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Computer suchen Brandstifter


Eine bun­desweit ein­ma­lige Daten­bank hil­ft in Bran­den­burg das Täter­pro­fil zu ermitteln

(Katrin Bischoff) EBERSWALDE. Am 16. Juni 2003 bran­nte es in Berken­brück und sein­er nahen Umge­bung zum 31. Mal. Die Polizei ging von einem Seri­en­täter aus, der in der zum Land­kreis Oder-Spree gehören­den Gemeinde seit Mai 2001 vorsät­zlich Feuer gelegt hat­te. Doch wer war der Mann, den die Beamten seit zwei Jahren sucht­en. Woher kam er, warum steck­te er Wälder, Con­tain­er und Gebäude in Brand? 

Mit 66-prozentiger Sicherheit

Zwei Tage nach diesem Feuer hat­te Krim­i­naloberkom­mis­sar Har­ry Jäkel vom Lan­deskrim­i­nalamt (LKA) Bran­den­burg die Ermit­tlungsak­ten zu Berken­brück aus­gew­ertet und ein Pro­fil des Täters erstellt. Der Brand­s­tifter sei, so hieß es darin, ein Mann im Alter von etwa 24 Jahren, der in Berken­brück wohne. Mit 66-prozentiger Sicher­heit han­dele es sich um einen Einzeltäter. Zugle­ich gehe man davon aus, dass der Feuer­leger Mit­glied der Frei­willi­gen Feuer­wehr sei und die Tat­en, bei denen er direkt im Ort zün­delte, unter Alko­hole­in­fluss began­gen habe. 

Erar­beit­et wur­den diese Aus­sagen mit Hil­fe des Forschung­spro­jek­tes “Täter­pro­fil von Brand­s­tiftern”, zu dessen Ini­tia­toren Krim­i­naloberkom­mis­sar Jäkel im Jahr 2000 gehörte und das das LKA gemein­sam mit Kol­le­gen der Fach­hochschule der Polizei des Lan­des führt. Es geht dabei um den Auf­bau ein­er bun­desweit bis­lang einzi­gar­ti­gen Brand­s­tifter-Daten­bank. Damit wollen sie die Methodik der oper­a­tiv­en Fal­l­analyse — des Pro­fil­ing — auch für die Brand­krim­i­nal­ität nutzbar machen. “Wir möcht­en den Ermit­tlern vor Ort Ermit­tlung­sh­in­weise liefern, mit denen sie sich ein Bild von ihrem Täter machen kön­nen”, sagt Jäkel. Vorge­hensweise, Motiv und Per­sön­lichkeit des Feuer­legers — all das soll durch den Ver­gle­ich mit ähn­lich gelagerten Fällen erstellt wer­den kön­nen. Im Herb­st 2004 will die zwölfköp­fige Forschungs­gruppe mit ihren Ergeb­nis­sen an die Öffentlichkeit gehen. Schon jet­zt ist das Inter­esse deutsch­landweit groß. So gibt es in Nieder­sach­sen seit Jahren eine Serie von mehr als 200 Brand­s­tiftun­gen, bei der die Fah­n­der nicht weit­erkom­men. Jet­zt sollen die Bran­den­burg­er Kol­le­gen helfen. 

Dat­en für das Landeskriminalamt

Bish­er hat das Forschung­steam 775 Brand­s­tiftun­gen, die seit 1992 im Land Bran­den­burg aufgek­lärt wur­den, in die Datei eingegeben. Aus Sach­sen-Anhalt, auch hier gibt es Inter­esse an der Datei, kamen 175 Fälle hinzu, Sach­sen schick­te sog­ar 300, Meck­len­burg-Vor­pom­mern will dem­nächst Dat­en an das LKA nach Eber­swalde weiterleiten. 

Zu jedem Fall, erk­lärt Jäkel, habe es einen umfan­gre­ichen Fragekom­plex gegeben. 214 Fra­gen mussten die Kol­le­gen beant­worten: Etwa zum Alter des Täters, zu sein­er beru­flichen und famil­iären Sit­u­a­tion, zum Tatort, zur Tatzeit, zum Vorge­hen beim Zün­deln. Selb­st die Schul­bil­dung ist gefragt und die Ent­fer­nung vom Wohn- zum Tatort. “Es gibt rund 700 Antwort­möglichkeit­en”, sagt der Krim­i­nal­ist. All das werde per Com­put­er erfasst. 

Es gab schon zuvor zahlre­iche krim­i­nol­o­gis­che Unter­suchun­gen zu Brand­s­tiftern. “Aber wir sind bish­er die Einzi­gen, die die Brand­s­tifter nicht alle über einen Kamm scheren, son­dern sie nach ihren Motiv­en ein­teilen und zugle­ich Per­sön­lichkeit sowie Tathand­lung in die Betra­ch­tung ein­beziehen”, sagt Jäkel. So gehe der Ver­sicherungs­be­trüger anders vor als ein Täter, der aus Rache einen Brand lege. 

Vier Täter­grup­pen unter­schei­det das Forschung­spro­jekt nach Motiv­en. Und jede dieser Grup­pen lege die Brände anders. Da ist zunächst der Täter, der sich durch die Brand­s­tiftung einen “kalkulierten Vorteil” ver­schaf­fen will. “Dazu gehören Ver­sicherungs­be­trüger, aber auch Leute, die mit dem Brand eine andere Straftat verdeck­en wollen.” Täter­gruppe zwei, das sind jene zumeist krankhaften Zündler, die sich an der Angst ander­er erfreuen. Dann fol­gen jene Täter, die poli­tisch motiviert han­deln und etwa Asyl­be­wer­ber­heime ansteck­en. Am größten jedoch ist die vierte Gruppe: Men­schen, die aus Gel­tungssucht, Verärgerung oder Rache Feuer leg­en. Beson­ders auf­fäl­lig sei bei dieser Täter­gruppe der hohe Anteil der Brand­s­tifter, die die Nähe zur Feuer­wehr suchen. “Oft­mals han­deln diese Täter, um bei den Löschar­beit­en Lob zu ern­ten, um zu zeigen, was sie kön­nen”, sagt der Kriminaloberkommissar. 

Täter war Feuerwehrmann

Der Serien­brand­s­tifter von Berken­brück wurde in der Nacht zum 9. August von der Polizei gefasst. Eine 64-jährige Frau war durch das Bellen ihres Hun­des geweckt wor­den. Als sie auf den Hof trat, sah sie, dass ihr Schup­pen bran­nte, dann erkan­nte sie einen flüch­t­en­den Mann. Später bekam das Forschung­steam von den zuständi­gen Ermit­tlern Infor­ma­tio­nen über den mut­maßlichen Täter. Damit wurde bestätigt, wie dicht Jäkel und seine Kol­le­gen mit ihrem Täter­pro­fil gele­gen hat­ten. Der tatverdächtige Sven B. wohnt in Berken­brück. Er ges­tand bei sein­er Vernehmung an die 30 Brand­s­tiftun­gen. Sven B. ist 27 Jahre alt. Er war zwei Jahre jünger, als er damit begann, Feuer zu leg­en. Der Mann war vor sechs Jahren Mit­glied der frei­willi­gen Feuer­wehr gewor­den und hat­te es dort zulet­zt zum Grup­pen­leit­er gebracht. 

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