch in Bran­den­burg war „Blood & Hon­our“ bis zum Ver­bot aktiv. So pro­duzierte man unter anderem einen Sam­pler der „Blood & Hon­our Bran­den­burg“, auf dem ver­schiedene bekan­nte Neon­az­ibands aus Berlin und Bran­den­burg ver­sam­melt wur­den. Nach dem Ver­bot wich die Postadresse von Berlin nach Lehnin aus. Der NPD-Aktivist Ste­fan Rietz aus Lehnin saß 2008 vor Gericht, da er und andere Neon­azis das ver­botene Net­zw­erk weit­erge­führt und Konz­erte organ­isiert haben sollen. Ein Bran­den­burg­er der eben­falls die ver­botene Struk­tur weit­er­führte, wurde Später V‑Mann des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes. Auch Toni Stadler, V‑Mann des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes und aktiv im Umfeld des NSU, soll aus dem „Blood & Honour“-Netzwerk stam­men, auch wenn „nie­mand per­sön­lich ken­nen“ möchte.
Viel an Wer­bung läuft über die Seite der ungarischen „Blood & Hon­our“ Sek­tion. In der Über­sicht aus dem Okto­ber für „NS & Oi Konz­erte“ find­et man den Fly­er für das Konz­ert der Trebbe. Ein Screen­shot der Seite ist hier hin­ter­legt: LINK

Bran­den­burg-Ungarn-Con­nec­tion

Bran­den­burg­er Neon­azis in Budapest bei Blood & Hon­our-Marsch. Vorder­grund Robert Wolin­s­ki, rechter Rand Maik Schnei­der © Inforiot

Auch zum ungarischen Ableger des Musiknet­zw­erkes gibt es direk­te Verbindun­gen nach Bran­den­burg. Rund um den 11. Feb­ru­ar ver­anstal­tet das Net­zw­erk jährlich in Budapest einen „Marsch der Ehre“ und simuliert dabei den Aus­bruchsver­such der Achsen­mächte aus dem sow­jetis­chen Kessel. 2014 nahm auch eine NPD-Del­e­ga­tion am Aufzug teil. Unter ihnen befand sich der Vel­tener Robert Wolin­s­ki. Er ist neben der Parteiar­beit auch im Recht­srock­geschäft umtriebig. Vor Jahren ver­trieb er Musik im inzwis­chen gelöscht­en neon­azis­tis­chen „Thi­azi-Forum“, was zu Ermit­tlun­gen und Haus­durch­suchun­gen bei ihm führte. Auch soll er am Ver­trieb ein­er CD der Berlin­er Neon­az­iband „Deutsch, Stolz, Treue“ beteiligt gewe­sen sein. Inzwis­chen organ­isiert er sel­ber Konz­erte, vor­wiegend in Bran­den­burg und Meck­len­burg-Vor­pom­mern. Doch auch inter­na­tion­al hat er Kon­tak­te zu Neon­azis hergestellt. Nicht nur nach Ungarn, son­dern auch nach Ital­ien und Skan­di­navien – eben­falls Län­der mit starken „Blood & Honour“-Strukturen.
Ein ander­er Bran­den­burg­er, der damals teil­nahm wurde vor einem Monat vom Landgericht Pots­dam zu ein­er fast zehn­jähri­gen Haft­strafe verurteilt. Maik Schnei­der lief direkt hin­ter Robert Wolin­s­ki, inzwis­chen hat man sich wohl eher ent­fremdet. Während Wolin­s­ki und seine NPD mit den Abendspaziergän­gen in Ober­hav­el ver­suchte auf Bürg­er­lichkeit zu set­zen, ging Maik Schnei­der den Weg des Recht­ster­ror­is­mus. Er soll Rädels­führer eines Net­zw­erkes gewe­sen sein, welch­es mehrere Anschläge in Nauen an öffentlichen Plätzen, dem Linksparteibüro und ein­er poten­tiellen Asy­lun­terkun­ft verübt hat. Gegen das Urteil haben Schnei­der und ein­er sein­er Mitangeklagten Revi­sion ein­gelegt, welch­es nun vom Bun­des­gericht­shof geprüft wird.

Wieso das ungarischen Neon­azinet­zw­erk aus­gerech­net darauf kommt diese Ver­anstal­tung zu bewer­ben ist nicht bekan­nt. Aber die Verbindun­gen Bran­den­burg­er Neon­azis ins Net­zw­erk und die Auswahl der Bands kön­nte hier­für dur­chaus eine Rolle gespielt haben. Laut den Ver­anstal­tern ist das Konz­ert bere­its ausverkauft.

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