Um nicht als »braunes Nest« abgestempelt zu werden, müssen die Einwohner von Potzlow in Zukunft wohl einiges tun, was über die Beteuerungen, es gebe doch kaum Rechte im Ort, hinausgeht. Schließlich gab es in Potzlow vor fünf Jahren, am 24. August 1997, schon einmal einen Mord, an dem fünf Neonazis beteiligt waren. Sie schlugen einen Sozialarbeiter auf offener Straße mit Baseballschlägern tot.
An dem Schweigemarsch zu dem Ort, an dem der Leichnam von Marinus Schöberl Anfang vergangener Woche gefunden wurde, nahmen am Sonntag mehrere hundert Einwohner von Potzlow teil. Der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sprach vor Ort mahnende Worte, Innenminister Jörg Schönbohm machte derweil die allgemeine Verwahrlosung der Familien für die Tat verantwortlich. Der 17jährige war am 12. Juli von drei Angehörigen der rechten Szene gequält und ermordet worden. Die jetzt in Untersuchungshaft sitzenden Täter gelten als Mitglieder der örtlichen Neonaziszene, der Älteste, Marco Sch., ist bereits wegen eines Angriffs auf einen aus dem afrikanischen Sierra Leone stammenden Mann vorbestraft.
Junge Antifaschisten fühlen sich von der Tat besonders betroffen und wollen deshalb am Samstag nach Potzlow fahren. Unter dem Motto »Potzlow ist überall – Dem rechten Konsens entgegentreten!« wollen sie darauf aufmerksam machen, daß bis heute in der Uckermark und anderswo die Normalität rechtsextremer Dominanz verdrängt wird. Erst im Mai diesen Jahres wurde in der brandenburgischen Stadt Wittstock ein »Nichtdeutscher« von rechtsgerichteten Jugendlichen ermordet. Zur Demonstration rufen neben dem Brandenburger Verein »Pfefer & Salz« auch die Antifaschistische Aktion Berlin (AAB) und die Antifa Uckermark auf. Die AAB schreibt, man wolle »Wut und Widerstand dorthin tragen, wo seit Jahren Menschen ihr Anderssein oder ihr Andersaussehen mit dem Leben bezahlen müssen«. Der nordöstliche Teil Brandenburgs sei eine »Hochburg rechtsradikaler Gewalt«. Die Antifa Uckermarck betont gleichzeitig, es gehe »nicht um die Stigmatisierung eines Ortes«. Dennoch wolle man vor Ort darauf hinweisen, daß die Tat im »Kontext des gesellschaftlichen Klimas« stehe. Nicht zuletzt frage man sich, »was noch passieren soll«, damit Jugendpolitik endlich aufhöre, rechte Jugendliche einfach »zu akzeptieren, statt sich mit ihnen auseinanderzusetzen und jugendkulturelle Alternativen zu fördern«.
* 30. November, 13 Uhr, Kundgebungen in Potzlow (Dorfstraße) und Strehlow; 15 Uhr Demonstration in Prenzlau (Treffpunkt am Bahnhof).Infos: www.inforiot.de