Ein
Urteil des Luckenwalder Amtsgerichts macht deutlich, wie einfach es
Rechtsextremisten haben können, bei Gewalttaten gegen Ausländer mit
milden Strafen davonzukommen.
Stefan
M., Jan R., Alexander B. und Jörg W. stehen vor dem Amtsgericht
Luckenwalde. Es ist Mittwochmittag, der 11. Januar 2005. Die Anfang
20-Jährigen warten auf ihre Strafe. Das sie bestraft werden scheint
sicher. Alle vier haben sich zu den Anschuldigungen — der körperlichen
Misshandlung eines 22-Jährigen Iraner Hamed H. — geäußert und mehrere
Straftaten zugegeben. Vorgeworfen wird ihnen gefährliche
Körperverletzung nach einem Discobesuch am Morgen des 17. Oktober 2004.
So wie das Opfer Hamed H. feierten sie in der Trebbiner Diskothek
“Kulti” mit Freunden. Als die Disko am nächsten Morgen zu machte gingen
die Täter, wie Hamed H. und seine Freunde, zum Bahnhof um nach Hause zu
fahren.
Doch am Bahnhof kam es zu einer hitzigen Diskussion zwischen den
beiden Gruppen in deren Verlauf Jörg B. versuchte Hamed H. zu schlagen.
Dieser kam ihm jedoch zuvor und erteilte dem Jörg B. eine Kopfnuss.
Dann so Hamed vor dem Richter “hat der [Stefan M.] mich mehrmals mit
der Faust geschlagen und danach auf den Boden geworfen”. Als er auf dem
Boden lag konnte er weglaufen, da seine Freunde die Angreifer von
weiteren Taten abhielten. Nach kurzem Sprint fiel er jedoch auf die
Schienen, woraufhin er von einer anderen Personengruppe mit Steinen
beworfen wurde. Im Gerichtssaal beschrieb ein Zeuge die Täter als
eindeutig der rechten Szene zugehörig: “Das waren Leute mit Glatze und
Bomberjacke, das waren Rechtsextremisten!”
Draufgesetzt und zugeschlagen
Die
vier Angeklagten rannten hinter Hamed H. her. Vor Gericht sagten sie
aus, sie wollten ihn angeblich nur fragen “wieso er ihrem Freund eine
Kopfnuss gegeben hat”. Doch dazu kam es jedoch nicht. Jörg W. drückte
Hamed zu Boden und setzte sich auf ihn. Daraufhin fingen alle Vier an
auf Hamed H. einzuschlagen und zu treten. “Die sind wie wilde alle auf
ihn rauf.” sagte Andreas W., ein Freund Hameds, vor Gericht aus. Die
vier Angeklagten waren jedoch nicht die einzigsten die Hamed H. mit
Schlägen und Tritten traktierten. Auf dem Bahnsteig befanden sich noch
weitere Personen die sich an dem Angriff beteiligten. Mehrere Minute
lang wurde aus einer Gruppe von ca. 20 Personen auf Hamed H.
eingeprügelt. Aus dieser Gruppe heraus wurden auch Rufe wie “Scheiß
Ausländer” skandiert. Als die Täter von ihrem Opfer abließen, konnte
sich Hamed H. mit Hilfe zweier Frauen vom Gleisbett schleppen. Ein
Großteil der Täter verschwand in der Dunkwelheit. Drei der vier
Angeklagten — alle außer Stefan M. — entschuldigten sich bei Hamed
direkt nach der Tat, was sich nun mildernd auf das Urteil auswirkte.
Das Amtsgericht Luckenwalde verurteilte Jan R. und Jörg W. zu einer 3
Monatige Freiheitsstrafe, die zur Bewärung ausgesetzt wurde, sowie zur
Zahlung von 600 Euro an eine gemeinnützige Institution.
Stefan M. kam, ebenso wie Alexander B., aufgrund seines
Förderschulenabschlusses und der finanziellen Abhängigkeit von seinen
Eltern mit einer Verwarnung davon. Das Gericht verwarnt sie wegen
gefährlicher Körperverletzung in einem minder schwerem Fall. Minder
schwer hält es das Brandenburger Gericht demzufolge, wenn Täter sich
nach ihrem rassistischen Übergriff beim Opfer entschuldigen. So werden
gerichtliche Präzedenzfälle geschaffen, auf deren Grundlage Gewalt
gegen Ausländer in ländlichen Regionen quasi straffrei bleiben könnte.
Gute Zeiten für Rechtsextremisten, schlechte für den aufgeklärten
Menschenverstand.
Juri Eber und Ralf Fischer