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Demonstration gegen Wiederaufbau der Garnisonkirche


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Demon­stra­tion gegen Wieder­auf­bau der Garnisonkirche

(MOZ) Pots­dam Gegen den Wieder­auf­bau der Gar­nisonkirche sind am Freitag
in Pots­dam zahlre­iche Men­schen auf die Straße gegan­gen. Die Polizei sprach
von 150 Teil­nehmern, die Ver­anstal­ter von mehr als 250. Die Kirche sei lange
vor dem «Tag von Pots­dam» am 21. März 1933 ein “Sym­bol des militaristischen
Staates Preußen” und ein Sym­bol für Mil­i­taris­mus und Krieg gewe­sen, betonte
ein Sprech­er. Die Befür­worter des Wieder­auf­baus woll­ten architek­tonisch und
his­torisch an die “reak­tionären preußis­chen” Tra­di­tion Pots­dams anknüpfen.
Dage­gen werde mit “allen Mit­teln” gekämpft. Die Demon­stra­tion verlief
Polizeiangaben zufolge ohne Zwis­chen­fälle. Die SED hat­te die Garnisonkirche
1968 spren­gen lassen. 

Zum Protestzug mit abschließen­der Kundge­bung vor dem Rathaus hatten
links­gerichtete Grup­pen — unter anderen die Pots­damer Kam­pagne gegen
Wehrpflicht, Zwangs­di­en­ste und Mil­itär — aufgerufen. Am Fre­itag endete die
Bil­dungswoche zum “Tag von Potsdam”. 

Friedensweg zum Gedenken

Mah­n­worte von Land­tagspräsi­dent Knoblich zum “Tag von Potsdam”

Die Stadt Pots­dam wird kün­ftig ver­mehrt Ini­tia­tiv­en wie das “Bil­dungs­fo­rum
zum Tag von Pots­dam” unter­stützen. Derzeit laufen bere­its Gespräche über
eine finanzielle und logis­tis­che Unter­stützung der “Förderge­mein­schaft
Lin­den­straße 54″, die im Rah­men des Gedenk­tages zum 17. Juni 1953 eine
Ausstel­lung sowie Ver­anstal­tun­gen im ehe­ma­li­gen Stasi-Gefäng­nis organisieren
möchte. Das sagte Ober­bürg­er­meis­ter Jann Jakobs gestern nach einem
“Stadtspuren”-Rundgang zwis­chen Niko­laikirche, For­tu­na­por­tal und ehemaligem
Stan­dort der Gar­nisonkirche im Rah­men des Bil­dungs­fo­rums. Dem Forum sei es
in der ver­gan­genen Weise erfol­gre­ich gelun­gen, “in ein­er Ini­tia­tive, die von
Bürg­erin­nen und Bürg­ern aus­ge­gan­gen ist, his­torische Ereignisse zu aktu­al­isieren”, so Jakobs. 

Am Stan­dort der ehe­ma­li­gen Gar­nisonkirche, Schau­platz des so genan­nten Tags
von Pots­dam am 21. März 1933, sprach Land­tagspräsi­dent Her­bert Knoblich in
seinem Mah­n­wort anlässlich der 70. Wiederkehr des Machtüber­gabe Hindenburgs
an Hitler von ein­er aus der Geschichte fol­gern­den Verpflich­tung angesichts
der aktuellen poli­tis­chen Ereignisse: “Ger­ade wir Deutsche müssen die Stimme
erheben, weil wir schlimme Erfahrun­gen mit Dik­tatur und Obrigkeit hin­ter uns
haben.” Für Faus­trecht gebe es keine Recht­fer­ti­gung, sagte Knoblich, der die
Verbindung zwis­chen der Geschichte des Ver­lustes der Demokratie im Jahre
1933 und der heuti­gen Frage der Ein­hal­tung demokratis­ch­er Regeln
unterstrich. 

Als Auf­takt zum let­zten Tag des Bil­dungs­fo­rums hat­te Stadtkirchenpfarrer
Mar­tin Vogel in der Niko­laikirche vor zahlre­ichen Schülern und Gästen der
Ereignisse vor siebzig Jahren gedacht: Damals habe auf der Kanzel der
Niko­laikirche Super­in­ten­dent Otto Dibelius ges­tanden und gepredigt, die
Kirche dürfe “dem recht­mäßi­gen Staat nicht in die Arme fallen.” 

Nach ein­er Schweigeminute führte schließlich Niko­laikan­tor Björn O.Wiede auf
einen “Friedensweg”, der his­torischen Stadt­spuren im Kon­text des 21. März
1933 fol­gte. Diese Strecke sei eine “Mah­nung für die Gegen­wart”, sagte
Wiede. Vor­bei an der ehe­ma­li­gen Tresck­ow-Kaserne ging es, wo das
Infan­terie-Reg­i­ment 9 mit seinen Ange­höri­gen des Wider­standes gegen die
Nazi-Dik­tatur seinen Sitz hat­te, und weit­er zum früheren Stan­dort der
Garnisonkirche. 

Gegen deren Wieder­auf­bau der Kirche demon­stri­erten am Nach­mit­tag etwa 200
Men­schen. “Wir wollen nicht, dass Recht­sex­treme und Faschos diese Kirche
dann als Wall­fahrt­sort betra­cht­en”, so Hans Rädler von der Kam­pagne gegen
Wehrpflicht, Zwangs­di­en­ste und Mil­itär. Als “unglück­lich” beze­ich­nete Rädler
die Verbindung zwis­chen Leuten, die den Bau als Sym­bol des alten Preußen
wieder haben woll­ten, und jenen, die aus architek­tonis­chen Grün­den dafür
seien. 

Die Lan­deshaupt­stadt stellt sich ihrer Geschichte

Erin­nerung an “Tag von Pots­dam” und Schüler-Protest gegen Irak-Krieg

(Berlin­er Zeitung) POTSDAM. Pots­dam vor 70 Jahren: Mehr als 200 000 begeis­terte Menschen
füll­ten am Vor­mit­tag des 21. März 1933 die Straßen der Stadt,
Reich­spräsi­dent Paul von Hin­den­burg fuhr unter dem Jubel der Massen im
offe­nen Wagen von der Niko­lai- zur nahen Gar­nisonkirche. Dort versammelte
sich erst­mals der neu gewählte Reich­stag — ohne die Abge­ord­neten der SPD und
der KPD, von denen viele bere­its inhaftiert waren. In der Garnisonkirche
reichte der greise Hin­den­burg, als kaiser­lich­er Feld­marschall im Ersten
Weltkrieg zu Ruhm und Anse­hen gekom­men, dem zum Reich­skan­zler ernannten
Führer der Nation­al­sozial­is­ten, Adolf Hitler, die Hand. 

Die nation­al­sozial­is­tis­che Pro­pa­gan­da stil­isierte diesen so genan­nten Tag
von Pots­dam zur eigentlichen Geburtsstunde des Drit­ten Reichs. Später
lautete der Vor­wurf, Hin­den­burg habe Hitler und die Nazis mit diesem
unheil­vollen Schul­ter­schluss bei den kon­ser­v­a­tiv­en Deutschen erst hoffähig
gemacht und der Demokratie den Todesstoß versetzt. 

Stiller Stadt­gang

Siebzig Jahre nach jen­em Ereig­nis legten Pots­damer noch ein­mal diesen Weg
zum früheren Stan­dort der Gar­nisonkirche zurück. Es waren 150 Leute, meist
Schüler. Der “Stille Stadt­gang” war sym­bol­is­ch­er Höhep­unkt eines einwöchigen
Bil­dungs­fo­rums mit fast 30 Ver­anstal­tun­gen, die sich mit dem “Tag von
Pots­dam” beschäftigten. 

Vor der Niko­laikirche sagte Kan­tor Björn O. Wiede: “Mit dem Schloss und der
Kirche war der Platz hier ein­er der schön­sten Europas.” Den hät­ten die Nazis
an jen­em Tag genau­so wie die Gar­nisonkirche miss­braucht und dann das gesamte
öffentliche Leben gle­ichgeschal­tet. “Es zeigte sich, dass eine Anpas­sung auf
allen Ebe­nen dro­ht, wenn der kri­tis­che Geist fehlt.” 

Der Anfang des Naziregimes sei mit dem Namen Pots­dams ver­bun­den, sagte
Wiede. Es fol­gten die Ver­fol­gung Ander­s­denk­ender, die Ermor­dung der Juden
und die Ent­fes­selung des Krieges. “Am Ende stand wieder Pots­dam mit der
gle­ich­nami­gen Kon­ferenz”, sagte er. Sie habe nicht nur die Niederlage
Deutsch­lands, son­dern auch seine Teilung besiegelt. 

An diese Zusam­men­hänge sollte mit den ein­wöchi­gen Ver­anstal­tun­gen erinnert
wer­den, sagte Pfar­rer Mar­tin Vogel. Er betreute die etwa 80 Schüler aus
Pots­damer Schulen. Sie disku­tierten mit Zeitzeu­gen und His­torik­ern, und sie
forscht­en selb­st nach. “Ich habe dabei erfahren, wie viel ich nicht weiß”,
sagte der Schüler Georg Has­s­mann. Es sei inter­es­sant gewe­sen zu erfahren,
wie sich der preußis­che Adel mit den neuen Machthabern ver­bün­dete und wie
die Nazis in Pots­dam die Macht übernahmen. 

Ober­bürg­er­meis­ter Jann Jakobs (SPD) sagte, es sei wichtig, den
nachwach­senden Gen­er­a­tio­nen die Chance zum Ler­nen der Geschichte zu geben.
“Der Tag war damals eine Schmach für Pots­dam, aber auch eine Mah­nung, um zu
erken­nen, dass eine Demokratie ihre Grund­la­gen vertei­di­gen muss”, sagte er. 

An der Stelle, an der die Gar­nisonkirche ges­tanden hat­te, bis sie DDR-Chef
Wal­ter Ulbricht 1968 als “Sym­bol des preußis­chen Mil­i­taris­mus” sprengen
ließ, hielt Land­tagspräsi­dent Her­bert Knoblich (SPD) eine mah­nende Rede.
“Die Geschichte lehrt nicht, was wir tun müssen, son­dern, was wir nicht tun
dür­fen”, sagte er. Deshalb dürften die Deutschen mit ihrer Erfahrung aus dem
let­zten Krieg nicht zur aktuellen Sit­u­a­tion schweigen. “Es gibt keinen
gerecht­en und keinen heili­gen Krieg”, sagte er. Genau wie es keine
Recht­fer­ti­gung für das Faus­trecht gebe. 

Pfar­rer Vogel hat­te es
anfangs bedauert, dass zu diesem lange geplanten
Stadt­gang nur rel­a­tiv wenige Pots­damer gekom­men seien. Eine halbe Stunde
später waren die Straßen ent­lang der his­torischen Route doch noch voller
Men­schen: Mehr als 2000 Schüler protestierten auf ein­er kurzfristig
ange­set­zten Demo laut gegen den Irak-Krieg.

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