Dolgenbrodt — Zu DDR-Zeiten war das 260-Seelen-Dorf Dolgenbrodt (Dahme-Spree) in der Region als beliebtes Wochenend-Domizil vor allem privilegierter Ost-Berliner bekannt — seit zehn Jahren ist das Örtchen südöstlich Berlins über die Grenzen der Republik hinaus berüchtigt. In der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November 1992 brannte dort das ehemalige Kinderferienheim der Berliner Vergaser- und Filterwerke ab. Tags darauf hätten dort 86 Asylbewerber einziehen sollen. Es war Brandstiftung, der damals 18-jährige Silvio Jackowski war der Feuerteufel, und die Drahtzieher waren Leute aus dem Ort, die sich mit ein paar 1000 Mark ein ausländerfreies Dolgenbrodt erkaufen wollten.
So viel wurde nach einer Reihe spektakulärer Prozesse klar, doch auch zehn Jahre danach ist der Fall nicht abgeschlossen; Rechtsanwalt Jens Muschner ist weiter dran an dem «Fall Dolgenbrodt» — «und wenn es sein muss noch 30 Jahre lang», so der Jurist. Denn noch läuft der zivilrechtliche Prozess der Gothaer Allgemeinen Versicherung gegen den verurteilten Brandstifter Jackowski. Die Vergaser- und Filterwerke waren nämlich gegen Feuer versichert, September 1993 bekamen sie von der Gothaer 265 000 Mark Entschädigung ausgezahlt. Nach der Verurteilung Jackowskis Januar 1996 gingen die Schadenersatzansprüche der Filterwerke gegen ihn an die Versicherung über — und die will ihr Geld von dem Königs Wusterhausener zurück. «Jackowski hat Grundstücke, eine Baufirma, wird mit dicken Autos gesehen — da muss Geld da sein», meint Anwalt Muschner. Er ließ recherchieren, schaltete die professionellen Liquiditäts-Durchleuchter «Kreditreform» ein und schickte den Gerichtsvollzieher. Ohne Ergebnis. Grundstücke belastet, Firma insolvent. Zudem seien die Schadenersatzansprüche verjährt, behauptet Jackowski. Das Landgericht Frankfurt (O.) sah das im April 2002 anders, und das Oberlandesgericht hat vor einer Woche Jackowskis Antrag auf Prozesskostenhilfe für eine Berufung abgelehnt — der Königs Wusterhausener habe keine Aussicht auf einen Sieg vor Gericht. «Das Frankfurter Urteil ist ein Vollstreckungstitel, der ist 30 Jahre gültig, und so lange geben wird nicht auf», so Muschner. «Der Fall ist für uns so eindeutig, da geht es ums Geld, vor allem aber ums Prinzip.»
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