Knapp 60 Neonazis sind am Sonnabend aus verschiedenen Regionen Brandenburgs nach Joachimsthal (Barnim) gereist, um vom Unbehagen vieler Stadtbewohner aus der Freilassung eines früheren Sexualstraftäters Kapital für ihre Propaganda zu schlagen. Werner K. saß wegen Kindesmisshandlung und Vergewaltigung in mehreren Fällen 22 Jahre im Gefängnis, seit seiner Freilassung Anfang April soll er bei Familienangehörigen in Joachimsthal leben. Gegen Mittag hatten sich die Rechtsextremen am Bahnhof der rund 3000 Einwohner zählenden Kleinstadt getroffen.
Joachimsthals Bürgermeisterin Gerlinde Schneider gab zu bedenken, dass »viele Bürger die NPD nicht wollen«, doch die Angelegenheit für viele wichtig ist. Obwohl die NPDler während des Aufmarsches tatsächlich weitgehend unter sich blieben, spendeten einige Anwohner Applaus, als der Redner der Rechtsextremen aufrief, Joachimsthal müsse sich »von Kinderschändern und Triebtätern befreien«, und die Einführung der Todesstrafe in der Bundesrepublik forderte. Proteste an der Aufmarschstrecke blieb diesmal weitgehend aus.
Allerdings hatten sich rund 150 Menschen zu einem ökumenischen Protestgottesdienst in der Evangelischen Kirchengemeinde getroffen. Maria Buchheim von der Antifaschistischen Aktion Bernau erklärte dazu, es sei »unverständlich, dass sich die sogenannte Zivilgesellschaft in die Kirche zurückzieht, anstatt den Protest auf offener Straße auszutragen«. Das Brandenburger Aktionsbündnis gegen Rechtsextremismus kritisierte, dass die NPD Ängste der Bürger missbrauche.
Gegen Werner K. ist in dem Ort Joachimstahl eine Bürgerinitiative aktiv, die sich im Vorfeld des Aufmarsches allerdings von den Neonazis distanzierte und kurzerhand von »Werner K. muß weg!« in »Nachbarschaftliche Solidargemeinschaft« umbenannte. Sie protestiert zweimal pro Woche vor dem Haus, in dem K. leben soll. Die Polizei bewacht es 24 Stunden am Tag.