LINTHE “Ich wollte mal aus Brandenburg raus und ein fremdes Land entdecken”, erklärt Danny Lenz den Auslöser. Vor zwei Jahren hatte er auf einen MAZ-Artikel reagiert und sich für ein Jugendlager in Russland angemeldet. Seitdem schwärmt der 19-Jährige von den Exkursionen, Arbeitseinsätzen auf den Friedhöfen, Sportfesten und neuen Freunden: “Die zwei Wochen haben alles verändert.” Sich in der Kriegsgräberfürsorge zu engagieren, gehört nicht unbedingt zu den angesagtesten Hobbys unter Jugendlichen.
Einige würden nicht verstehen, dass er sogar Geld zahlt, um im Ausland zu arbeiten. Aus Schuldgefühlen ist Danny Lenz keineswegs zum Jugendarbeitskreis (JAK) gekommen. “Die Menschen sind von verschiedenen Regimen verheizt worden”, sagt er. Eine schöne Ruhestätte hätten alle Kriegsopfer verdient. Der Linther ist nur eines von 40 Mitgliedern im JAK Land Brandenburg, das sich für die Ziele des Volksbundes einsetzt. Junge Menschen sollen an die Gräber geführt und für die Folgen von Gewalt sensibilisiert werden. “Nebenbei räumt der Kontakt zu anderen Kulturen mit Vorurteilen auf”, sagt Lenz.
Früher habe er angenommen, dass Russland grau, schmutzig und verfallen ist. Schließlich war er von der Gastfreundschaft überwältigt und von Kaliningrad beeindruckt. “Wichtig ist auch das binationale Zusammenleben im Camp”, erzählt er. Trotz mancher Sprachbarrieren habe die Verständigung funktioniert. “Kommt man mit Russisch nicht weiter, geht es auch mit Händen und Füßen.” Während der Zeit im Zeltlager entdecken die 16- bis 18-Jährigen gleiche Interessen und schließen Freundschaft. “Die Arbeit belebt das Gruppengefühl und die Produktivität hinterlässt ein gutes Gefühl”, beschreibt Danny Lenz die Einsätze. Während der Schwerpunkt im Sommer auf Jugendlager in Europa gerichtet ist, vergeht das restliche Jahr nicht ungenutzt. “Wir bilden uns weiter, haben Spaß in der Gemeinschaft, besuchen Gedenkstätten, sprechen mit Zeitzeugen oder tragen ein Volleyballturnier aus, wie am 8. und 9. Oktober in Bremen.” So erreicht der Volksbund bundesweit etwa 10 000 junge Leute.
Die spontane Sommeridee hat inzwischen das Leben des Linthers beeinflusst. Aus dem JAK kristallisieren sich ehrenamtliche Leiter. In Schulungen bildet der Volksbund so genannte Teamer aus. Danny Lenz hat einen Lehrgang absolviert und möchte später selbst ein Camp führen. Den russischen Standort in Baltijsk haben sie abgearbeitet. Von Null anfangen mussten sie in der Saison im masurischen Elk/Lyck. Der Friedhof war mit Hecken, Büschen und Gräsern überwuchert. “Gräber und Wege waren nicht mehr zu erkennen”, erzählt Danny Lenz von seinem ersten Ausflug nach Polen. Jeden Tag hieß es um 7 Uhr Aufstehen. Aber geschuftet wurde nicht immer.
“Von zwei Wochen arbeitet man fünf Tage”, erklärt der Teamer. Die Fortschritte hat er mit der Kamera dokumentiert und zeigt nicht ohne Stolz die Vorher- und Nachher-Bilder. Nachdem die Gräber freigeschnitten, Steine entmoost, Wege angelegt, Hecken gestutzt und der Zaun ausgetauscht war, lockte die Freizeit. Bis zum Abschiedsabend sahen sich die 36 Helfer in Danzig um, auf der Wolfschanze und in Marienburg. “Das gefällt mir alles so gut, dass ich dabei bleibe”, so Danny Lenz.