Interview, Fotos, MP3-Download zum Abschiedskonzert der Potsdamer Hardcore-Band
Chainbreaker sind Geschichte. Chainbreaker, das war eine der besten Hardcore-Punk-Bands aus dem Land Brandenburg. Nach sechs Jahren Bestehen mit
etwa 80 Konzerten und etlichen Vinyl-Veröffentlichungen werfen die vier Potsdamer das Handtuch. Aus Anlass der letzten beiden noch anstehenden
Konzerte, führten wir mit der Band ein Interview. Die Geschichte von Chainbreaker, Gedanken zu Punk und Hardcore, zu Politik und Nicht-Politik und
einige Anekdoten kommen zur Sprache.
Das letzte Konzert in Brandenburg findet am Freitag, dem 25. April im Black Fleck
(Zeppelinstraße 26) in Potsdam statt (zusammen mit Altare und The Now Denial (Flyer). Am Samstag, dem 26. April gibt es dann das endgültig letzte Konzert: In der Kastanie 85
(Kastanienallee 85 im Prenzlauer Berg) in Berlin (mit Insuiciety und The Now Denial).
Stellt euch bitte vor. Wie heißt ihr, welches Instrument spielt ihr, wie alt seid ihr?
Flo: Ich bin Flo, zurzeit 30 Jahre alt, spiele Schlagzeug.
Froesi: Ich bin Froesi, 177 Zentimeter groß und ich spiele Bass. Ich bin 32. Will ja nicht den Eindruck erwecken, es sei mir peinlich.
Stolle: Ich bin Dodo, Mad und immer wieder Stolle, in jedem Fall aber nicht weiter relevant. Ich bin 102 Profiljahre alt und kann immer noch nicht
Schlachzeuch spielen, weil ich es immer noch nie probiert habe, dafür allerdings dann Gitarre umso weniger.
Willy: ich Willy und bin 30! Sehe aber jünger aus.
Man hört, es hätten ein, zwei Leute von euch mit Solid Decline bzw. mit Y
zu tun (gehabt). Stimmt das?
Froesi: Ja. Ich habe in Y gesungen, als es diese Band noch gab, was aber dieselben Leute sind. Willy hat uns dann auch noch für unsere Ami-Tour
verstärkt, weil meine Stimme damals nicht so kräftig war… Jetzt singe ich noch bei Solid Decline, was aber auch dieselben Leute sind. Nur ein
anderer Name und ein anderer Sound.
Wann wurde Chainbreaker gegründet? Was war das Highlight in der Bandgeschichte?
Flo: Gegründet haben wir uns Anfang 2002. Bislang haben wir 80 Auftritte gehabt — bei den meisten davon hatten wir auch Spass. Highlight der
Bandgeschichte? Puuh — für mich waren die beiden kleinen Touren, die wir gemacht haben, das Highlight. Und die „Hetzjagd im Nichts“ LP, auf der wir so
sind, wie ich es immer haben wollte.
Froesi: Auf unserer ersten Tour haben wir im November 2005 auch im Besetzten Haus in Erfurt gespielt. Ich kann
mich nur noch an total viele Leute erinnern, die uns nicht von der Bühne lassen wollten. Alle sind irgendwie und auch zwangsläufig abgegangen, weil es
so voll war. Alle schienen die Texte zu kennen und mit zu singen. Das, zusammen mit dem Konzert im Black Fleck in Potsdam im August 2005 mit Pommes
Brutal aus Hamburg und Reizgas aus Potsdam, waren für mich die Highlights. Außerdem ist es für mich immer
sehr schön, mit den anderen rum zu hängen. Zum Beispiel sich mit Flo auf Tour die Städte anzusehen und von ihm etwas Wissenswertes zu erfahren. Der
kennt sich nämlich in vielen Dingen ganz gut aus, also was so etwas über Allgemeinwissen hinausgeht.
Mad: Das Highlight wird gleichzeitig zum Schlusslight. Am 25. April wird das Black Fleck offiziell abgerissen!
Wie nennen wir denn den Stil, den Chainbreaker spielen? Einfach Hardcore-Punk?
Flo: Jo — passt.
Dodo: Ich nenne ihn … Spielor! Wie ihr ihn nennt darf ich euch leider nicht verraten. Mit Hardcore und Punk is das ja immer so ne Sache, Die einen
weinen in ihr Bier, weil „das is ja gar kein Punk“, die andern haben extra ihre teuren Trainingssachen angezogen und können dann keinen einzigen
Roundhouse-kick unter die Leute bringen. Beides zusammengenommen steht dann für alles und garnichts und irgendwo dazwischen is immer ein Platz frei.
Willy: Solange wie “Geiler..” davor steht isses mir Jacke wie Hose, wies wer nennt! Aber Hardcore-Punk könnte hinkommen!
Worum ging es bei Chainbreaker? Welche Ketten wolltet ihr brechen?
Willy: Die Goldketten von Trainingshosen tragenden Hardcore-Bollos! Welche sonst!
Flo: Zu allererst ging es bei der Band darum, Musik zu machen. Die drei anderen waren vorher ja in der Band Crude B.E., hatten während einer
einjährigen Bandpause Lust, trotzdem ein bißchen Lärm zu machen und haben mich gefragt, ob ich da nicht mitmachen will. Es ging wirklich nur ums
Dampfablassen — nichts Originelles, keine „Karriere“ und auch keine politische Agenda. Auf den Namen Chainbreaker sind wir eher gekommen, weil uns im
ersten Jahr die Idee gefallen hat, alle „Hardcore“-Klischees zu verwenden, musikalisch und auch sonst. Ist ja auch ein Super-Klischeename. Hat mich
ziemlich gewundert, dass es dann doch noch gar nicht soooo viele Bands mit dem Namen gab.
Froesi: Zumindest keine Hardcore-Bands… Aber was Flo sagt, stimmt. Wir anderen waren alle bei Crude B.E. und der Schlagzeuger Loffi ist damals für
ein Jahr mit dem Fahrrad und seinem Cousin nach Afrika gefahren. Wir hatten einfach Bock, in der Zeit etwas zu machen. Es war dann von Anfang sehr
punkig und mir hat das sehr gut gefallen. Das Ganze ist dann doch ernsthafter geworden und wir haben einfach weiter gemacht, ein Demo aufgenommen,
Konzerte gespielt…
Und warum löst ihr euch auf?
Flo: Die Familien- und Jobsituation hat sich in den letzten Monaten bei uns ziemlich verschärft, so dass wir immer weniger Zeit hatten, um die Band so
richtig zu betreiben. Und bevor es einerseits stressig vom Aufwand und andererseits unbefriedigend vom Ergebnis her wird, haben wir beschlossen, die
Band zu beenden. Für mich persönlich kommt noch dazu, dass ich nach der LP nicht mehr so recht weiß, wie ich da noch mal einen draufsetzen kann.
Froesi: Was die Musik angeht, habe ich nicht das Gefühl, da käme nach der LP nichts mehr, weil wir sowieso immer das gemacht haben, was uns Spaß
macht. Flo hat wahrscheinlich dieses Gefühl, weil wir uns in letzter Zeit im Proberaum nur im Kreis gedreht haben und keine neuen Ideen hatten. Ich
spiele noch in einer anderen Band und auch bei mir nimmt das Studium und auch alles andere viel Zeit und vor allem auch Kopf in Anspruch. Ich war
einfach nur noch mit dem halben Arsch dabei und auf der LP zum Beispiel sind nur zwei Songs von mir. Nach langem Zögern habe ich mich entschieden,
auszusteigen, obwohl es mir sehr schwer viel fiel und ich mit ziemlicher Sicherheit auch die anderen enttäuscht habe.
Dodo: Du hast die Wahl. Es ist immer 50/50. Aufhörn-Weitermachen-Aufhörn-Weitermachen… Und dann hast du die Wahl: Willst du mit diesem Spiel aufhörn
oder weitermachen? Also, Aufhörn-Weitermachen-Aufhörn-Weitermachen… Und du entscheidest dich dafür, alles genau abzuwägen: entweder Aufhörn, oder
Weitermachen… am Ende stellt sich dann heraus, du weißt, was du willst. Du hast dir deine 50 ausgesucht und jetzt brauchst du nur noch den Pfad in
deinem Kopf zurückverfolgen in der Hoffnung, deine Rechts-Links-Grünschwäche möge heute nicht ganz so schwach wie sonst sein und fertig
ist die Kiste.
Klare Sache.
Willy: Ab einem bestimmten Alter is dit normal! Erst die Haare dann die Fingernägel… Dann Haut… Und so langsam löst man sich komplett auf!
Stammt ihr alle aus dem Land Brandenburg? Aus Potsdam? Wie kommt man dazu, Hardcore kennenzulernen und dann selbst eine Band zu starten?
Flo: Ich komme weder aus Potsdam, noch aus Brandenburg, sondern aus dem Raum Bad Dürkheim. Was einen dazu bringt, Hardcore zu hören und eine Band zu
starten? Keine Ahnung. Ich hab mich für Punkmusik und für Hardcore interessiert, weil das aggressive und laute Musik war, die mir gut gefallen hat.
Zuerst mal musikalisch, dann auch von dem, was die Musiker an Inhalten transportieren wollten. Und wenn man dann ein bißchen tiefer reinrutscht,
bleibt das meistens nicht aus, dass man sich auf die eine oder andere Art daran beteiligt — sei es, dass man selbst eine Band hat, oder dass man
Konzerte veranstaltet, Platten verkauft, ein Fanzine macht. Das Schöne ist ja, dass man mit einfachsten Mitteln durchaus Großartiges auf die Beine
stellen kann. Eine Band muss nicht notwendigerweise virtuos sein, um einen Haufen Energie zu transportieren. Ein Heft muss nicht notwendigerweise
teuer gelayoutet und gedruckt sein, um interessante Gedanken zu vermitteln… Ach, ich schweife ab. Kurz: ich hatte irgendwann Lust drauf, auch selbst
Krach zu machen, nachdem ich öfters den Krach von anderen gut gefunden hatte.
Froesi: Willy ist der einzige von uns, der ursprünglich aus Potsdam stammt. Ich selber komme aus Schwedt/Oder. Eine Kleinstadt, zu Ostzeiten ziemlich
bekannt für das Petrolchemische Kombinat. Arbeitgeber für fast alle der 50.000 Einwohner, von denen jetzt nur noch etwa ein Drittel da wohnen. Die
Wohnkomplexe, in die diese Stadt eingeteilt war, wurden nach der Wende dann auch zu einem großen Teil zurückgebaut. Als „national befreite Zone“ hat
sich Schwedt dann nach der Wende einen Namen gemacht, aber da war ich schon in Potsdam, habe also ein wasserdichtes Alibi… Die Antwort zum zweiten
Teil der Frage (der hier irgendwie gar nicht richtig passt…) geht so: Musst eben mit den richtigen Leuten rumhängen. Und irgendwie wollten wir alle
in einer Band sein und unsere Helden beklauen.
Mad: Ich hab mich nie für meinen Stammbaum interessiert. Aber ich bin mir sicher, ich stamme von woanders. Das war dann auch genau der Grund, wieso
ich mit Hardcore zusammengeführt worden bin. Ich wurde schon sehr früh entwurzelt und damit blieb fast gar keine andere Wahl, als es allen mit Punk
und dann auch Hardcore doppelt und dreifach zurückzugeben. Wie lange ich das noch durchziehn will, hängt davon ab, wie lange mein Nietengürtel noch
hält, aber solange gibt es keine Gnade, Vati! Naja, und als Band macht das Alleinetrinken einfach mehr Spaß.
Willy: Geil, wenn Frösi für mich antwortet! Ja, ich bin der einzige der hier geboren is, hier lebt und hier auch noch arbeitet und so Kram! Diese
Stadt is zum Kotzen! Wie man zu dem Ganzen kommt? Weiss gar nich mehr genau wies war aber ich glaube ich hab von Schneider mal Point Blank bekommen
was so mit die erste Hardcore-Sache war und dann nahm das Elend seinen Lauf! Jedes Konzert in Potsdam miterlebt wenn ich konnte! Egal ob ich die Band
kannte oder nich! Is ja heute leider nich mehr so bei vielen! Ja, jut, bei mir ooch nich! Das war alles so Anfang Neunzja! Dann die Schülerband sein
lassen und ich glaube 1993 oder 94 die erste Band! Dann kam Crude B.E. die keinen Sänger hatten und ab gings! Ich glaub so wars!
Was sind die Punkte, die bei Chainbreaker besonders viel Spaß gemacht haben? Was heißt DIY für euch,
was ist daran positiv? Was ist eher anstrengend?
Flo: Am meisten Spaß hatte ich bei Chainbreaker bei den Konzerten — wenn wir merken, dass wir es geschafft hatten, mit den Leuten zusammen einen guten
Abend zu haben. Oder als wir die LP aufgenommen haben und während dem Einspielen einfach gemerkt haben, dass wir es da richtig machen. Ansonsten halt
das Zusammensein einmal mit den drei anderen an sich und dann mit all den anderen netten Leuten, die wir über die Band so kennengelernt haben. Manche
dieser „Szene-Bekanntschaften“ sind schon so richtige Freunde geworden, z.B. Skräck aus Leipzig. Zu DIY
habe ich mich ja eben schon ein bisschen geäussert. DIY heißt für mich, selbst aktiv mitzuhelfen, dass dieser ganze Musik-/Szene-Zirkus auch weiter am
Laufen gehalten wird und nicht darauf hoffen, dass es irgendjemand anders schon machen wird. Als anstrengend habe ich es immer dann empfunden, wenn es
den Leuten z.B. beim Konzerteveranstalten schon gereicht hat, dass sie „ja überhaupt was machen“, ohne dass sie sich ein bisschen Mühe gegeben haben.
Wenn DIY heisst, dass man lustlos, unmotiviert und ohne ein Mindestmass an Organisation einfach planlos vor sich hinwurstelt und das „Selbermachen“
schon der ganze Selbstzweck ist und alles entschuldigt, kann man es auch sein lassen. Ich finde ja nicht, dass alles perfekt sein muss und wie am
Schnürchen klappen. Ich finde es aber schade, wenn so einiges nicht funktioniert (und andere umso mehr Arbeit haben), weil sich vorher niemand einen
Kopf gemacht hat, wie man eine Sache denn sinnvoll angehen könnte.
Dodo: Dito! Oder wie wir als ItalienerInnen richtigerweise sagen würden: „a detto“!
Froesi: Proben, Konzerte, Platten kaufen, Platten hören, Platten aufnehmen, Platten eintüten… Und mit den Jungs…
Willy: Spaß gemacht hat alles eigentlich! Alles andre muss ich ja nu nich wiederholen was die jungs schon sagten!
Ein guter Teil eurer Songs beackert gesellschaftliche Themen. Ihr habt ein Pro-Feminismus-Lied, eins gegen Boulevardzeitungen, eins gegen Nazis,
eins über den Stress, den man mit dem Chef auf Arbeit haben kann. Wie politisch sind Chainbreaker als Band, wie politisch seid ihr als Individuen?
Flo: Hmm… Eigentlich handeln unsere Songs doch fast ausschliesslich vom Saufen. Was ist denn mit „politisch“ gemeint? Niemand von uns bekleidet ein
politisches Amt, niemand ist parteipolitisch organisiert. Wir nutzen als Band halt das bisschen Raum, das wir haben, um es mit unseren Gedanken zu
füllen. Jeder Text basiert zunächst mal auf einem persönlichen Eindruck, auf einer persönlichen Ebene — das Thema oder der Anlass ist oft ein
„politischer“, aber auf Holzhammeragitation habe ich wenig Lust. Lieber jemand anders einfach mal die eigenen Eindrücke schildern. Bei vielen Sachen
habe ich eh viel zu wenig Ahnung, als dass ich mir anmaßen könnte, irgendwelche Lösungen und Patentrezepte feil zu bieten. Ich will eigentlich nur
beschreiben, was ich sehe und den Leuten ihre Schlussfolgerungen selbst überlassen.
Froesi: Hat er ganz gut gesagt. Wir sind so politisch, wie du sein kannst, wenn du Dinge schilderst, die dich bewegen oder ankotzen.
Stolle: Der Raum in dem wir uns bewegen, brummt regelrecht vor politischer Überladung. Daher ist es auch so gut wie unmöglich, unpolitisch zu sein.
Mit allem was wir tun, oder auch nicht tun, nehmen wir Einfluss auf Kommendes, Zukünftiges. So gesehn sind wir alle PolitikerInnen und deshalb fordere
ich: gleiche Diäten für alle!
Willy: Wie will man das definieren, wie politisch man is? Ich habe meine Prinzipien und einen guten Menschenverstand! Und diese beiden Sachen haben
sich sicher durch politische Themen geprägt!
Ihr spielt ein Cover von der Uralt-Deutschpunkband Toxoplasma. Musikalisch seid ihr aber keineswegs
Deutschpunk. Wie verbunden fühlt ihr euch zur Punkszene im Ganzen?
Flo: Wieso sind wir kein Deutschpunk? Wir spielen eine Art Punk, kommen aus Deutschland und haben deutsche Texte — was braucht es denn noch, um
„Deutschpunk“ zu sein? Was ist denn Deutschpunk? Ich habe mit der Bezeichnung echt meinen Frieden gefunden — zumal zwischen O.H.L. und Dackelblut, die
ich beide auf ihre Weise als „Deutschpunk“ empfinde, durchaus Platz für uns ist. Und was soll „die“ Punkszene sein? Wir verstehen uns schon als
Punkband — damit haben wir jedenfalls sicher mehr zu tun als mit vielen „Hardcore“-Bands, musikalisch, aber auch darüber hinaus. Dass wir nicht
unbedingt die Brunnenpunker mit Iros und „Schiess doch, Bulle“-Sprüchen auf dem Rücken sind – geschenkt…
Froesi: Außerdem ist doch wirklich niemand an Toxoplasma vorbei gekommen. Sei es nun 1983 im Westen gewesen, als die erste LP raus kam oder Anfang der
90er, als sie sich noch mal zusammen getan haben, um den Osten aufzukaufen. Alle haben dazu schon mal gepogt. Deswegen mag ich den Coversong auch so.
Alle kennen den und können mitsingen. Die ganzen zugehackten Emos, die Metals, die Hardcore-Heinis, na ja, und die ganzen Punks sowieso. Alle
verbinden damit irgendeine bestimmte Zeit, die wenigstens bei mir nicht völlig frei von unfreiwilliger Komik war. Und alle fühlen sich daran erinnert
und feiern zusammen ab, obwohl die Erinnerungen vielleicht völlig andere sind. Reicht.
Dodo: Wie verbunden fühl ich mich zur Punkszene im Ganzen…? Global gesehn? So generell? Watt für ne komplexe frage. Ja und nein! Nich zu allem fühl
ich mich hingestoßen, aber zu vielem fühl ich mich fortgewidert. Und ditt is doch Punk, watt für goldene Weisheiten. Die Einstellung zählt
undsoweiterundsoweiter. Und nich wieviel Sternburg-Buttons du uffe Fliegerjacke von deiner Oma hast. Punk heisst unter anderem zwar ooch Schwamm, aber
wenn ditt einzige watt du noch aufsaugen kannst, Bier is, denn kann ick mit dir genauso viel watt anfangen, wie mit ner horde Vollrentner beim
Karnevalskegeln.
Willy: Punk und Szene… Naja… Mich hat das ganze die letzten was-weiß-ich wieviel Jahre begleitet! Also verbinde ich da schon nen wichtigen Teil
meines Lebens mit! Außer die „saufend vorm Supermarkt asseln“-Phase is bei mir noch nich angekommen! Aber ob das nu der Punk is den ich kenne… Denke
nich! Punk is nu nich grad die Legitimation zum übermäßigen Saufen und sich scheiße benehmen!
Welche Konzertläden im Land Brandenburg habt ihr im Laufe der Zeit kennengelernt? Wo wars toll, wo ätzend? Welche Bands findet ihr gut?
Flo: In Brandenburg haben wir ziemlich oft in Potsdam gespielt und einmal in Wittenberg — das war’s dann auch schon. Ist ein bisschen schade, dass da
wenig zu sein scheint bzw. dass wir davon nichts mitgekriegt haben. Wir hätten gerne an Orten gespielt, wo wir noch nicht waren und wo es auch ein
sinnvolles Statement gewesen wäre, dort zu sein, die Leute nicht mit den Stiefelnazis alleine zu lassen. Schade.
Auch was Bands betrifft, haben wir ausserhalb von Potsdam, vielleicht noch Rathenow nicht viel gehört. Insofern kann ich nur hoffen, dass da draußen
voll die geilen Bands sind…
Worum geht es im Song „Dorfnazis must Die“? Was war der Anlass, den zu schreiben?
Flo: In dem Song geht es um die besonders traurige Sorte Leute, die sich selbst für rassisch auserwählt halten und ihr überlegenes Dasein tagtäglich
an ihrer spannenden Bushaltestelle mit einem Kasten Bier zelebrieren müssen. Als wir noch in Golm, kurz vor Potsdam geprobt haben, sind wir desöfteren
an so einem Trupp Idioten vorbeigekommen, die gleichermassen lächerlich wie angsteinflössend waren, so dass dann irgendwann der Text bei rausgekommen
ist.
Für Leute, die nicht aus Potsdam kommen: Was sind denn die C‑Bands, von denen ihr auf der LP schreibt?
Flo: Es handelt sich um eine satanische Geheimsekte, deren innerer Führungszirkel aus uns besteht und die Erwähnung ist ein geheimer Ritus, um die
Kräfte des Bösen zu evozieren… Die Wahrheit ist viel einfacher: Das sind alle Bands aus Potsdam, deren Namen mit C anfängt. Also wir selbst, Cyness, Confessed Crime, Cancer Clan, Curse The Cross, Crowskin, nicht zu vergessen die verblichenen Crude B.E.. Ist seit einiger Zeit irgendwie so, dass alle unsere Freunde Bands gründen, in deren Namen ein C steht.
Was ist für die Zukunft zu erwarten? Wird es noch eine Chainbreaker-Veröffentlichung geben? Bzw. spielt ihr aktuell noch in anderen Bands?
MAD: True til death, egal wer von beeden zuerst dran globt. Aber ma im Ernst, ick werd weiter Konzerte machen und meen Teil dazu beitragen, damit von
irgendwem anders den ihre Kinder ooch Punk genießen können wenn andre schon längst „vernünftig“ geworden sind..
Flo: Ich spiele weiterhin in der Band Crowskin (eine C‑Band!) Gitarre.
Willy: Und wie treu! Ich mach bei Cold War (mit C… yes) weiter und mal schauen ob sich da noch was
ergibt! Sonst werde ich versuchen, weiterhin so oft wie mögliche meinen Arsch zu Shows bewegen und wenns geht mal wieder Bands bekochen oder was zu
machen! War viel zu selten in der letzten Zeit!
Zum Abschluss bitte ein kleines Geheimnis von jedem Bandmitglied! Ein obskures Hobby, eine Anekdote, ein peinliches Geschichtchen aus der Jugend,
eine eigentlich uncoole Lieblingsscheibe im heimischen Plattenschrank …
Flo: Uncoole Lieblingsscheiben habe ich keine — ich steh zu allem, was bei mir so rumsteht, jawohl, auch zu den Strassenjungs! Obskure Hobbies habe
ich eigentlich auch nicht (außer mit 30 immer noch in einer Band wie Chainbreaker mitspielen).
Froesi: Wenn das so ist, teilen wir wohl ein obskures Hobby… Was mich betrifft, ist meine Lieblings-Peinliche-Geschichte, wie ich mir 1989 auf dem
Hermannplatz in Berlin für mein Begrüßungsgeld eine Stonewashjacke gekauft habe und das zu einer Zeit, als alle anfingen bunte Witboy Karotten zu
tragen. Als ich sie dann das erste Mal in der Schule nicht ohne Stolz aufgetragen habe, kam das Mädchen, auf das ich damals stand vorbei und sagte mit
nicht zu übertreffender Ironie in der Stimme „coole Jacke“. Danach habe ich das Ding nie wieder angezogen. An peinlichen Platten habe ich nichts
weiter, außer man möchte die „Appetite for Destruction“ von Guns’n‘Roses unbedingt dazu zählen.
Stolle: Mein kleines Geheimnis — ich bin gar nich so schlau, wie ich tue. Mein obskures Hobby — ich trage benutzte Unterwäsche. Meine peinliche
Anekdote — ich dachte, Karottenjeans und Nikestiefel sind Punk. Und so wars dann auch. Meine uncoole lieblingsscheibe — Hot Chocolate: „Hottest Hits“
Willy: Erstens Frösi: Zu der Zeit hat man keine Witboy-Karotten getragen sondern wenn Witboy, dann die weiten Dinger, dazu Rolli undn Hemd drüber! So
bin ich rumgerannt aber meine Hosen waren von Pash! Dazu kamen immer Sachen von Football-Teams und jeder hatte seine Mannschaft von denen er allet
anhatte (meine war Frankfurt Galaxy)! Jacke, Cap, Sshirt und und und! Natürlich hatte keener von uns je son Spiel jesehn aber wat solls! Und immer
schön uffm Hardenbergplatz in Berlin rumposen! Grausame Zeit! War dit peinlich jenuch? Achso… Ick hab mal Squaredance jemacht und Flöte im
Spielmannszug jespielt! Jetz bin ick raus!
Discografie Chainbreaker
Chainbreaker — Demotape (2004
, ausverkauft).
Chainbreaker — Chainbreaker 7“.
VA — Deutschland in Decline 7“ (2005).
Chainbreaker / Mönster Split 7“.
Chainbreaker – Hetzjagd ins Nichts LP (2007).
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MP3 zum Download:
Chainbreaker — Dorfnazis must die (MP3-Datei, 1.1 MB)