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Demokratie-Defizite in Ostdeutschland

Berlin- “Es gilt nicht etwas zu bekämpfen, son­dern etwas zu entwick­eln.” Das sagt Ralph Gabriel als Resümee der Arbeit ein­er von ihm geleit­eten und von der Freien Uni­ver­sität Berlin unter­stützten Stu­di­en­gruppe, die sich mit Recht­sex­trem­is­mus im deutschen Bun­des­land Bran­den­burg beschäftigt hat­te. Gabriel ist gebür­tiger Salzburg­er und engagiert sich seit sein­er Zivil­dien­stzeit im ehe­ma­li­gen Konzen­tra­tionslager Sach­sen­hausen in Oranien­burg bei Berlin im örtlichen “Forum gegen Ras­sis­mus und rechte Gewalt”. “In Oranien­burg beobachteten wir eine quick­lebendi­ge recht­sex­treme Szene”, heißt es in der Studie. In den ver­gan­genen Jahren hätte die rechte Gewalt eine “neue Qual­ität der Bru­tal­ität erreicht”. 

Demokratis­ches Unverständnis

Das eigentliche Prob­lem im Osten Deutsch­lands sei aber möglicher­weise weniger der Recht­sex­trem­is­mus als vielmehr das Defiz­it im demokratis­chen Ver­hal­ten: “Wir haben her­aus­ge­fun­den, dass Anti­semitismus und Frem­den­feindlichkeit bre­ite Zus­tim­mung in der Bevölkerung find­en”, sagt Gabriel, der mit vier anderen Wis­senschaftlern zwei Jahre lang an der Studie gear­beit­et hat. Es scheine ein größeres Prob­lem zu sein, das seine Wurzeln in der Beson­der­heit der ehe­ma­li­gen DDR habe: “Es han­delt sich dabei um ein demokratis­ches Unver­ständ­nis, das sich bis in die poli­tis­chen Eliten hin­auf fest­machen lässt.” 

Zudem hänge die Ver­gan­gen­heit des Konzen­tra­tionslagers wie ein Damok­less­chw­ert über der Stadt Oranien­burg, “weil sich aus der Stadt­geschichte kein Lokalpa­tri­o­tismus entwick­eln lässt”. Was er und seine Kol­le­gen auf Grund der Studie ein­forderten, sei ein klares Beken­nt­nis der poli­tis­chen Ver­ant­wortlichen, sagt Ralph Gabriel. “Und das fehlt. Es fehlt an Meth­o­d­en-Kom­pe­ten­zen, an konkreten Projektvorschlägen.” 

Per­spek­tivlosigkeit

Auf die Frage, warum die Sit­u­a­tion des Recht­sex­trem­is­mus in Öster­re­ich so unter­schiedlich sei, meinte Gabriel, dass es kul­turelle Unter­schiede, aber auch Gemein­samkeit­en mit dem Osten Deutsch­lands gebe. Anfang der 90er Jahre, bis zu mehreren Ver­haf­tun­gen, hät­ten auch Kon­tak­te der recht­en Szene mit Öster­re­ich bestanden. Gabriel: “Es ist inter­es­sant, dass jet­zt wieder viele Recht­sex­trem­is­ten auf­grund schär­fer­er Ver­fol­gung von Süd­deutsch­land nach Öster­re­ich auswe­ichen.” Sein­er Ansicht nach existiere in Öster­re­ich eine Szene, doch sei die Gesellschaft in Öster­re­ich nicht mit der Per­spek­tivlosigkeit Ost­deutsch­lands konfrontiert. 

Außer­dem gebe es “in Öster­re­ich einen Recht­spop­ulis­ten als Poli­tik­er, der sehr viel auf­fängt”, meint der Stu­di­en-Autor. Zudem bringe der Frem­den­verkehr Gäste ins Land, man sei andere Kul­turen und Sprachen gewohnt. In Ost­deutsch­land sei aber die Kon­fronta­tion mit Frem­dem stets neg­a­tiv besetzt. 

Hin­ter­grund

Studie: “Futur Exakt — Jugend­kul­tur in Oranien­burg zwis­chen Recht­sex­tremer Gewalt und demokratis­chem Engage­ment”. Ver­lag Hans Schiler — Berlin, Band 6 der Schriften­rei­he Poli­tik und Kultur.

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