Am vergangenen Freitag haben sich im Stadtteil Sachsendorf viele Menschen einer unangemeldeten Versammlung gegen die neue Flüchtlings-Erstaufnahmestelle in der Poznaner Straße angeschlossen. Im Internet ursprünglich als Versammlung angekündigt, die aufgrund von Sorgen und Ängsten stattfinden sollte, traten schnell dumpfer Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu Tage. Angst hatten wohl nur die Menschen, gegen die sich die illegale Versammlung richtete. Viel zu sehr erinnerte die Situation an den August 1992: Hunderte Neonazis hatten mehrere Tage lang Wohnblöcke angegriffen, die als Asylunterkünfte genutzt wurden. Es wurden Molotow-Cocktails, Flaschen und Steine geworfen. Diese Geschichte darf sich nicht wiederholen. Hier ist die Cottbuser Zivilgesellschaft gefragt.
Sachsendorf ist heute ein Stadtteil, der geprägt ist von Zuwanderung und Vielfalt. Geflüchtete werden dort schon seit Jahren in einer Sammelunterkunft untergebracht. Viele von ihnen bleiben in Sachsendorf nachdem ihr Asylantrag bewilligt wurde. Sie ziehen in eine eigene Wohnung, ihre Kinder gehen hier zur Schule oder in den Kindergarten, sie haben hier ihren Hausarzt. Oft bestehen enge Freundschaften und Bekanntschaften mit alteingesessenen Menschen. Sachsendorf, das vielen als sozialer Brennpunkt verschrien war, hatte einen guten Weg gefunden: Weg von der Stimmung der 90er Jahre hin zu einem Viertel in dem Migration als Chance begriffen wird.
Die Situation, dass Geflüchtete in den Turnhallen in der Poznaner Straße untergebracht werden, ist für alle neu und für niemanden wünschenswert. Unterschiedliche rechte Parteien versuchen aus der Situation Kapital zu schlagen und Bürger*innen auf ihre Seite zu ziehen. Neonazis aus dem organisierten NPD-Umfeld hetzen im Internet, initiieren und organisieren rassistische Versammlungen. Die Unterbringung der Geflüchteten in den Turnhallen dient den Nazis als Aufhänger, die Stimmung Anfang der 90er Jahre wieder aufleben zu lassen.
Unsere neuen Nachbar*innen müssen geschützt werden. Zugleich ist es wichtig, Vorurteile, Ängste und Unklarheiten zu beseitigen und miteinander ins Gespräch zu kommen oder zu bleiben. Es kann nicht das Ziel sein, innenpolitische Probleme auf dem Rücken von geflüchteten Menschen auszutragen. Wir sind überzeugt davon, dass es immer die bessere Lösung ist, sich in Freundschaft und mit freundschaftlicher Absicht zu begegnen.
Dazu laden wir die ganze Stadt am Freitag ein. Mit einer facettenreichen Demonstration wollen wir ein Zeichen der Solidarität setzen. Wir wollen beim Hoffest vor der Erstaufnahmeeinrichtung den Geflüchteten zur Seite stehen. Wir dürfen uns in unserer Hilfsbereitschaft und Humanität nicht spalten lassen — egal ob Helfende, Angestellte, Ehrenamtliche, Menschen aus der Stadtmitte, Sachsendorfer*innen, Neuzugezogene oder Alteingesessene.
Denn Freundschaft überwindet Grenzen.
FR 16.10. | 16:00 | Bhf. Cottbus
Kategorien