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«Das Wichtigste ist, im Gespräch zu bleiben»

«2WT4Y» , was soll das heißen« Eine Kom­bi­na­tion der Zahl 14, eines
Kel­tenkreuzes und der Zahl 88, was soll das sein» Kopf­schüt­tel­nd mag der ein
oder andere in Lübben weit­erge­gan­gen sein, nicht ohne Ärg­er über die
Schmier­ereien in der Stadt. Anderen trieb dies Sor­gen­fal­ten auf die Stirn,
auch der Polizei. Deren Anre­gung führte zu einem Abend, bei dem sich am
Dien­stag Bürg­er und Funk­tion­sträger trafen, um über recht­sradikale Symbolik
in der Stadt zu reden. Dazu sind die genan­nten Beispiele zu rechnen. 

«Augen auf — sehen wir was?!» war die Gespräch­srunde über­schrieben, die das
Lübben­er Forum gegen Gewalt, Recht­sex­trem­is­mus und Frem denfeindlichkeit
organ­isiert hat­te. Ilka Gel­haar-Hei­der, Sprecherin des Forums, zeigte eine
Rei­he von Bildern, aufgenom­men in Lübben im ersten Quar­tal des Jahres. Die
meis­ten Beispiele der recht­sradikalen Sym­bo­l­iken seien schon nicht mehr zu
sehen, lobte sie die Zusam­me­nar­beit mit der Stadt. 

Hak­enkreuze, ihr erstes Beispiel, seien in Lübben eher sel­ten. Häu­figer habe
man dage­gen die Zeichen­folge «2WT4Y» gese­hen. Aus­geschrieben, berichtete
Ilka Gel­haar-Hei­der, Sprecherin des Forums, bedeute das «Too white for you»
, im Deutschen «zu weiß für euch» . Weil sich das «too» für «zu» und das
«two» für «zwei» im Englis­chen gle­ich anhören, wird ersteres in der
jugend­kul­turellen Kurzsprache häu­fig als «2» ” geschrieben. Gle­ich­es gilt
für «four» ( «vier» ) und «for» ( «für» ), was als «4» dargestellt wird. 

Bedeu­tung erläutert 

Was mit dem genan­nten sym­bol­is­chen Schriftzug dargestellt wer­den solle,
darüber wisse man nicht sehr viel, sagte Ilka Gel­haar-Hei­der. Auch bei der
Polizei sei das noch nicht groß bekan­nt, berichtete Ste­fan M. von der
Mobilen Ein­satzein­heit gegen Gewalt- und Aus­län­der­feindlichkeit (Mega) der
Polizei in Königs Wuster­hausen. Er war mit der neuen Lei­t­erin der
Polizei­wache Lübben, Annett Urban, der Ein­ladung gefolgt. 

Ein weit­eres Beispiel für recht­sradikale Sym­bo­l­ik, die Kom­bi­na­tion aus der
Zahl 14 mit einem Kel­tenkreuz und der Zahl 88, schien leichter zu deuten.
Die 14, so Ilka Gel­haar-Hei­der, ste­he für 14 Worte aus einem Man­i­fest des
recht­sex­tremen Ku-Klux-Klan, der für seine Feindlichkeit gegenüber der
afro-amerikanis­chen Bevölkerung bekan­nt ist. Diese 14 Worte seien: «Wir
müssen den Fortbe­stand unser­er Rasse wahren und die Zukun­ft unser­er arischen
Kinder sich­ern.» Das Kel­tenkreuz zeige «ein­deutig, dass hier jemand das
kul­turelle Erbe der weißen Rasse hochhal­ten will» , ergänzte Ste­fan M..
Die Zahl 8 ste­ht für den acht­en Buch­staben des Alpha­bets, also das H. In der
Dopplung ste­ht die Zahl für die Kurz­form von «Heil Hitler» . 

Im wesentlichen diese Schriftzüge waren in den ver­gan­genen drei Monat­en in
Lübben häu­figer aufge­taucht, wie das knappe Dutzend Bilder zeigte. Außerdem
war an Bushal­testellen zum Todestag von Horst Wes­sel plakatiert worden. 

Inwieweit die Beispiele strafrechtlich rel­e­vant seien, sagte Ste­fan M.,
sei «so eine Sache» . Aufk­le­ber an Lat­er­nenpfählen etwa seien nicht derart,
dass die Lat­er­ne dabei Schaden nehmen würde, also liege hier keine
Sachbeschädi­gung vor. Die müsse aber gegeben sein, um strafrechtliche Folgen
nach sich ziehen zu kön­nen. Bei Grafit­ti sei das anders. Den­noch «müssen wir
ein­fach die Bevölkerung um Hil­fe bit­ten, wenn irgendwelche Sachen in der Art
vor­fall­en, die der Polizei zu melden» . 

Nicht viel leichter macht die Sache, dass sich die Sym­bo­l­ik ständig ändere.
Von Älteren werde sie «zum größten Teil über­haupt nicht ver­standen» , sagte
ein Diskus­sion­steil­nehmer. «Für sie ist das eine Schmier­erei wie jede
andere.» 

Pfar­rer Ernst-Gün­ter Hei­de hat den Ein­druck, «dass diese Inhalte nicht
über­all auf Ablehnung stoßen, son­dern zum Teil auf Tol­er­anz oder sog­ar auf
Zus­tim­mung. Ich denke, die einzige Chance, die wir haben, ist die Demokratie
stark zu machen und zu hal­ten und das andere erst gar nicht stark wer­den zu
lassen.» Sie spüre, sagte Land­tagsab­ge­ord­nete Karin Weber (PDS), hin­ter all
den Beispie­len «eine starke Organ­i­sa­tion­skraft und finanzielle Mit­tel» . In
Lübben, so Ste­fan M., gebe es «selb­stver­ständlich eine rechte Szene,
die sich bis­lang aber noch keinen Namen gegeben hat» . 

Nicht nur auf Polizei schauen 

Man arbeite von Seit­en der Stadt «rel­a­tiv eng in solchen Fra­gen mit der
Polizei zusam­men» , sagte Bürg­er­meis­ter Lothar Bret­ter­bauer. «Was unsere
eigene Zuständigkeit ange­ht, kann das Ord­nungsamt über das Bauamt
ver­an­lassen, dass das, was in der Nacht dazugekom­men ist, am Morgen
ver­schwun­den ist. Wichtig erscheint mir» , fuhr er fort, «dass dem Prozess
des recht­sex­tremen Sich-Äußerns nur gemein­sam begeg­net wer­den kann. Es
bringt nichts, nur auf die Polizei und die Stadt zu schauen, son­dern man
muss auch im Gespräch miteinan­der sein.» Das unterstützte
Land­tagsab­ge­ord­nete Sylvia Lehmann (SPD), die Beispiele aufzählte, in denen
man eben nicht im gemein­samen Gespräch geblieben war. «Im Gespräch bleiben,
das ist das Wichtig­ste» , betonte sie, und insofern habe man in Lübben mit
dieser Ver­anstal­tung anderen einiges voraus. 

Ob man sich nicht an die Vere­ine in Lübben wen­den könne, kam als weitere
Idee auf. Dieser und anderen will das Lübben­er Forum nachge­hen und
über­legen, wie man den ersten Gespräch­sansatz zwis­chen Lübben­ern und
Funk­tion­strägern auf noch bre­it­ere Füße stellen kann. Ein neuer Ter­min wurde
nicht vere­in­bart, aber die Stim­mung war am Ende von Gemein­schaftlichkeit und
ver­hal­tenem Opti­mis­mus geprägt.

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