(LR) Rassismus bedeutet, dass Menschen nach ihrem Äußeren oder ihrer Herkunft in
verschiedene Kategorien eingeteilt werden und diese über den Wert eines
Menschen entscheiden.
Deutsche errichteten aus Rassenwahn 1941 in Birkenau die größte Mordfabrik
seit Menschengedenken — geplant für die Vernichtung der €päischen Juden.
«In den Vergasungsraum von etwa 210 Quadratmetern wurden bis zu 2000 nackte
Opfer gepfercht Die Türen wurden luftdicht abgeriegelt, und von der Decke
rannen kleine weiße Kügelchen Zyklon B ins Innere. Zwanzig Minuten später
waren alle tot. Die Kinder zuerst» , schrieb der Stern zum 60. Jahrestag der
Befreiung von Auschwitz am 27. Januar. «Während die Menschen in Auschwitz im
Akkord ermordet wurden, rollten die Güterzüge mit dem geraubten jüdischen
Vermögen aus den Konzentrationslagern.»
Etwa sechs Millionen Juden wurden von Deutschen getötet. «Müssen wir uns
heute noch schuldig fühlen?» , fragte der Stern. «Eine Schuld der
Nachlebenden gibt es nicht. Aber aus der historischen Schuld ist eine
bleibende Verantwortung der Deutschen erwachsen» , erwidert Heinrich August
Winkler (66), Historiker. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in
Deutschland, Paul Spiegel (67), spricht von Verantwortung «nicht für die
Vergangenheit, sondern für die Gegenwart und die Zukunft.»
Erschreckende Wahlergebnisse
Landtagswahlen in Brandenburg 2004: 9,5 Prozent für die DVU im
Elbe-Elster-Kreis. Und Landtagswahlen in Sachsen 2004: 9,2 Prozent für die
NPD.
Besonders Jungwähler zwischen 18 und 25 Jahren, die Zielgruppe der rechten
Propaganda, gaben der rechtsextremen Partei ihre Stimme. Einer Partei, deren
«3‑Säulen-Konzept» «Kampf um die Straßen» , «Kampf um die Köpfe» , «Kampf um
die Parlamente» lautet. Einer Partei, die nun beteuert, dass «die Deutschen
endlich wieder richtig deutsch sein wollen» und «Ausländer konsequent
ausgesondert» werden sollten. Einer Partei, die sich bemüht, die deutsche
Geschichte zu harmonisieren und negative Aspekte zu relativieren.
Gewalt als Ventil
In Brandenburg hat im vergangenen Jahr die Zahl der rechtsextremen
Gewaltdelikte zugenommen. 105 Fälle wurden 2004 registriert, während es 2003
noch 87 waren. Das heißt: Häufiger als jeden vierten Tag kommt es in
Brandenburg zu politisch motivierten Gewalttaten wie Körperverletzung,
(versuchtem) Mord, Raub und Brandstiftung.
In Finsterwalde hingegen «gibt es ein politisches, aber kein polizeiliches
Problem mit Rechtsextremen» , äußerte sich der Leiter des
Polizeischutzbereiches Elbe-Elster Sven Bogacz gegenüber der
Jugendredaktion. «Was sich am rechten Rand der Gesellschaft tut, behalten
wir dennoch besonders im Auge. Sobald Entwicklungen festgestellt werden,
ergreifen wir umgehend Maßnahmen.»
Dem Verfassungsschutz nach spielt bei der Entstehung und Verfestigung
rechtsextremer Gruppen die rechte Skinhead-Musikszene eine bedeutende Rolle.
Und die NPD entwickelte das «Projekt Schulhof» , bei dem kostenlos CDs mit
rechtsextremer Musik verteilt werden.
Eine Elternbroschüre des brandenburgischen Aktionsbündnisses gegen Gewalt,
Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit hingegen informiert: Ein Mangel
an Anerkennung und Unterstützung bei eigenen Problemen ist häufig Ursache
für die Hinwendung zu rechtsextremen Gruppierungen. «Deine Gewalt ist nur
ein stummer Schrei nach Liebe / deine Springerstiefel sehnen sich nach
Zärtlichkeit» , meinen auch die «Ärzte» in einem ihrer Songs.