Es wird hier einmal mehr darum gehen, die selbstgenügsame Feierlaune etwas zu
trüben und dem ganzen Trubel mal kräftig in die Suppe zu spucken.
Denn wie ein Sprichwort so schön sagt, der Fisch stinkt vom Kopfe!
Kurz bevor die augenblicklich akute WM Besoffenheit endgültig ausbrach,
während der die Welt angeblich zu Gast bei Freunden sein soll, zeigten sich
Risse im Putz des schon eine lange Weile laut hausbackener Imagekampagne
„Freundlichen – Frankfurt“. Die Realität des Josef Mathenge sprengte den
falschen Anschein. Heisst das also es sind doch nicht alle willkommene Gäste,
ob nun vor oder nach der WM, oder ist der Gastgeber mitunter ein Freund, der
einem in Zeiten knapper Kassen den Feind ersparen will? Und schon sind wir
mittendrin im übelriechenden Thema.
Dessen Bogen überspannt die Gegenwart von Gewalt als imagewidrige Realität
dieser Stadt und ihrer Grenzlage.
Eine Gewalt die vielgestaltig daherkommt.
Deren eine Gestalt die strukturelle Gewalt der aufenthaltsrechtlichen
Anwendungs ‑bis hin zur Abschiebungspraxis ist, die vorrangig in den
städtischen Amtsstuben vorbereitet wird, sich aber verzahnt mit den
polizeilichen Einrichtungen und Verrichtungsgehilfen von Land und Bund
vollzieht. Deren andere die nach wie vor allfällige handgreifliche
Nazi-Rüpel-Gewalt auf den Strassen der Stadt ist.
Deren weitere aber auch die der Vollzugspraxis neoliberaler nur vermeintlich
naturgesetzlich notwendiger Verwaltungsentscheidungen ist.
Als Erscheinungsformen kommen da in den Sinn die fragwürdigen Methoden bei der
Entscheidung über den Rückbau bzw. Stadtumbau, einschließlich der Elemente
einer scheinbaren-Teilhabe am Prozeß; die Debatte über den Kulturhaushalt;
die Realität einer immer weiter fortschreitenden Versilberung städtischer
aber damit eben Gemein- Güter; die aberwitzige Strategie zur Schaffung von
immer mehr Verkaufsfläche im zentrumsnahen Bereich.
Nicht zuletzt aber kommt in den Sinn, die tausende Einwohner treffende ALG II/
Hartz IV Praxis.
Und hier verknüpft sich die Gewalt gegen die einen mit der gegen die anderen,
weil Sie nämlich beide gleichermaßen von der selben Bewusstseinslage und den
selben Instanzen beherrscht und bedrängt werden.
Und hier zeigt sich nebenbei, dass Frankfurt als Teil auch als Repräsentant
des Ganzen betrachtet werden kann. (pars pro toto)
Statt aber aus der Bedrückung gemeinsam herauszutreten, lassen sich die
Hiesigen von der Festlichkeit vernebeln und feiern vermeintlich frei und nach
dem Motto: „Tradition und Rituale, statt Utopie auf der Magistrale“. ‑Und
reihen sich damit ein in den geistigen Durststreckenlauf eines verspielten
Uni-Jubiläums-Halbjahres sowie heutige infantile
bunte-Hering-hau-den-Lukas-Stimmung.
Wohlgemerkz: UNS geht es bei allem nicht um ein zurück in die autoritären real
existiert habenden Sozialismen!
Aber es darf auch kein Verharren in der inhumanen pragmatischen wie
gewalthabenden Gegenwart geben!
Deren eines Ende drückt sich nämlich aus in der globalen Konkurrenz der
Grenzregime gegen Bewegungsfreiheit der Geschändeten und Verarmten. Und darin
gibt es kein schlechtes Amerika oder gar ein gutes Europa. Solche Wertungen
zeigen lediglich eine verkürzende falsche Bipolarität und mitunter zynischen
Eigensinn moralischer Europäer.
Dem ist entgegen zu halten:
Schengen, Dublin – Malta, die Canarischen Inseln aber auch noch immer die
Oder-Neisse-Grenze und Bundespolizei sind Namen für die Leben und Existenzen
zerstörende EU-Abschottungspolitik, die keinen Deut besser ist als die
nordamerikanische Border-Patrol.
Im Namen Lissabon-Strategie spiegelt sich die noch stärkere Verzahnung des
immanenten systembedingten wiewohl sytemgewollten Widerspruchs zwischen
neoliberaler Freiheitslehre zum kapitalistischen Freibeutertum und der
gesamt€päischen Einwanderungsverhinderungs-politik unter deutscher.
Hierunter verschmelzen die Leitsätze der wohlbekannten Agenda 2010, die
nurmehr offene Kapitalisierung von Bildung und anderer öffentlicher
Lebensgüter mit den perfiden Gedankenspielen und der schändlichen Praxis etwa
der sogenannten Migrationszentren in Nordafrika sowie Deportationscharter.
Überdies wirkt dieses System nicht bloss äusserlich in seiner Brutalität, die
sich etwa in der teilweise konzertierten Abschiebungspraxis der EU-Staaten
zeigt, sondern ist weit in das subtile Vorfeld hineinverlagert, wenn es etwa
um die Aufnahme biometrischer Daten und des Fingerabdrucks in
Ausweisdokumente geht, wie erst jüngst auf €päischer Ebene beschlossen.
Und alles geschieht unter dem Primat des privatnützig-ökonomischen.
Und Teil daran haben wir alle, die wir hervorgegangen sind aus dem
„blinde-Kuh-Spiel“ aus Verblendung durch Bildung und Dressur zum
funktionierenden willfährigen Rädchen im Betrieb.
Einem Betrieb der grösste gesellschaftliche Reichtümer zusammenträgt, sie aber
nicht angemessen zu verteilen versteht.
Dabei wird am anderen Ende das Konzept des Nationalen wie auch sein
Wiedergänger auf höherer Stufe die augenblicklich im Diskurs gesuchte
Identität Europas je nach Nützlichkeit als bürgerlich-liberaler Entwurf zur
besseren Übertragung der je gewünschten Kräfte oder Verteilungsregeln mobil
gemacht.
Das Nationale fungiert als Opium des Volkes, als dienstbares Vehikel der
Entsolidarisierung mit den dann zu fremden, anderen konstruierten Menschen,
die dann vorgeblich dem eigenen Erfolg und Glück im Wege stehen.
Letztlich ist aber ein unnötiges verschleierndes Konstrukt, das aus der
sozialen eine nationale und dadurch beinah automatisch eine personale Frage
umdichtet, wo es doch tatsächlich um Strukturen der Herrschaft und
vermeintlichen Zwangsläufigkeit der Sachen geht.
Dem stellen wir den Primat des menschenmöglichen gegenüber – mit anderen –
nämlich Hannah Arendts – Worten: „die neue Situation, in der die Menschheit
faktisch die Rolle übernommen hat, die früher der Natur oder der Geschichte
zugeschrieben wurde, würde [in diesem Zusammenhang] besagen, dass das Recht
Rechte zu haben oder das Recht jeden Menschen, zur Menschheit zu gehören, von
der Menschheit selbst garantiert werden müsste.” — (in: Elemente und
Ursprünge totaler Herrschaft, München 2003)
Lassen wir uns also nicht von Sachzwanglogikern verblöden und ins Boxhorn
jagen, nehmen wir als Menschen und Subjkte nicht als zwangsidentifizierte,
rassifizierte, nationalisierte Objekte eines quasinaturhaften
Marktgeschehens, unsere Fähigkeiten zusammen und schaffen wir einen Weg in
eine andere Welt! Und das heisst zu aller erst: no border-no nation!!!
Petri Heil!
GAG-FfO GlobalisierungArbeitGruppe