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Antifaschismus

Damals wie heute: Faschismus bekämpfen! Antifa-Demo in Gedenken an Erich Mühsam

mühsam2017Antifaschis­tis­che Demon­stra­tion am 15. Juli in Oranien­burg in Gedenken an Erich Mühsam
Am 10. Juli wurde der Schrift­steller Erich Müh­sam im ersten Konzen­tra­tionslager in Oranien­burg von SS-Wach­män­nern ermordet. Mit ein­er Gedenkdemon­stra­tion durch Oranien­burg wollen wir an Müh­sam als Men­schen und an sein viel­seit­iges Wirken als Antifaschist, Anar­chist und Freigeist erin­nern. Um eine Brücke in die heutige Zeit zu schla­gen wollen wir lokale Neon­azi-Aktiv­itäten aufdeck­en, denn Anlass ist genug für eine befre­ite Gesellschaft ohne Nation­al­is­mus, Ras­sis­mus, Anti­semitismus und weit­er­er men­schen­ver­ach­t­en­der Ide­olo­gien auf die Straße zu gehen. Erich Müh­sams wirken soll nicht vergessen sein — der Kampf geht weiter!
“Zweck mein­er Kun­st ist der gle­iche, dem mein Leben gilt: Kampf! Rev­o­lu­tion! Gle­ich­heit! Freiheit!”
Rev­o­lu­tionär, Utopist, Frei­denker, Anar­chist, Antifaschist, Syn­dikalist. Erich Müh­sam war Vieles. Sein Engage­ment für poli­tis­che Gefan­gene, sein Ein­satz gegen Mil­i­taris­mus und der rev­o­lu­tionäre Kampf für Frei­heit und Gle­ich­heit machte ihn ein­er­seits zu ein­er bedeu­ten­den wider­ständi­gen Fig­ur sein­er Zeit. Ander­er­seits wurde Müh­sam wegen seines poli­tis­chen Ein­fluss zum gefürchteten Staats­feind. Als Sohn eines jüdis­chen Apothek­ers, link­er Intellek­tueller und Anar­chist war er den Nazis schon vor ihrer Machter­grei­fung ein Dorn im Auge. Am 28. Feb­ru­ar 1933, einen Tag nach dem Reich­stags­brand, wurde Erich Müh­sam als “poli­tisch verdächtige Per­son” ver­haftet und in das Konzen­tra­tionslager Oranien­burg inhaftiert. Am 10. Juli 1934 verkün­dete die nation­al­sozial­is­tis­che Presse, dass Müh­sam den Fre­itod gewählt und sich erhangen habe. Doch ein Suizid kam für ihn nicht in Frage: “Niemals werde er sich selb­st töten”, hat­te Erich Müh­sam einem Mithäftling anver­traut. Er wurde im Zim­mer des Lagerkom­man­dan­ten ermordet und gilt als eines der ersten Opfer des NS-Ter­ror­regimes. Auch nach 17 Monat­en Folter gelang es den Nazis bis zulet­zt nicht, seinen Willen zu brechen. Den Kampf gegen den Nation­al­sozial­is­mus hat­te er nie aufgegeben — sein Ver­mächt­nis wollen wir weit­er­hin in unseren Herzen tragen.
Seit ger­aumer Zeit brodelt es in Oranien­burg und Umgebung!
Oranien­burg besitzt über Jahre hin­weg eine starke, organ­isierte Neon­azi-Szene. Fed­er­führend dabei ist die lokale NPD-Struk­tur mit dem Kreisver­band Ober­hav­el, der als ein­er der aktivsten Ver­bände des Lan­des gilt. Obwohl bun­desweit als “tot-gesagt” besitzt die NPD in Ober­hav­el mit neun Sitzen in den Stadt- und Gemein­de­v­ertre­tun­gen die höch­ste kom­mu­nale Ver­ankerung. Dies macht sich nicht nur in den Par­la­menten bemerk­bar. Gezielt rei­hen sich NPD-AktivistIn­nen in die lokalen Vere­ine ein, mit dem Ziel, eine bre­it­en gesellschaftlichen Akzep­tanz für ihre völkisch-nation­al­is­tis­che Ide­olo­gie von unten zu etablieren. So ver­wun­dert es nicht, dass die NPD es geschafft hat sich unbe­merkt unter den Tarn­na­men “Pro­jekt Hab­u­la — Furor Teu­ton­i­cus” auf das örtliche Stadt­fest Mitte Juni dieses Jahres zu schle­ichen und als Mannschaft an dem Drachen­bootren­nen teilzunehmen. In Hin­blick auf die Bun­destags- und Bürg­er­meis­ter­wahlen im Sep­tem­ber 2017 hat­te die Touris­mus und Kul­tur GMBH Oranien­burg (TKO) erst­mals das Ver­bot poli­tis­ch­er Parteien auf dem Fest ver­hängt. In einem State­ment gegenüber der Presse sah man den Antritt der NPD bei dem Drachen­bootren­nen ohne Sorge. Denn die Partei hat­te es verzichtet mit poli­tis­chen Inhal­ten auf dem Fest aufzutreten. (1 & 2). Doch die bloße Präsenz der Mannschaft und ihrer Besatzung ist bere­its ein Poli­tikum. Denn in dem Boot befan­den sich nicht nur NPD-Poli­tik­er wie der Vel­tener Stadtverord­nete Robert Wolin­s­ki, son­dern auch weit­ere Neon­azi-Aktivis­ten der Recht­saußen­partei, sowie ihrer Jugen­dor­gan­i­sa­tion, der Jun­gen Nation­aldemokrat­en (JN). Auch der Name der Mannschaft ver­rät ein­deutig die Gesin­nung der Insassen. “Furor Teu­ton­i­cus” bedeutet aus dem römis­chen “Ger­man­is­che Angriff­s­lust” und war das Mot­to eines Recht­sRock-Konz­erts der “Märkischen Skin­heads 88” (MS88) in März. Bei den MS88 han­delt es sich um ein Recht­sRock-Ver­anstal­tungsla­bel, bei den Wolin­s­ki eine Schlüs­selfig­ur darstellt. Die MS88 organ­isieren bun­desweit Recht­sRock-Konz­erte mit namhaften Bands, die nicht nur Verbindun­gen zu den in der Bun­desre­pub­lik ver­bote­nen “Blood&Honour”-Strukturen und Rock­er-ähn­lich organ­isierten “Ham­mer­skins” aufweisen, son­dern auch dem NSU-Umfeld zugerech­net wer­den. (3)
Erin­nern heißt Kämpfen!
Heute, 83 Jahre nach sein­er Ermor­dung, dro­ht Erich Müh­sams Wirken in Vergessen­heit zu ger­at­en. Auf dem Gelände der ehe­ma­li­gen Brauerei, auf dem das erste Konzen­tra­tionslager in Oranien­burg ent­stand, ste­ht eine Lidl-Fil­iale. Nur die Außen­mauer des Gelän­des und eine Gedenkstein erin­nern an den Ort, an dem nicht nur Erich Müh­sam bru­tal aus dem Leben geris­sen wur­den. Die Ver­brechen der Nazis sind Geschichte? Manch ein/e wün­sche sich den Schlussstrich, eine Vergessen oder ein Verzei­hen. Doch solange recht­spop­ulis­tis­che und extrem rechte Parteien wie die Alter­na­tive für Deutsch­land (AfD) immer größeren Zus­pruch ern­ten, solange Flüchtling­sheime bren­nen und die Zahl ras­sis­tis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Über­griffe in die Höhe implodiert, solange der NSU mith­il­fe Umfeld unter den Augen des Ver­fas­sungss­chutzes und ander­er Behör­den jahre­lang schein­bar “unbe­merkt” durch das Land ziehen kon­nte und zehn Men­schen ermordete, gibt es Nichts zu vergessen und Nichts zu verzeihen!
Wir rufen auf am 15. Juli in Oranien­burg auf die Straße zu gehen um das Ver­mächt­nis von Erich Müh­sam in die Köpfe zu tra­gen. Die gegen­wär­tige Sit­u­a­tion macht es uns deut­lich, dass der Kampf gegen den Faschis­mus heute so notwendig ist wie eh und je. Gesellschaftliche Ver­hält­nisse zu benen­nen, neon­azis­tis­che Zusam­men­hänge zu beleucht­en und eine antifaschis­tis­che Wider­stand­skul­tur zu etablieren ist unser Ziel.
Denn Erin­nern heißt für uns auch kämpfen — daher: damals wie heute, Faschis­mus bekämpfen!
Antifaschis­tis­che Gedenkdemonstration:
15. Juli 2017 | 13 Uhr | S‑Bhf. Oranienburg
Kon­takt:
antifao­ranien­burg [ät] riseup.net
Einzel­nach­weise:
(1) http://www.maz-online.de/Lokales/Oberhavel/Gewaltandrohung-und-geloeschte-Fotos
(2) http://www.moz.de/landkreise/oberhavel/oranienburg/oranienburg-artikel/dg/0/1/1582502/
(3) https://www.inforiot.de/ms88-will-konzert-in-mitteldeutschland-veranstalten/

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