Die noch lebenden Häftlinge wurden im Konzentrationslager Sachsenhausen am
22. April 1945 durch die Rote Armee befreit. Sachsenhausen war eins der von
Deutschland systematisch errichteten Konzentrations- und Vernichtungslager.
Über 200.000 politisch und rassistisch verfolgte Menschen wurden hier
zwischen 1936 und 1945 mit Kalkül und Willkür terrorisiert, bei
Zwangsarbeiten ausgebeutet und ermordet. Deportationen aus Sachsenhausen
nach Auschwitz fanden mit Widerstand statt und den Vernichtungslagern
Entronnene wurden auf Transporte nach Sachsenhausen und dessen Außenlager
gezwungen. Nur wenige in Sachsenhausen konnten ihre Befreier lebend
begrüßen. Das Leiden der Opfer des deutschen Faschismus und dessen Aneignung
durch die Täter hörte mit ihrer Befreiung nicht auf. Bis heute werden
ehemalige Häftlinge von körperlichen Beschwerden geplagt, Deutschland
verweigert vielen in seiner offensiven Vergangenheitsbewältigung eine
finanzielle Entschädigung und andere müssen um die Anerkennung als Verfolgte
des NS-Regimes kämpfen. Die Definitionsmacht über die Orte ihrer Geschichte
wurde ihnen mit den Anfang der 90er Jahre einsetzenden Umgestaltungen von
Gedenkstätten auf dem Gebiet der nicht mehr existenten DDR genommen. Karl
Stenzel, politischer Häftling in Sachsenhausen und bis heute im
Sachsenhausen-Komitee aktiv, kritisierte kürzlich: Die Aussagekraft dieser
Gedenkstätte sei heute nicht mehr “so eindeutig” und “eine überzeugende
Darstellung der Verflechtungen und Beziehungen von SS, Wehrmacht und
Wirtschaft” werde in den neuen Ausstellun-gen nicht mehr gezeigt. Wie in
Buchenwald, wird heute in Sachsenhausen auch derjenigen gedacht, die nach
1945 in so genannten Speziallagern interniert waren. Bis auf wenige vom NKWD
zu Unrecht Verhaftete, mussten hier bei-spielsweise die Wachmannschaften der
KZs ihre verdiente Strafe absitzen. Die selbsternannten Opfer der
Umstände werden heute gesellschaftlich anerkannt. Als Teil der offiziellen
Befreiungsfeiern vor einem Jahr legten sie und ihre Vertretung einen Kranz
in den deutschen Nationalfarben und mit der Aufschrift Die Opfer der
kommunistischen Ge-waltherrschaft gedenken der Opfer aller Diktaturen auf
den Massengräbern der verstorbenen Konzentrationslagerhäft-linge ab. Jene
werden dadurch verhöhnt und ihre Befreier zu Tätern gemacht. Diese
Geschichtsumschreibung fügt sich in den antitotalitären Konsens ein, der den
Nationalsozialismus mit dem Kommunismus gleichsetzt. Der faktische
Unterschied dieser Gesellschaftssysteme wird ignoriert und der historische
Kontext der deutschen Vergangenheit tritt als beliebige Variable in den
Hintergrund. Was bleibt, ist die selbstverständliche Entdeckung der
Partikularität menschlicher Opfer als neue Universalität. Indem Menschen
ohne Ansehen von Person und Funktion zu Opfern gemacht werden, werden die
Opfer des Nationalsozialismus und dessen Täter in einen Sarg gelegt, während
die Rote Armee als “wilde Horde” denunziert wird. Die Befreiung des
Konzentrationslagers Sachsenhausen jährt sich nun zum 60. Mal. Dieser Tag
gehört den verstorbenen und noch lebenden Opfern des deutschen Faschismus.
Entscheidet Euch, ihnen angesichts der gesellschaftlichen Umstände und der
Flut von Veranstaltungen zum “Kriegsende” Respekt zu erweisen und — trotz,
wegen und gegen diese — am Wochenende, dem 16./17. April 2005 nach
Sachsenhausen bzw. Ravensbrück zu fahren.
Samstag, 16. April: Geschichtspolitischer Besuch des 1961 eröffneten und
bald nicht mehr existenten Lagermuseums mit Karl Stenzel beim Tag der
Begegnung 14:30 Uhr: Treffpunkt Turm A
Sonntag, 17. April: Einweihung einer Gedenktafel für die deutschen
politischen Häftlinge des KZ Sachsenhausen 10:00 Uhr: Ehemalige Kommandantur
Dezentrales Gedenken der einzelnen Häftlingsverbände 14:00 Uhr: Treffpunkt
des Internationalen-Sachsenhausen-Komitees am Obelisken
Offizielle Kranzniederlegungen und Ansprachen u.a. von Joseph Fischer 15:00
Uhr zur Einweihung des zentralen Gedenkortes Station Z mit neuer
Dauerausstellung Mord und Massenmord im KZ Sachsenhausen 1936–1945,
ehemaliges Krematorium
Montag, 18. April: Hier besteht die Möglichkeit, Jamlitz/Lieberose,
Potsdam/Griebnitzsee oder weitere Orte ehemaliger Außenlager des
KZ-Sachsenhausen zu besuchen und an den Gedenkfeierlichkeiten teilzunehmen.
Verkehrsanbindungen in die Gedenkstätte Sachsenhausen: S1 oder RE nach
Oranienburg +++ In Solidarität und im Gedenken an die KZ-Häftlinge von
Sachsenhausen — mit Dank an die Rote Armee +++ Kein Fußbreit der Union der
Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) +++ Bringt Blumen mit