Sven Kaseler ist Projektleiter des Tuniers »Fußball grenzenlos«, das von der Initiative »Augen auf« seit vier Jahren im Dreiländereck Polen/Tschechien/Deutschland in Kittlitz in der Oberlausitz organisiert wird
Am heutigen Freitag beginnt in Kittlitz in der Oberlausitz das Turnier »Fußball grenzenlos«. Was wollt ihr damit bewirken?
Wir versuchen an diesem Wochenende, Gruppen über die Sprache des Fußballs zusammenzubringen, um den Rassismus auf den Plätzen, aber auch außerhalb des Sportplatzes zu thematisieren. Wir haben gesehen, daß in Italien die »Mondiali Antirazzisti«, die antirassistische Fußballweltmeisterschaft, eine Menge bewirken kann und haben ein solches Turnier vor vier Jahren erstmals in Kittlitz veranstaltet.
Ist das Turnier in Kittlitz ähnlich international besetzt wie das italienische Vorbild?
Nein, die meisten der dreißig Teams, die an dem Turnier teilnehmen, kommen aus der Region. In einigen Mannschaften spielen Migranten mit, die hier aus der Gegend kommen. Die Spieler holen wir aus ihrem Heim ab, damit sie das Wochenende über bei uns sein können. Auch Spätaussiedler stellen eigene Teams, und es sind Mannschaften aus Tschechien und Polen dabei. Im letzten Jahr hatten wir noch eine Mannschaft mit Roma aus Bratislava, aber leider gibt es jetzt Probleme, die Fahrtkosten abzudecken. Sie selber können sie nicht aufbringen, und niemand konnte sie übenehmen. Das ist sehr schade.
Kommen die übrigen Teams aus der Fanszene der größeren Vereine oder eher aus dem Antifa-Umfeld?
Weder noch. Zwar gibt es in der Region Ostsachsen viele Dynamo-Dresden-Fans, aber damit hat unser Turnier nicht unmittelbar zu tun. Und eine organisierte Antifa – wie beispielsweise in Berlin – gibt es hier nicht mehr. Zum Teil nehmen Gruppen an dem Turnier teil, die wie die Initiative »Augen auf« auch antirassistisch wirken. Aber vor allem sind es Jugendgruppen aus der Region. Besonders freut uns, daß wieder Kittlitzer Teams dabei sind. Denn der Ort stand vor einigen Jahren in den Schlagzeilen, weil hier die neofaschistische Kameradschaft »Odins Legion« aktiv war. Auf dem Platz, wo wir unser Fußballturnier austragen, fanden mehrmals Fußballturniere von Neonazis statt.
Welche Erfahrungen gibt es denn mit den Turnieren, die ihr in den vergangenen Jahren veranstaltet habt?
Die Teilnehmer freuen sich auf das Turnier, und auch die Öffentlichkeit nimmt uns sehr wohlwollend auf. Aber den Neonazis sind wir natürlich ein Dorn im Auge, und das bekommen wir jedes Jahr zu spüren. Vor drei Jahren wurden zwei Spieler zusammengeschlagen. Bisher haben Rechte jedes Mal versucht, in großen Gruppen auf das Gelände zu kommen. Das führte dazu, daß wir die Zusammenarbeit mit der Polizei intensivieren mußten. Im vergangenen Jahr gab es 70 Ortsverweise für Neofaschisten und vier Festnahmen.
Von seiten der Behörden gibt es ein sehr erfreuliches Feedback. Unser Fußballturnier gilt sachsenweit als Pilotprojekt. Im Jahr 2004 bekamen wir dafür den sächsischen Jugendpreis. Neben der Anerkennung waren wir dankbar, daß die Auszeichnung mit einem Geldbetrag verbunden war, denn wir möchten auch weiterhin die Veranstaltung kostenlos anbieten. Weder die Mannschaften bezahlen eine Startgebühr noch die Besucher Eintritt für das Turnier oder das Rahmenprogramm mit Theater, Diskussionen und Konzerten. In diesem Jahr wird das Turnier durch »Aktion Mensch« unterstützt. Aber trotzdem ist es schwierig, die Kosten zu decken. Oder eben Mannschaften wie die der Roma aus Bratislava zu unterstützen.
Verfassungsschützer haben gerade vor einem Erstarken der Neonaziszene aus dem südlichen Brandenburg und Sachsen gewarnt. Rechnen Sie in diesem Jahr mit größeren Störaktionen?
Mit Provokationen rechnen wir auch dieses Mal. Aber die treffen uns nicht unvorbereitet. Wir haben einen verstärkten Sicherheitsdienst beim Turnier, der rund um die Uhr das Gelände überwacht. Des weiteren gibt es Vorabsprachen mit der Polizei, die notfalls präsent sein wird, um Schlimmeres zu verhindern. Anders ist ein solches Turnier leider nicht durchzuführen.
11. bis 13. August, Kittlitz/Oberlausitz: 4. antirassistisches Turnier »Fußball grenzenlos«, mit Theater, Filmen und Konzerten, Eintritt frei, www.augenauf.net