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CDU-Mann traf wiederholt frühere SS-Leute

Partei dis­tanziert sich von Egon Wochatz — der umstrit­tene Poli­tik­er soll nun seine Ämter aufgeben

(Berlin­er Zeitung) SPREMBERG. Drei Tage lang war die Lausitz richtig inter­na­tion­al. Bei der 4. Folk­lore-Law­ine — dem größten Fes­ti­val dieser Art in Bran­den­burg — zogen
Musik­er von 16 Tra­cht­en­vere­inen aus 14 Län­dern durch mehrere Städte. Schirmherr war Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD) und auch Innen­min­is­ter Schön­bohm (CDU) war vor Ort. So gut wie alle Kom­mu­nalpoli­tik­er waren dabei, als die Folk­loris­ten am 5. Juni in Sprem­berg Sta­tion machten.
Doch Teil­nehmer bericht­en, dass ein­er nicht gesichtet wurde: Egon Wochatz, Sprem­bergs Ex-Bürg­er­meis­ter und Chef der CDU-Kreistags­frak­tion Spree-Neiße. Er hat­te offen­bar besseres zu tun. Er besuchte — wie schon in den Vor­jahren — ein­stige SS-Männer. 

Seit Jahren in der Kritik

Während an diesem Tag in der Nor­mandie die Vor­bere­itun­gen für die Feiern der
alli­ierten Inva­sion auf Hoch­touren liefen, trafen sich 30 einstige
Ange­hörige der Waf­fen-SS-Divi­sion “Frunds­berg” in einem Hotel in Spremberg.
Die Truppe hat­te in der Nor­mandie gegen die Alli­ierten gekämpft. Erst jetzt
wurde Wochatz Auftritt bekan­nt. Die SPD forderte nun den Rück­tritt des
CDU-Mannes. Platzeck nan­nte den Vor­gang “uner­hört”. Auch die
Christ­demokrat­en dis­tanzierten sich von ihrem Parteifre­und. Der
Gen­er­alsekretär der Lan­des-CDU, Thomas Lunacek, nan­nte ein Tre­f­fen mit
SS-Vet­er­a­nen “inakzept­abel”. Wochatz habe den Kon­takt damit begrün­det, dass
er im Rah­men sein­er Arbeit für den Volks­bund Deutsch­er Kriegsgräberfürsorge
die Umbet­tung aller gefal­l­enen Sol­dat­en im Braunkohlege­bi­et gewährleisten
wolle. “Der Vor­gang wird geprüft”, so Lunacek. Wochatz lasse sein Amt ruhen,
bis der Kreisver­band entsch­ieden habe. 

Die Geschäfts­führerin des Kreisver­ban­des, Ute Hanisch, sagte: “Wir werden
uns am Dien­stag tre­f­fen, damit Herr Wochatz den Vor­fall erk­lären kann.”
Vorher würde keine Vorverurteilung stat­tfind­en, aber natür­lich werde der
Kon­takt zu SS-Vet­er­a­nen generell abgelehnt. Wochatz, der sich eine
“wertkon­ser­v­a­tive Grund­hal­tung” bescheinigt, wird seit Jahren kritisiert:
wegen aus­län­der­feindlich­er Sprüche oder Kon­tak­ten zu Ange­höri­gen der SS, die
als ver­brecherische Organ­i­sa­tion ver­boten ist. Neon­azis hat­ten 1999 den
algerischen Asyl­be­wer­ber Omar Ben Noui durch Guben gejagt, der kurz darauf
an seinen Ver­let­zun­gen starb. Die Reak­tion von Wochatz, damals Bürgermeister
im nahen Sprem­berg, zum Tode Ben Nouis: “Was hat­te der denn nachts auf der
Straße zu suchen?” Wegen dieser “Ver­harm­lo­sung recht­sex­tremer Gewalt”
ver­lieh ihm der Flüchtlingsrat Bran­den­burg den “Denkzettel 2000”. In der
Begrün­dung wird ein weit­er­er Satz von Wochatz zitiert: “Ein Aus­län­der, der
hier mit ein­er ver­heirateten Frau anban­delt, müsse damit rech­nen, Ärg­er zu
bekom­men.” Ben Noui war nach dem Sprung durch eine Scheibe in einem
Hau­sein­gang verblutet. 

“Herr Wochatz ist 1998 durch seine Verbindung zu SS-Vet­er­a­nen aufgefallen”,
sagte der Sprem­berg­er SPD-Land­tagsab­ge­ord­nete Ulrich Freese am Mon­tag. Da
habe Wochatz als Bürg­er­meis­ter den Gedenkstein eines Vet­er­a­nen für gefallene
SS-Sol­dat­en auf­stellen lassen wollen. “Das Stadt­par­la­ment informierte er
nicht”, so Freese. “Später dis­tanzierte er sich auch nicht klar von seinem
Vorhaben.” 

Män­ner mit Stahlhelmen

Für mehr als beden­klich hält Freese, dass der “Senioren­vere­in” — wie Wochatz
die SS-Leute nan­nte — schein­bar nicht nur aus Kriegsvet­er­a­nen beste­ht, die
an jen­em Woch­enende Kränze für ihre Kam­er­aden nieder­legten. “Daneben standen
junge Män­ner Wache, mit schwarzen Uni­for­men und Stahlhel­men”, sagte Freese.
An der Kranznieder­legung hat Wochatz zwar nach eige­nen Angaben nicht
teilgenom­men. “Aber es ist ver­w­er­flich, wenn er mit dem vorheri­gen Treffen
ein Sam­mel­beck­en von alten und neuen Nazis aufw­ertet.” Er solle auch seine
Ämter beim DRK und im Senioren­beirat räumen. 

Das Sprem­berg­er Bitburg

Tabubruch: Kom­mu­nalpoli­tik­er der CDU bei SS-Veteranentreffen

(MAZ) POTSDAM Eigentlich ste­ht die Treue-Ehre-Losung der SS auf dem Index. Wäre es
jedoch nach Egon Wochatz gegan­gen, würde der ver­botene Spruch jet­zt einen
Fin­d­ling schmück­en, mit dem in Sprem­berg (Spree-Neiße) der toten Angehörigen
der SS-Panz­er­di­vi­sion “Frunds­berg” gedacht wer­den sollte. Doch den einsamen
Vorstoß des dama­li­gen CDU-Bürg­er­meis­ters kon­nten die Stadtverord­neten 1998
in let­zter Minute stop­pen. Der Stein des Anstoßes war zwar schon geliefert,
wurde aber nie aufgestellt. 

Wochatz hätte gewarnt sein müssen. Doch der 67-Jährige, der inzwis­chen als
Frak­tion­schef die Union im Kreistag Spree-Neiße ver­tritt, zeigt sich
unverbesser­lich. Bei einem dre­itägi­gen Vet­er­a­nen­tr­e­f­fen von 30 überlebenden
SS-Sol­dat­en am ersten Juni-Woch­enende nahm er ganz selb­stver­ständlich teil -
“wie jedes Jahr”, so seine lap­i­dare Angabe. Spree-Neiße-Lan­drat Dieter
Friese (SPD) betra­chtete die Wochatz-Teil­nahme keines­falls als
selb­stver­ständlich und schrieb einen Beschw­erde­brief an Ministerpräsident
Matthias Platzeck (SPD) und Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU).

Sei­ther sorgt die Geschichte für Wirbel. Der Berlin­er His­torik­er Wolfgang
Wip­per­mann beze­ich­nete den Vor­fall als “Sprem­berg­er Bit­burg”. Im Jahr 1985
hat­te Altkan­zler Hel­mut Kohl mit dem dama­li­gen US-Präsi­den­ten Ronald Reagan
den Bit­burg­er Sol­daten­fried­hof besucht. Das Gedenken vor SS-Gräbern hatte
damals für inter­na­tionale Schlagzeilen gesorgt. Zu Recht, sagt Wippermann.
Die gesamte SS sei nach 1945 bei den Nürn­berg­er Kriegsverbrecherprozessen
als “ter­ror­is­tis­che Organ­i­sa­tion” verurteilt wor­den, viele
SS-Vet­er­a­nen­ver­bände wür­den nach wie vor recht­sex­treme Einstellungen
vertreten. Eine Teil­nahme an SS-Tra­di­tionsver­anstal­tun­gen müsse für jeden
Poli­tik­er abso­lut tabu sein. “In der Bun­deswehr gibt es sog­ar einen
aus­drück­lichen Befehl, solche Ver­anstal­tun­gen zu mei­den.” Wip­per­manns Fazit:
“Wochatz muss zurücktreten.” 

Auch Bernd Weg­n­er, Pro­fes­sor an der Ham­burg­er Bun­deswehr-Uni­ver­sität spricht
von einem skan­dalösen Vor­gang. Man könne als Repräsen­tant eines
demokratis­chen Gemein­we­sens nicht eine Insti­tu­tion durch seine Anwesenheit
ehren und aufw­erten, deren Hauptziel die Ver­nich­tung jeglicher
demokratis­ch­er Struk­turen war, macht Weg­n­er klar. “Das ist untragbar.”
Selb­st wenn einzelne Ver­bände nicht expliz­it an Kriegsver­brechen beteiligt
gewe­sen seien, bleibe die SS in ihrer Gesamtheit eine verbrecherische
Organisation. 

Wellen schlägt der Vor­gang auch auf der poli­tis­chen Ebene. Ministerpräsident
Matthias Platzeck (SPD) beze­ich­nete ihn als “uner­hörten Vor­gang”. Die Union
dürfe jet­zt nicht zur Tage­sor­d­nung überge­hen. Auch SPD-Landesgeschäftsführer
Klaus Ness zeigte sich empört und forderte die CDU auf, klare Konsequenzen
zu ziehen. Wie die ausse­hen kön­nten, machte Bil­dungsstaatssekretär Martin
Gorholt (SPD) klar. “Würde so etwas in der SPD passieren, würde das einen
Rauswurf nach sich ziehen”, so der Koor­di­na­tor des lan­desweit­en Aktionplanes
Tol­er­antes Bran­den­burg. Der Auftritt des CDU-Kommunalpolitikers
kon­terkariere das Bemühen der Lan­desregierung im Kampf gegen
Recht­sex­trem­is­mus und Fremdenfeindlichkeit. 

Die CDU dis­tanzierte sich von der Teil­nahme ihres Kom­mu­nalpoli­tik­ers an dem
SS-Vet­er­a­nen-Tre­f­fen. Nach Darstel­lung von Wochatz habe der Kon­takt im
Rah­men sein­er Arbeit für den Volks­bund Deutsche Kriegsgräberfürsorge
stattge­fun­den, um im Braunkohlege­bi­et Wel­zow eine Umbet­tung aller gefallenen
Sol­dat­en zu sich­ern, heißt es in ein­er Erk­lärung. Den­noch sei die Teilnahme
“inakzept­abel”, so Gen­er­alsekretär Thomas Lunacek. Über weit­ere Konsequenzen
müsse jedoch
laut Satzung der CDU-Kreisver­band entschei­den. Wochatz lasse
solange sein Amt als Frak­tion­schef ruhen. 

Der Kreisver­band hält sich bedeckt. Man werde heute Abend dazu beraten,
teilte Kreis­chef Michael Haidan auf MAZ-Anfrage kurz mit. “Da möchte ich
nicht vorgreifen.” 

Ter­ror-Ver­band SS

Die SS war eine im Umfeld der NSDAP ange­siedelte paramil­itärische Gruppe und
wurde 1925 als “Stab­swache” zum per­sön­lichen Schutz Adolf Hitlers gegründet.
Unter ihrem “Reichs­führer SS” Hein­rich Himm­ler ermorde­ten spezielle
SS-Ein­satz­grup­pen Hun­dert­tausende aus ras­sis­chen oder poli­tis­chen Gründen.
Zur Bewachung der Konzen­tra­tionslager wur­den SS-Totenkopfverbände
eingesetzt. 

Auch Waf­fen-SS-Ver­bände waren an Kriegs­gräueln beteiligt. So löschten
Ange­hörige der Waf­fen-SS-Divi­sion “Das Reich” am 10. Juni 1944 den
franzö­sis­chen Ort Oradour-sur-Glane fast voll­ständig aus und ermorde­ten 642
Bewohn­er. Die 10. SS-Panz­er­di­vi­sion “Frunds­berg” wurde Anfang 1943
aufgestellt, benan­nt nach einem Land­sknecht­führer. Einge­set­zt war sie unter
anderem in Polen, in der Nor­mandie und kurz vor Kriegsende auch in der
Lausitz. Über Kriegsver­brechen ist nichts bekannt. 

In den Nürn­berg­er Prozessen wurde die SS 1946 als Hauptin­stru­ment des
poli­tis­chen Ter­rors zur “ver­brecherischen Organ­i­sa­tion” erklärt. 

Scharfe Kri­tik an Tre­f­fen mit SS-Veteranen

(Tagesspiegel, Frank Jansen) Sprem­berg — Die Empörung ist enorm. Aus mehreren Rich­tun­gen wird nun der
Rück­tritt von Egon Wochatz ver­langt, dem Vor­sitzen­den der CDU-Frak­tion im
Kreistag von Spree-Neiße. Wochatz hat­te sich, wie berichtet, Anfang Juni in
Sprem­berg mit ehe­ma­li­gen Sol­dat­en der SS-Divi­sion Frunds­berg getroffen.
Wochatz Ver­hal­ten sei ” ein uner­hörter Vor­gang”, sagte Ministerpräsident
Matthias Platzeck am Woch­enende. Platzeck mah­nte die CDU, “nicht ein­fach zur
Tage­sor­d­nung überzuge­hen”. SPD-Lan­des­geschäfts­führer Klaus Ness emp­fahl der
CDU, Wochatz zum Rück­tritt zu drän­gen, sollte er seinen Posten nicht von
selb­st räu­men. Wochatz lässt seinen Frak­tionsvor­sitz derzeit lediglich
ruhen. “Es ist mir unerk­lär­lich, wie sich jemand mit Vet­er­a­nen einer
ver­brecherischen Organ­i­sa­tion tre­f­fen kann”, sagte Ness. 

Wochatz hat­te sich dazu bekan­nt, am ersten Juni-Woch­enende in einem Lokal
etwa 30 ehe­ma­lige Sol­dat­en der SS-Divi­sion getrof­fen zu haben. Zur selben
Zeit fand in Sprem­berg ein Folk­lore-Fes­ti­val statt, bei dem auch eine Gruppe
aus der Nor­mandie auf­trat — als Zeichen der Ver­söh­nung 60 Jahre nach der
Inva­sion der Alli­ierten im von den Deutschen beset­zten Frankre­ich. Wochatz
traf sich trotz­dem, wie in früheren Jahren, mit den SS- Vet­er­a­nen, deren
Divi­son in der Nor­mandie gegen die Alli­ierten gekämpft hatte. 

“Ich bin erschrock­en, dass so etwas in Bran­den­burg möglich ist”, sagte die
PDS-Land­tagsab­ge­ord­nete Ker­stin Kaiser-Nicht. Wochatz müsse zurücktreten.
Der Spitzenkan­di­dat der Grü­nen bei der Land­tagswahl, Wolf­gang Wieland,
ver­langte eben­falls den Rücktritt. 

Die CDU hat sich in ein­er Pressemit­teilung von Wochatz Teil­nahme an dem
Tre­f­fen der ein­sti­gen SS-Män­ner dis­tanziert. Parte­ichef Jörg Schön­bohm sei,
hieß es in sein­er Umge­bung, “alles andere als begeistert”.

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