Etwa 2500 Teilnehmer haben gestern Abend in Cottbus gegen das
Hartz-IV-Gesetz demonstriert. Dabei kam es auf dem Oberkirchplatz zu
verbalen Auseinandersetzungen um ein Plakat, das von den Veranstaltern
als «rassistisch» eingestuft wurde. Die Träger wurden des Zuges verwiesen.
«Wir wissen, es wird versucht, unseren Protest in die rechte Ecke zu
stellen. Aber wir werden einen Missbrauch unserer Demo nicht zulassen» ,
rief Lothar Judith vom Bündnis für soziale Gerechtigkeit dem sich
sammelnden Publikum auf dem Oberkirchplatz zu.
Kurz zuvor hatte eine junge Frau ein Plakat erhoben. Darauf stand: «Ich
bin kein Rassist. Aber für einige Ausländer ist Deutschland das Land der
unbegrenzten Möglichkeiten.»
Während die veranstaltenden Gewerkschafter und zwischenzeitlich auch die
Polizei versuchten, die Frau dazu zu bewegen, das Transparent
herunterzunehmen, sagte einer ihrer Begleiter: «Für die Wahrheit wirste
hier bestraft.» Er heimste Beifall ein und schaute zufrieden. Die Frau
rechtfertigte sich: «Das ist doch so. Ich bin kein Rassist. Ich habe
viele Kontakte zu Ausländern.»
«Weg mit dem Plakat» , rief dagegen ein Teilnehmer, «Nazis raus» , ein
weiterer. Ein anderer sagte: «Wieso, die haben doch recht.» Zu den
Polizisten sagte er: «Euch triffts doch auch bei dieser Regierung.»
Als die Polizei das umstrittene Plakat nicht beschlagnahmte und die
Trägerin wieder in die Menge zurückkehrte, gab es erneut Beifall. «Sie
hätte dazu schreiben sollen, wie viele Deutsche sich an Ausländern
bereichern» , meinte ein Demon strant. Ein anderer sagte: «Das ist
textlich sicherlich kritisch, aber wenn das die Meinung der Bürger ist…»
Polizei und Ordner verwiesen die Plakatträger zunächst ans Ende des
Zuges – in dem unübersehbar auch Sympathisanten der rechten Szene
mitmarschierten –, der sich zur Stadthalle aufmachte. Dort trennten
Polizeibeamte auf Bitte der Veranstalter die Gruppe von den anderen
Demonstranten. «Die Veranstalter haben ihr Plakat beanstandet, wir haben
das durchzusetzen» , sagte der Einsatzleiter. Einer aus der Gruppe
wünschte höflich einen «wunderschönen Abend noch» , um wenige Meter
weiter deutlicher zu werden: «Die haben doch einen an der Waffel.»
Auf der Kundgebung warnte der Betriebsratsvorsitzende des
Bahn-Ausbesserungswerkes, Heinz-Gerhard Kretschmar, vor dem Abbau
weiterer 120 Arbeitsplätze im Cottbuser Werk: «Das könnte heißen, dass
bis zu 400 Menschen die Stadt verlassen.»