Rund 1000 Bürger erteilten am Samstag in Potsdam Intoleranz und Menschenverachtung eine Abfuhr. Dem Aufruf der Stadtverordnetenversammlung, gegen den geplanten NPD-Aufmarsch Farbe zu bekennen, hatten sich Kirchen, Gewerkschaften, Potsdamer Betriebe und Parteien angeschlossen. Zusätzlich protestierten mehr als 400 Mitglieder linker Gruppen an verschiedenen Orten, und 500 Menschen bewegten sich per Fahrrad auf der »Tour de Tolèrance« von Altlandsberg über Berlin nach Potsdam. Die Demonstranten in der Landeshauptstadt forderten auf Transparenten und selbst gefertigten Schildern die Toleranz ein, für die ihre Heimatstadt seit dem Edikt von Potsdam im Jahre 1685 international bekannt ist. Ihr Zug bewegte sich durch die Innenstadt, vorbei an unzähligen Plakaten mit der Aufschrift »Nazis raus aus den Köpfen« bis zum Alten Markt, auf dem Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) versicherte, dass Potsdam »Raum für jeden bietet, der hier leben will«. Auch die Rechte der Mitglieder der jüdischen Gemeinden in Brandenburg würden geschützt, »als wenn es unsere eigenen wären«. Um so unverständlicher empfanden es alle Redner, dass das Oberverwaltungsgericht das Verbot des Neonaziaufmarsches, der unter der Losung »Schluss mit der Masseneinwanderung russischer Juden, Deutschland uns Deutschen« stehen sollte, aufgehoben hatte. Die Ausländerbeauftragte des Landes Brandenburg, Almuth Berger, beispielsweise fand es »unerträglich«, dass »man mit volksverhetzenden Parolen demonstrieren darf, weil Demonstrations- und Meinungsfreiheit höher eingeschätzt werden als Menschenwürde«. Auch ein Richter müsse erkennen, dass es nicht um Worte geht, sondern um die so vermittelte Botschaft. Trotz der oberverwaltungsrichterlichen Entscheidung fand der NDP-Aufmarsch dann nicht statt. Lediglich etwa 70 jugendliche Neonazis trafen sich nach Polizeiangaben nahe des Bahnhofs Pirschheide außerhalbs der Brandenburger Landeshauptstadt. Offensichtlich hatten die Auflagen des Potsdamer Polizeipräsidenten, dass die Ansammlung von 8 bis 10 Uhr und nur außerhalb der Innenstadt stattfinden dürfe, demotivierend gewirkt. (ND 17.09.02)
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