Keine Ahnung, worum es einem Sven Petke (CDU) geht, wenn er sich für eine Einstellung zusätzlicher Datensätze von Straftätern in die DNA-Analyse-Datei beim Bundeskriminalamt stark macht.
Für den interessierten Beobachter könnte der Eindruck entstehen, dass es ihm nach seinen letzten Äußerungen ausschließlich darauf ankommt, zusammen mit seinen Spielkameraden einen Wettkampf zu bestreiten. Nur das es hier nicht mehr um Murmeln geht, sondern um die Verletzung von Persönlichkeitsrechten, die jedem einzelnen noch von der Verfassung garantiert werden.
Die Argumentation, dass Brandenburg mit bisher lediglich 4774 Datensätzen im hinteren Drittel beim Ländervergleich rangiere, lässt zumindest die Überlegung entstehen, dass hier der gewinnt, der am fleißigsten Datensätze sammelt. Nur spricht diese, im Gegensatz zu anderen Bundesländern tatsächlich geringere Sammlung, nicht auch eher dafür, dass die hiesigen Staatsanwaltschaften und Gerichte ein wenig verantwortungsbewusster mit dieser Materie umgehen?!
Denn spätestens wenn Herr Bauch sich darüber beklagt, dass der Bundesgesetzgeber „den Korb jedoch sehr hoch gehängt“ hat, indem er jede Anfertigung einer Gen-Datei unter einen Richtervorbehalt gestellt hat, sollte doch auch den Nacheiferern unseres Innenministers auffallen, dass eine so sensible Materie auch entsprechend gehandhabt werden will und sollte.
Herr Petke wird doch wohl nicht im Ernst glauben, dass die Bürger des Landes Brandenburg seine persönlichen Wettkampfallüren, auch noch toll finden! Selbst wenn ihm für das Siegertreppchen bei der bundesweiten Datensammelwut, nichts zu teuer erscheint und eigentlich hat er ja auch recht, was sind schon 30 bis 40 Euro für jeden einzelnen Test in den Labors, in Zeiten, wo der Sicherheitswahn den gläsernen Menschen gerechtfertigt schafft.
Schade nur, dass die Herren in ihren Überlegungen, all die negativen Seiten der Wunderwaffe Gendatei, schlichtweg übersehen zu haben scheinen. Gezielt wird hier immer wieder auf Emotionen gesetzt, indem der Lieblingsstraftäter der Wölfe derjenige ist, der ein Sexualdelikt begangen hat. Nur, schon der Deutsche Juristinnenbund hat darauf hingewiesen, dass die Gen-Datei selbstverständlich auch Wahrnehmungsfallen unterliegt, da „Übergriffe im sozialen Nahraum unterschätzt werden und eine Wiederholungsgefahr vor allem bei fremden, sozial oder psychisch auffälligen Tätern antizipiert wird. Drei Viertel der Täter können so im Windschatten der genetischen Erfassung segeln, denn sie kommen aus dem sozialen Umfeld der Mädchen und Frauen, sie sind Väter, Verwandte oder Bekannte der Opfer.“
Ganz abgesehen davon, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, welches das Bundesverfassungsgericht 1982 in seinem „Volkszählungsurteil“ entwickelt hat, unzulässig ausgehebelt würde.
Und was ist eigentlich mit der Unschuldsvermutung?! Die Person, der die am Tatort aufgefundene Spur mittels DNA-Analyse zugewiesen wird, wird in die Situation gedrängt, angesichts des präsentierten Indizienbeweises nun seinerseits seine Unschuld beweisen zu müssen. Und mal ehrlich, haben sie noch nie achtlos eine Zigarettenkippe, Haarspitzen oder Hautschuppen weggeworfen?
Auch so genannte „freiwillige“ Speichelabgaben, besonders beliebt, bei so abscheulichen Verbrechen wie die Vergewaltigung und Ermordung von Kindern, sind doch nicht im Geringsten „freiwillig“. Geschickt wird hier sozialer Druck erzeugt, der jeden verdächtig macht, ein Kindervergewaltiger und –Mörder zu sein, der nicht mitzieht.
Indem das Thema immer nur im Zusammenhang mit „schweren Sexualdelikten“ in den Medien auftaucht, soll in der Bevölkerung ein wohlwollendes Klima erzeugt werden, womit sich dann DNA-Analyse und Zentraldateien gut verkaufen ließen. Nur, wer informiert den Bürger eigentlich darüber, dass es einen ganzen Katalog an Straftaten gibt, die eine DNA-Analyse rechtfertigen?
Es ist an der Zeit, dass sich jeder Einzelne seiner Rechte wieder bewusst wird und auch bereit ist, diese zu verteidigen, sonst gewinnt der Schafspelz doch!
i.A. Rote Hilfe e.V. OG Potsdam
Hans Schulz