Presseerklärung zur Besetzung der DEA-Tankstelle in Cottbus am 09.08.02.
In den Abendstunden des 09.08.02 besetzten etwa 100 TeilnehmerInnen des CrossOver Summercamps die DEA-Tankstelle in Cottbus-Sandow. Sie wollten mit dieser symbolischen, spielerischen Aktion auf einen stadtbekannten Treffpunkt jugendlicher Neonazis aufmerksam machen. Weiterhin sollte diesen zumindest für eine Stunde der Raum genommen werden, sich wie sonst üblich zu treffen.
Am Samstag, den 03.08.02 war an selber Stelle der Kubaner Rafael A.F. bei einer rassistischen Attacke schwer verletzt worden. Mit der einstündigen Besetzung sollte deutlich gemacht werden, dass es immer möglich ist, mit friedlichen Mitteln gegen Treffpunkte Rechtsextremer vorzugehen, von denen Gewalt ausgeht.
Während der Aktion wurden auf dem Gelände der Tankstelle Musik gespielt, getanzt, Fußball und Badminton gespielt, jongliert und Flugblätter verteilt. Im Zuge der Aktion gesellten sich Anwohner zu den Besetzern, die Verständnis für das Anliegen der Demonstrierenden zeigten.
Die Polizei reagierte auf die ebenfalls anwesenden Neonazis mit Platzverweisen. Gegen Ende der Aktion hatten sich gegenüber der Tankstelle etwa 50–60 Rechtsextreme versammelt.
Nach etwa einer Stunde verliessen die TeilnehmerInnen der Aktion wie geplant die Tankstelle friedlich, um zum CrossOver Summercamp zurückzukehren.
In der Folge dokumentieren wir das bei der symbolischen Besetzung verteilte Flugblatt.
Solidarität mit den Opfern rassistischer Gewalt
Flugblatt zur Besetzungsaktion: Keinen Fussbreit den Faschisten an der DEA-Tankstelle und überall !
Auf der Tankstelle Muskauerstrasse in Cottbus wurde am vergangenen Samstag gegen 3 Uhr morgens der seit 10 Jahren hier ansässige Kubaner Rafael A.F. Opfer eines rassistisch motivierten Überfalls. Nachdem er brutalst zusammengeschlagen worden war, blieb er mehrere Stunden unbemerkt an der Tankstelle liegen, schleppte sich dann in einen Hauseingang, wo er später gefunden und mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert wurde. Obwohl dieser Übergriff mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht unbemerkt von Dritten geschah, schritt niemand ein.
Für uns stellen sich nach dem rassistischen Übergriff viele Fragen:
‑Warum ist der Tankwart, der die Tat zumindest teilweise mitbekommen hatte und das Opfer kannte, nicht eingeschritten oder hat Hilfe geholt?
‑Warum wurde in den schlecht recherchierten Zeitungsartikeln vom 5. August der Eindruck erweckt, der Kubaner habe eine Mitschuld am Geschehen?
‑Warum kann sich an einer Tankstelle mitten in Cottbus-Sandow eine Skinhead-Szene breit machen, die Leib und Leben von Menschen gefährdet und darüber hinaus eine Bedrohung für die gesamte Umgebung darstellt?
Die DEA-Tankstelle fungiert nach Angaben einiger AnwohnerInnen schon seit mindestens 2 Jahren allabendlich als Treffpunkt für Neonazis. Laute Nazimusik, rassistische Sprueche und aggressive Skinheads gehören zur Tagesordnung.
Überall in Deutschland treffen sich rechte Schläger an solchen Orten. Hier versorgen sie sich mit Benzin für ihre Anschlaege und formieren sich zum rassistischen Mob. Durch ihre Präsenz schaffen sie “national befreite Zonen”, in denen sich “AusländerInnen” und andere, die nicht in das Weltbild der Neonazis passen, um ihr Leben fürchten müssen. Durch die zentrale Lage sind Menschen, die aus der deutschen, heterosexistischen Norm fallen, gezwungen, weite Umwege in Kauf zu nehmen. AsylbewerberInnen haben in Deutschland wegen der Residenzpflicht nicht einmal das Recht, ihren Wohnort frei zu wählen, um sich so den Nazischlägern zu entziehen. Weil gefährdete Personen diese Orte meiden, finden die Übergriffe selten direkt an den Tankstellen statt.
Der Überfall von Cottbus-Sandow war nicht der einzige Übergriff in dieser Woche. Auch aus anderen Städten wurde über rassistische Gewalt berichtet, so z.B. aus Halle, wo ein Mann aufgrund seiner Hautfarbe zusammengeschlagen wurde. All dies vor dem Hintergrund, dass neueste Statistiken einen Rückgang rassistischer Gewalt behaupten.
Die Realität von Cottbus Sandow zeigt jedoch, dass sich an dem aggressiven, rassistischen und antisemitischen Klima in Deutschland nichts geändert hat.
Wir fordern deshalb:
Keine Akzeptanz von Naziorten: Antifaschistische Präsenz zeigen!
Gegen den rassistischen Normalzustand: Greift ein, schaut nicht weg!
Das Crossover Camp
Für weitere Informationen siehe www.summercamp.squat.netoder www.xover.asncottbus.org.