Am so genannten Volkstrauertag wollen erneut Neonazis im brandenburgischen Halbe aufmarschieren. Der Gegenprotest des Aktionsbündnisses gegen Heldengedenken und Naziaufmärsche in Halbe wurde unterdessen von der Polizei an den Rand des märkischen Dorfes gedrängt.
Die Enttäuschung und Empörung ist groß: »Bereits im vergangenen Jahr sind wir demokratischen Kräfte an den Rand verbannt worden«, erklärt Heinz Franke aus dem kleinen märkischen Ort Halbe südlich von Berlin. Die Situation, dass am 12. November wahrscheinlich über tausend Neonazis aus Deutschland und Europa im Dorf erneut offen den Soldaten der Wehrmacht und der Waffen-SS huldigen werden, ist für den rüstigen Rentner unerträglich: »Jahr für Jahr müssen wir Bürger von Halbe den Ausnahmezustand ertragen.« Eine »Schande« sei dies, erklärt der 75-Jährige. »Für Brandenburg und die Demokratie.«
Doch Franke will trotz seines hohen Alters nicht tatenlos zusehen: Er engagiert sich beim Aktionsbündnis gegen Heldengedenken und Naziaufmärsche in Halbe, das es seit Herbst 2004 gibt. Das vielfältige Bürgerbündnis aus SPD, Linkspartei, Grünen, Gewerkschaften bis hin zur lokalen Abwasserinitiative versucht, dem revisionistischen Treiben der Neonazis entgegenzuwirken. Bisweilen mit gutem Erfolg: So ist es gelungen, die Bevölkerung vor Ort zu sensibilisieren. Kein leichtes Unterfangen, da besonders die Älteren in Halbe und Umgebung noch von den Erinnerungen an die letzte Kesselschlacht des Zweiten Weltkriegs, die hier im April 1945 stattfand, traumatisiert sind. Trotzdem gelang es im Juni dieses Jahres sogar, einen genehmigten Naziaufmarsch durch die Besetzung des Kundgebungsortes zu verhindern. Ein Erfolg, den das Aktionsbündnis gerne am 12. November wiederholt hätte.
Eigentlich wollte das Aktionsbündnis deswegen mit einem »Tag der Demokraten« im Anschluss an eine Gedenkveranstaltung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge und des Brandenburger Landtages gegen die Neonazis mobil machen: Auf der zentralen Straße der Ortschaft sollten politische und kulturelle Aktivitäten und Stände organisiert werden. »Halbe«, sagt die Landtagsabgeordnete der Linkspartei und Sprecherin des Aktionsbündnisses, Karin Weber, »darf nicht zu einem Wallfahrtsort für Nazis werden!«
Doch das zuständige Polizeipräsidium in Frankfurt/Oder sieht dies offenbar anders. Obwohl der »Tag der Demokraten« bereits seit Februar angemeldet war, teilte die Polizeibehörde nun mit, dass die Veranstaltung an den Rand des Ortes verlegt wird. »Die Polizei hat ihre Entscheidung so begründet, dass die zu erwartenden Nazis in der Mehrzahl sind und deswegen den größeren Platz zugesprochen bekommen«, berichtet Karin Weber. Mit einem Brief an den Brandenburger Landtag versucht das Aktionsbündnis nun, diese Entscheidung noch zu revidieren. Ein Vorhaben, das jedoch ähnlich aussichtslos sein dürfte, wie den Neonaziaufmarsch juristisch zu kippen.
Die Probleme, die aus der Entscheidung der Polizei erwachsen, sind auf jeden Fall immens. »Mir fehlt die Phantasie, wie die Leute, die gegen Rechts demonstrieren wollen, sicher vom Gedenken auf dem Friedhof zur Aktionsmeile kommen sollen«, sagt Anne Böttcher von der lokalen SPD, die trotzdem auf eine Rege Beteiligung hofft.
Wohl gar nicht vor Ort wird das Antifa Bündnis Berlin-Brandenburg sein. Ein Zusammengehen mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräbervorsorge lehnen die Antifaschisten komplett ab. Stattdessen wollen die Antifas am 12. November, so Sprecher Markus Roth, im benachbarten Königs Wusterhausen gegen die in rechten Kreisen beliebte Bekleidungsmarke Thor Steinar demonstrieren.