FALKENSEE Die Ansage war deutlich: “Wir fordern dazu auf, sich klar gegen
faschistische und chauvinistische Tendenzen zu positionieren. Nazis dürfen
keine Freiräume gewährt werden, weder in Falkensee noch anderswo.” Mit einer
Demonstration hielt das vor zwei Wochen gegründete Bündnis gegen Rechts am
Sonnabend nun auch offiziell Einzug in Falkensee. Gemessen an der Kürze der
Vorbereitungszeit hatte die etwa 20-köpfige Kern-Gruppe eine beachtliche
Menge auf die Straße gebracht. Die Polizei wollte keine Auskunft darüber
geben, wie viele Menschen dem Aufruf des Bündnisses gefolgt waren. Selbst
sprachen die Organisatoren von 150 bis 200 Demonstranten.
Vor allem Jugendliche bekannten Farbe. Vertreter verschiedener Parteien,
Vereine und Schulen zeigten ihre Unterstützung. In den Gärten an der
Schwartzkopf- und Ravenéstraße rückten die Laubenpieper neugierig an den
Zaun. In der Dallgower Straße spähten Balkonier auf den Menschenzug herab.
In der Bahnhofstraße stoppten Passanten und beobachteten die bunte Truppe,
die von 130 Polizisten begleitet wurde. “Nazis und Geschichtsrevisionisten
offensiv entgegentreten” war auf einem Transparent zu lesen. Oder: “Dem
rechten Konsens entgegentreten. Überall — auch in Falkensee.”
“So eine Bewegung ist gut für Falkensee. Wenn ich von der Demo gewusst
hätte, wäre ich vielleicht auch gekommen”, sagte eine Dame. Ihre Generation,
die mittlere und ältere, fehlte fast völlig. Das war auch Ute Reichelt,
Lehrerin am Falkenseer Lise-Meitner-Gymnasium aufgefallen. “Wenn man älter
ist, denkt man vielleicht, die Erscheinungen werden vorübergehen”, versuchte
sie zu erklären. Viele Zeitzeugen wollten zudem oft nichts mehr mit dem
Thema zu tun haben: Sie schieben den Krieg weg und erinnern sich nur an ihre
Jugend. “Man muss die Leute direkt ansprechen und sie einladen.”
Aus Falkenhöh hatte sich Ulrike Laich mit den Schwiegereltern, dem Schwager
und der Schwägerin ins Stadtzentrum aufgemacht. “Das Bündnis ist sinnvoll.
Jetzt muss es wachsen”, sagte die ASB-Mitarbeiterin. “Zur Demo zu gehen ist
meine Bürgerpflicht. Vor wenigen Tagen ist in unserer Umgebung eine Parkbank
mit Hakenkreuzen besudelt worden”, berichtete sie. Eine Anzeige bei der
Polizei liege inzwischen vor.
Auch das Bündnis ist eher Reaktion denn Aktion. Nach den antisemitischen
Schmierereien im Geschichtspark, wo sich einst das Außenlager des KZ
Sachsenhausen befand, hatte sich zunächst die Stadtverordnetenversammlung
von den Übergriffen distanziert. Ein Aufruf der Antifaschistischen Linken
Falkensee (ALF) zur Gründung eines Bündnisses folgte. “Diese Reaktion war
nötig”, sagte SPD-Bundestagsabgeordnete Angelika Krüger-Leißner. “Die
Jugendlichen widmen sich der Thematik mit neuem Interesse. Und sie müssen
vorangehen — sie sind das zukünftige Deutschland.”
Demonstration blieb störungsfrei
(MAZ)Ohne Störungen verlief die Demonstration des Bündnisses gegen rechts
Samstagnachmittag in Falkensee. Bei Vorfeldkontrollen stellte die Polizei
bei einem 18-Jährigen nach dem Waffengesetz verbotene Schlaggeräte sicher.
Der junge Mann konnte nach erster Vernehmung wieder nach Hause gehen.
Ein betrunkener Passant rief den Hitlergruß. Laut Atemtest hatte der
38-Jährige 3,0 Promille. Beamte nahmen ihn vorübergehend in Gewahrsam und
brachten ihn zur Blutprobe.
Insgesamt war die Polizei mit etwa 130 Beamten zum Schutz der Veranstaltung
und zur Verhinderung von Störungen vor Ort.