WITTSTOCK/BERLIN In das jahrelange Tauziehen um den geplanten Truppenübungsplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide — das so genannte Bombodrom — kommt jetzt Bewegung. Mittlerweile hat sich die Bundesregierung das Thema auf den Tisch gezogen. SPD und Grüne einigten sich im Koalitionsvertrag auf “eine kurzfristige Überprüfung der militärischen Planung, einschließlich der Flugbewegungen”.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ernst Bahr zeigte sich gestern auf MAZ-Nachfrage zuversichtlich, dass damit die zivile Nutzung der Heide in greifbare Nähe rücke. Nach Gesprächen mit dem designierten SPD-Verteidigungsminister Peter Struck glaube er, dass eine gute Zusammenarbeit möglich sei, so der Politiker, dessen Wahlkreis im Nordwesten Brandenburgs liegt. Mit Struck-Vorgänger Rudolf Scharping sei die Zusammenarbeit schwieriger gewesen. Dieser hatte als oberster Bundeswehrchef eine zivile Nutzung des “Bombodroms” kategorisch abgelehnt — obwohl er dies als Kanzlerkandidat 1994 noch versprochen hatte. “Das Problem muss nun endlich gelöst werden; die Menschen müssen wissen, woran sie sind.”
Auch der Grünen-Abgeordnete und “Bombodrom”-Gegner Winfried Nachtwei macht sich Hoffnung. “Das Thema liegt jetzt auf höchster Spitzenebene — so weit waren wir noch nie.” Gleichzeitig denke man darüber nach, die Debatte in der Bundesregierung mit einem Gruppenantrag im Parlament erneut zu begleiten. Bereits in der vergangenen Legislatur hatten mehr als 60 SPD- und Grünen-Abgeordnete für ein Ende des Truppenübungsplatzes in der Kyritz-Ruppiner Heide votiert. Diesmal hoffe man auch auf Unterstützung aus dem Reihen der Union und der Liberalen. Nachtwei: “Immerhin hat sich auch die FDP in Mecklenburg-Vorpommern klar gegen einen Truppenübungsplatz ausgesprochen.”
Optimistisch äußerte sich die Bürgerinitiative Freie Heide. Sie kämpft schon seit Anfang der 90-er Jahre gegen eine militärische Nutzung des 14 000 Hektar großen Areals. Man werde die Parteien jetzt beim Wort nehmen, so Bernd Lüdemann von der Initiative. Erfreulich sei auch die überwiegende Ablehnung der Bundeswehrpläne in der Stellungnahme des Landes. Fast alle Anliegerkommunen sowie die SPD-geführten Ressorts Verkehr, Umweltschutz und Soziales hatten sich im aktuellen Anhörungsverfahren des Verteidigungsministeriums gegen einen Übungsplatz ausgesprochen. Die Stadt Wittstock enthielt sich einer Bewertung. Einzig das Wirtschaftsministerium unter Wolfgang Fürniß (CDU) befürwortet Bombenabwürfe in der Kyritz-Ruppiner Heide “mit Nachdruck”. Dafür wurde der Minister auch prompt von Ostprignitz-Ruppins Landrat Christian Gilde (SPD) abgewatscht. Die Aussage von Fürniß, dass man die militärische Nutzung problemlos mit den Interessen des Tourismus in Einklang bringen könne, sei eine “politische Stellungnahme”.
Selbst der Rechtsanwalt der klagenden Anliegergemeinden Schweinrich und Rossow, Remo Klinger, glaubt an ein glückliches Ende. “Selbst wenn es zu weiteren Klageverfahren kommt — die Zeit spielt uns in die Hände.” Die Bundeswehr könne den Platz seit inzwischen zwölf Jahren nicht nutzen, so Klinger. Und man habe sie gezwungen, die Schilder mit dem Schriftzug “Truppenübungsplatz” an den Grenzen des Areals zu überkleben. “Das kann noch ewig dauern.”
Das Verteidigungsministerium in Berlin zeigt sich derweil noch zugeknöpft. Man werde auf jeden Fall noch in diesem Jahr sowohl die Stellungnahme Brandenburgs kommentieren als auch “die militärischen Belange der Luftwaffe überprüfen”, so die knappe Auskunft einer Sprecherin.